Kaiserslautern, Schalke und zuletzt Hannover 96 haben etwas gemeinsam: übertriebene Erwartungen.

Pit Gottschalk
Eine Kolumne
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Theoretisch kann die halbe Zweite Liga noch aufsteigen. Nur zehn Punkte trennen Platz eins und Platz neun, nur fünf sind es von Platz neun zu Relegationsplatz 3. Aber zu vielen Managern steigt der Erwartungsdruck zu Kopf. Die erste von drei Trainer-Entlassungen in 24 Stunden passierte am Betzenberg.

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Trainer Markus Anfang, nur sechs Punkte hinterm Tabellenzweiten HSV, musste beim 1. FC Kaiserslautern seinen Hut nehmen. Es reicht ja schon der flüchtige Blick auf die Zweitligatabelle, um festzustellen: Diese Massnahme am Betzenberg ist ungerecht. Mag ja sein, dass der zwischenzeitliche Höhenflug Aufstiegshoffnung geweckt und die Rückkehr ins Normalmass enttäuscht hat.

Hengen ist für Trainerverschleiss bekannt

Aber wie kann man einen Trainer dafür bestrafen, dass er alle Erwartungen (Klassenerhalt!) übertroffen und erfolgreicher gearbeitet hat? Man kennt das bei Sportvorstand Thomas Hengen ja schon. 2022 warf er Trainer Marco Antwerpen kurz vor der Relegation raus. Damals ging alles gut. Nachfolger Dirk Schuster schaffte den Aufstieg in die 2. Liga. Bleiben durfte er trotzdem nur anderthalb Jahre. Sechs Trainer in zwei Jahren: Das ist Hengens Bilanz jetzt. "Gefährlicher Trainerverschleiss", sagt Sky. “Falsches Spiel mit Trainern", so Sport1.

Und in der Tat: Der neue Trainer Torsten Lieberknecht muss abwägen, ob er jedes Wort glauben kann, was man ihm jetzt in Lautern sagt. Man kann sich nicht vorstellen, dass der grosse Fritz Walter diesen Verlust an Glaubwürdigkeit bei seinem FCK gutgeheissen hätte.

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Übertriebene Erwartungen?

Hannover 96 ist mit der Trainer-Lotterieböse auf die Nase gefallen. Im Winter jagte man Stefan Leitl fort, der in Schlagweite zu den Aufstiegsplätzen lag. Vier Monate später muss nun auch Nachfolger André Breitenreiter gehen. Am Mittwoch gab der Zweitliga-Klub die nächste Trennung bekannt.

Auch er konnte die übertriebenen Erwartungen nicht erfüllen. Es mag ein Trost sein: Nicht er ist gescheitert - sondern der Verein an sich selbst. So geht das ständig. Einerseits reden die Vereine von Kontinuität und Aufbau. Andererseits schicken sie ihren Trainer beim ersten Gegenwind von Bord.

Der Schalker Trainer Kees van Wonderen hat die mangelhafte Rückendeckung jüngst in aller Öffentlichkeit bemängelt und dafür seinen Preis bezahlt. Noch bevor das Echo auf seine Kritik am Vorstand verhallt war, verlautbarte der Verein die erwartete Trennung im Sommer.

Drei Trainer-Entlassungen in nur 24 Stunden… Schaut man genauer hin, haben sie alle was gemeinsam: übertriebene Erwartungen.

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  • Pit Gottschalk ist Journalist, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur von SPORT1. Seinen kostenlosen Fussball-Newsletter Fever Pit'ch erhalten Sie hier.
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