München - Beim FC Bayern München wird es nie langweilig. Spätestens nach der 0:1-Niederlage im Achtelfinalhinspiel der Champions League beim FC Basel ist beim deutschen Rekordmeister richtig Feuer unter dem Dach und die Nerven liegen blank!

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Kostprobe gefällig? Bitte sehr: "Hört auf mit eurem Scheiss-Handschlag. Jedes Mal dieser Handschlag. Das ist doch scheissegal. Wenn ich auf mich, aufs Spiel sauer bin, dann gebe ich halt mal keinen Handschlag. Sind wir denn hier im Mädchen-Pensionat? Das Spiel ist für euch nicht so wichtig wie dieser Scheiss-Handschlag jedes Mal. Die regen sich halt auch auf. Wir diskutieren nur über Handschlag und alle Nebensächlichkeiten und nicht mehr übers Fussballspiel."

Puuuh, jetzt mal ganz ruhig, Uli!

Bayern-Präsident Uli Hoeness fauchte diese Worte in ein "sky"-Mikro, nachdem er auf den verweigerten Handschlag mit dem Trainer von Franck Ríbery nach seiner Auswechslung angesprochen wurde. Für Trainer Jupp Heynckes war es - zumindest öffentlich - keine grosse Sache: "Ich bewerte das überhaupt nicht über. Er ist grusslos an mir vorbeigegangen, er ist enttäuscht gewesen." Aber, auch ein Spieler wie er müsse die "Contenance" bewahren.

Doch warum ging Hoeness bei dieser Nachfrage des Reporters hoch wie ein "HB"-Männchen?

Vermutlich weil sich in letzter Zeit einiges angestaut hatte beim Ober-Bayern. Nach den zuletzt eher durchwachsenen Darbietungen in der Bundesliga und dem Absturz auf den dritten Platz, den Diskussionen um die sportlichen (Nicht-)Leistungen von Arjen Robben und dem daraus resultierenden Bankdaseins des Superstars, folgte nun quasi als "Krönung" die peinliche 0:1-Niederlage im Achtelfinalhinspiel der Champions League beim FC Basel und der ausgebliebene Handschlag Riberys. Dass eine Missachtung dieses Abklatschens mit dem Trainer jedoch keine Kleinigkeit ist, zeigt die Reaktion von Intimkenner Ottmar Hitzfeld nach der Partie.

"Das hat mich auch irritiert, schockiert. Heynckes geht extra raus. Das ist das Mindeste, dass man dem Trainer noch mal die Hand gibt. Bei Bayern hat man eine starke Mannschaft, man hat gute Spieler, die ausgewechselt werden. Von daher stimmt auch da einiges nicht. Es ist für einen Trainer immer ein Problem, wenn ein Führungsspieler sich nicht so vorbildlich verhält, wie er soll. Wenn man ausgewechselt wird, gegen einen deutschen Nationalspieler, dann klatscht man mit dem Trainer ab und alles ist gut. Ribery wäre gute beraten gewesen, sich hier professioneller zu verhalten."

Vermutlich sieht dies Hoeness genauso. Doch öffentlich will er es natürlich nicht zugeben. Und dass es nach der schwachen Partie in der Kabine der Bayern lautstark zuging und sich die Spieler angeblich gegenseitig die Schuld zugeschoben haben sollen, deutet zumindest Stürmer Mario Gomez an, wenn er sagt: "Was in der Kabine ist, bleibt in der Kabine." Auffällig dabei: Bereits nach der Nullnummer im Bundesliga-Spiel gegen den SC Freiburg ging Hoeness nach dem Schlusspfiff prompt in die Spielerumkleide, um Dampf abzulassen. Offenbar wirkt dieses Mittel in der aktuellen Situation nicht wirklich.

Doch woran hapert es momentan beim deutschen Rekordmeister? Franz Beckenbauer hatte die Antwort schon vor dem Spiel parat: "Ich wünsche mir einen, der dem ein oder anderen mal in den Hintern tritt", sagte er in die TV-Kameras und schob gleich nach: "Ein absoluter Leader wie Stefan Effenberg oder Lothar Matthäus oder wer auch immer ist im Moment nicht sichtbar."

Philipp Lahm ist als Kapitän zwar in der Pflicht; doch als grosser Wortführer ist er noch nicht in Erscheinung getreten. "Das ist nicht sein Naturell", meint der "Kaiser". Und auch Trainer Jupp Heynckes feuerte die "Leader-Debatte" schon am Tag vor dem Spiel in Basel an: "Wir haben nicht viele extrovertierte Spieler. Doch das muss die Mannschaft im Kollektiv lösen." Wie das gelingen soll, erklärte der Übungsleiter auch gleich: "Meiner Meinung nach müssen die Spieler mehr miteinander reden und dirigieren."

Dies klappte während der 90 Minuten von Basel nicht wirklich. Doch dann wohl besser nach der Partie in der Spielerkabine. Was bleibt? In der Champions League ist trotz der 0:1-Niederlage noch nichts verloren und die Bayern können weiter vom Heim-Finale am 19. Mai träumen. Dies sehen die Verantwortlichen genauso.

"Ich bin der Meinung, 1:0 ist ein Ergebnis, das uns alle Chancen öffnet. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, dass wir das im Rückspiel nicht schaffen können. Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass wir das noch schaffen können", gab sich Hoeness dann doch noch optimistisch. Und Gomez meinte: "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir zu Hause gegen Basel das Ding drehen werden."

Was dazu nötig sein wird, verdeutlichte dann Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beim Bankett nach Mitternacht: "Ihr müsst jetzt aggressiv spielen und Ihr müsst die alte Sepp-Herberger-Weisheit "Einer für Alle, Alle für Einen" jetzt wieder aus dem Hut zaubern - und am Sonntag geht es los."

Am Sonntag reist der FC Schalke zum Bundesliga-Topspiel nach München. Sollte Franck Ribery hier wieder glänzen und die Münchener einen Heimsieg einfahren; ja dann hat Hoeness vielleicht doch wieder Recht. Denn dann interessiert sich vielleicht wirklich niemand mehr für diesen "Scheiss-Handschlag", der keiner war. (jfi)

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