Schiedsrichter Francisco Lahora sorgt mit seiner Klage gegen die DFB Schiri GmbH für Schlagzeilen. Der 28-Jährige führt Altersdiskriminierung als Grund an. Im Interview erklärt er die Hintergründe und wie der weitere Zeitplan aussieht.
Herr Lahora, Sie haben die DFB Schiri GmbH auf eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verklagt. Können Sie kurz den Grund für die Klage nennen?
Francisco Lahora: In einem Wort gesagt: Altersdiskriminierung. In der vergangenen Saison war ich Erster im Fussballverband Mittelrhein und Dritter im westdeutschen Fussballverband in der Regionalliga West. Es gibt ein sogenanntes Coaching-System vom DFB und den Regionalverbänden. Dabei ist es so, dass man nur, wenn man dort einen Platz bekommt, dann auch eine Aufstiegsberechtigung in der Folgesaison für die 3. Liga haben kann, plus einen Assistentenplatz in der 3. Liga. Das ist mir verwehrt worden, weil ich zu alt bin.
Es sind Jüngere ausgebildet worden, weil man sich einfach an einem anderen Alter orientiert, was den Aufstieg angeht. Das liegt bei 25 Jahren. In der Folge gab es sportgerichtliche Verfahren, es gab Beschwerden meinerseits. Ich habe probiert, da entsprechend auch andere Lösungen als diese Klage zu finden. Und jetzt in letzter Konsequenz musste ich dann klagen.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Klage?
Ich mache das nicht nur für mich selbst, sondern auch, um für das System und für nachfolgende Generationen eine Veränderung zu bewirken. Wenn man jemanden so in der Öffentlichkeit angreift, ist es eher unwahrscheinlich, dass man nochmal auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Ich bin seit 14 Jahren Schiedsrichter. Natürlich ist es weiterhin das Ziel, auch noch höher pfeifen zu dürfen und da dann irgendwann meine Leistung unter Beweis zu stellen. Dass das nicht unbedingt funktionieren wird, ist mir bewusst. Das war mir von Anfang an bewusst, als wir diesen Weg schon allein mit den Beschwerden gegangen sind.
Und jetzt geht es darum, dass man die aktuelle Handhabung ein bisschen anpasst und verändert. Ich habe unzählige Nachrichten von teilweise noch jüngeren Kollegen bekommen, die es selbst aufgrund des zu hohen Alters, wenn ich das jetzt so ausdrücken muss – und ich rede von 23- bis 25-Jährigen – nicht mal in eine Bezirksliga, Landesliga oder Verbandsliga schaffen, obwohl sie vielleicht die Qualität dafür hätten.
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Was ist wichtiger: Talentförderung oder Erfahrung?
Dem deutschen Schiedsrichterwesen mangelt es ohnehin an Talenten, heisst es immer wieder. Wäre es dann nicht tatsächlich richtig, den Jüngeren, wenn sie denn ähnlich qualifiziert sind, beim Aufstieg den Vortritt zu lassen?
Jein, ich finde es richtig, dass man auf die Jugend setzt. Definitiv. Ich finde aber auch, dass der Wert der Erfahrung ein unheimlich wichtiger ist. Er ist meines Erachtens fast gleichzusetzen. Natürlich braucht man diese Orientierungspunkte. Aber es darf nicht sein, dass man sich ausschliesslich an ihnen orientiert. Es muss schon Ausnahmen geben, die Älteren die Möglichkeit geben, in diese höheren Spielklassen zu kommen. Es ist irgendwie logisch, wenn man vor 15.000 bis 20.000 Fans in Aachen oder bei Rot-Weiss Essen in der dritten Liga unterwegs ist, dass man eine gewisse Erfahrung mitbringen muss, um das auch mental bewältigen zu können.
Ein bekanntes Beispiel aus der Bundesliga ist
Es gab keinen Kontakt zwischen Manuel Gräfe und mir. Auch wenn das sicherlich thematisch gepasst hätte, aber es ist schon so, dass es unterschiedliche Fälle sind. Bei ihm gab es die Altersbegrenzung auch schriftlich niedergeschrieben mit den 47 Jahren. Bei mir ist es hingegen etwas Inoffizielles, was nicht schwarz auf weiss in irgendwelchen Satzungen steht. Man hat nicht zu vielen Bundesliga-Schiedsrichtern Kontakt, deswegen ist es in dem Fall auch nicht zu einer Kontaktaufnahme meinerseits gekommen.
Lahora berichtet von viel Zuspruch
Wie fallen denn die Reaktionen auf Ihren Fall aus?
Ich würde schon sagen – wenn man sich Kommentare in sozialen Netzwerken durchliest –, dass der Zuspruch und vor allem auch das Unverständnis für die Handhabung mit dem Alter sehr hoch ist. Gerade auch, weil die Schiedsrichterqualität in der 3. Liga immer wieder ein Thema in der Öffentlichkeit ist.
Wobei ich das persönlich ein bisschen differenzieren würde. Die Qualität der Einzelentscheidungen ist dort sicherlich hoch und die Herangehensweise der Kollegen sehr professionell, aber es gibt eben auch noch den Umgang mit diesen Drucksituationen. Es ist logisch, dass das noch nicht bei allen so ausgereift sein kann, wie bei jemandem wie mir, der seit vielen Jahren Assistent in der Regionalliga ist und jetzt im vierten Jahr selbst Schiedsrichter. Man hat einfach eine andere Umgangsart mit Offiziellen, mit Spielern, mit Zuschauern und das macht auch eine Spielleitung leichter.
Wie geht es in der Angelegenheit nun weiter? Gibt es einen Zeitplan? Juristische Mühlen mahlen ja gerne mal langsam.
Arbeitsgerichtlich mahlen diese Mühlen tatsächlich schnell. Davon war ich auch sehr überrascht. Es hätte letzte Woche schon eine Verhandlung oder eine Güteverhandlung geben sollen. Die ist erst mal ausgesetzt worden, weil der DFB die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Bonn gerügt hat. Und jetzt geht es so, dass da erstmal schriftliche Stellungnahmen angefordert werden. Für Mitte Januar ist eine nächste Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn anvisiert.
Was für Chancen werden Ihnen von juristischer Seite eingeräumt?
Das ist schwierig zu sagen. Wenn man sich der öffentlichen Meinung anschliessen möchte, dann sind die Erfolgschancen theoretisch sehr hoch. Wie dann die Arbeitsgerichte final darüber entscheiden, das steht auf einem anderen Blatt. Gerade auch, weil es um diese grosse Frage der Arbeitnehmerstellung der Schiedsrichter geht.
Wie geht es für Sie weiter? Pfeifen Sie nach der Winterpause ganz normal weiterhin in der Regionalliga?
Meinerseits wird es da weitergehen. Dafür ist die Schiedsrichterei nach wie vor eine sehr grosse Leidenschaft. Ich plane nicht aufzuhören, im Gegenteil. Ich würde schon gerne weiter meine Leistung in der Regionalliga bringen und auf dem Platz den Vereinen eine gute Spielleitung bieten. Andererseits hat sich der DFB, glaube ich, noch gar nicht dazu geäussert. Es gab auch noch keine Rückmeldung von irgendwelchen Offiziellen dazu.
Mein Plan ist es aber, genauso weiterzumachen. Auch wenn ich irgendwann mal nicht mehr in der Regionalliga aktiv sein sollte, werde ich dem Fussball auf jeden Fall als Schiedsrichter treu bleiben. Dafür macht man das zu lange und dafür hat man einfach zu viele Kreisligaspiele und Spiele auf Verbandsebene gepfiffen. Es macht einfach auch viel Spass. Das kommt bei so einer Klage oftmals zu kurz, dass man das so ausdrückt.
Zur Person
- Francisco Lahora ist Regionalliga-Schiedsrichter. Da dem 28-Jährigen trotz guter Bewertungen der Zugang zur Coaching-Liste für die 3. Liga verwehrt wurde, hat er die DFB Schiri GmbH auf eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verklagt.
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