Alphonso wer? Das werden sich am gestrigen Mittwoch einige gefragt haben, als die Meldung die Runde machte, dass der 17-jährige Kanadier Alphonso Davies für bis zu 13 Millionen Euro zum FC Bayern München wechselt. Mit Bonuszahlungen kann sich die Summer sogar auf 20 Millionen Euro erhöhen.

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Davies zählt zu den weltweit grössten Talenten des Jahrgangs 2000 und war von diversen Topclubs umworben worden. Der Offensivspieler von den Vancouver Whitecaps wird damit der teuerste Transfer in der Geschichte der nordamerikanischen Profiliga MLS. Davies wird die Saison noch in Kanada beenden und erst zum 1. Januar 2019 in München erwartet.

Explosiv wie Kingsley Coman

Davies Stärken sind schnell zu erkennen. Der Linksfuss hat ein enormes Tempo mit dem Ball am Fuss. Es gibt in der MLS kaum einen Aussenverteidiger, der seiner Wucht und seinem Speed gewachsen ist. Mit einer Körpergrösse von 1,82 ist der 17-Jährige etwas grösser und stärker als die meisten Flügelspieler und überpowert seine Gegner damit regelmässig. Hinzu kommt eine enorme Explosivität auf den ersten Metern, die durchaus an Bayerns Flügelstar Kingsley Coman erinnert.

Mit 5,4 erfolgreichen Dribblings pro 90 Minuten führt der sehr trickreiche Davies die Liga in dieser Kategorie mit riesigem Vorsprung an. Und das bei einer sehr guten Erfolgsquote im Dribbling. Davies ist am stärksten, wenn er mit Anlauf und scharfen Richtungswechseln im Konterspiel den Gegner überrennt. Situationen, die es in München allerdings deutlich seltener geben dürfte als bei einer Kontermannschaft wie den Vancouver Whitecaps.

MLS höchstens auf Zweitliga-Niveau

Was hervorsticht: Für einen 17-Jährigen ist seine Entscheidungsfindung auf dem Feld meist klug und nur selten überhastet oder hektisch. Vor dem Tor sucht er stets den besser postierten Mitspieler. In 21 Spielen war Davies in der laufenden MLS-Saison an neun Toren beteiligt. Darunter sechs Torvorlagen. Stark ist auch sein erster Kontakt, mit dem er sich regelmässig sofort Raum verschafft.

Nicht zu vergessen ist allerdings das Niveau in der MLS. Wenn man sich ausschliesslich die einschlägigen Youtube-Highlights anschaut, wirkt Davies mit seiner Schnelligkeit und physischen Überlegenheit schnell wie WM-Star Kylian Mbappé. Dabei muss allerdings jedem klar sein, dass die Gegner in Amerika höchstens auf deutschem Zweitliga-Niveau agieren.

Der Sprung nach Deutschland und zum FC Bayern ist riesig. Davies muss sich an Aufgaben im Pressing und an den Umgang mit dicht gestaffelten Abwehrreihen sicher erst gewöhnen. Sein Defensivverhalten ist engagiert, aber nicht immer effektiv. Seine Flanken sind manchmal zu ungenau und insgesamt nimmt er sich etwas zu viele Auszeiten auf dem Platz. Davies ist kein fertiger Spieler - das muss allen bewusst sein.

Und dennoch: Es ist sehr schnell ersichtlich welches Potenzial die Münchner in ihrem neuen kanadischen Wunderkind sehen. Davies wird sich zunächst hinter Robben, Ribéry, Coman und Gnabry in der dritten Reihe der Flügelspieler einordnen und lernen.

Reifer Charakter trotz seines jungen Alters

Jenseits von seiner spielerischen Qualität wird die Münchner Scouts auch Davies sehr reifer und gefestigter Charakter beeindruckt haben. Egal wer aus seinem Umfeld gefragt wird - Eltern, Trainer, Mitspieler - alle schwärmen von seinem starken, wissbegierigen und fokussierten Auftreten. Das hat viel mit seiner persönlichen Geschichte zu tun.

Davies wurde im Jahr 2000 in einem Flüchtlingslager in Ghana geboren. Seine Eltern waren aus dem Bürgerkriegsland Liberia dorthin geflohen. Nach sechs Jahren bekam die Familie Davies die Chance, nach Kanada auszuwandern. "Mit 10 Jahren passte er auf seinen Bruder und seine Schwester auf. Während andere Kinder mit Spielzeug oder Videogames spielten, wechselte Alphonso Windeln und machte das Essen", erinnerte sich sein Jugendtrainer Nick Huoseh einmal. Davies Eltern arbeiteten in Schichtarbeit und hatten schlicht kein Geld für einen Babysitter. So etwas macht schnell erwachsen.

Es sind Erfahrungen wie diese, die Mut machen, dass Alphonso Davies auch den grossen Sprung über den grossen Teich packen kann. Für den FC Bayern ist es so oder so ein kluger Transfer ohne echte Risiken. Entscheidend ist, ob es den Münchnern gelingt das fraglos enorme Potenzial von Alphonso Davies in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln und ihn an allerhöchste Aufgaben heranzuführen.

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