Aus Dortmunder Sicht etwas verspätet durfte Sebastian Kehl am Samstagabend einen Pokal in die Höhe recken. Es war zwar nicht der Henkelpott, der in London noch so verführerisch geglänzt hatte und dann doch an den FC Bayern ging. Es war nur der Supercup. Aber immerhin war den Dortmundern eine Revanche gelungen gegen den ärgsten Konkurrenten. Eine Revanche, die Hoffnung macht, dass die neue Saison doch nicht gar so langweilig verlaufen könnte, wie viele dachten.

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Was hatten viele Menschen - Trainer, Spieler, Funktionäre - nach den Testspielen schon gejammert. Diese Bayern seien einfach zu gut für die Bundesliga. Ex-Wolfsburg-Trainer Felix Magath glaubte sogar, der FC Bayern werde in dieser Saison kein Spiel verlieren. Als der Supercup nach 90 Minuten zu Ende war, ging ein Seufzer der Erleichterung durch Deutschland. Borussia Dortmund hat bewiesen: Der FC Bayern ist zu schlagen - auch unter Pep Guardiola.

Die ewigen Nörgler mögen nun darauf verweisen, dass bei den Roten Torwart Manuel Neuer und der immens wichtige Franck Ribéry gefehlt haben. Und überhaupt der Supercup nicht als Massstab für die neue Saison gelten kann. Das mag stimmen. Aber auch Klopps Team lief nicht in Bestbesetzung auf. Der interessanteste Einkauf der Borussen, Henrich Mchitarjan, laboriert an einer Blessur im Sprunggelenk. Dass er riesige Qualität besitzt, hat der Armenier dennoch bereits bewiesen. Immerhin ist er beidfüssig. Und Integration ist für ihn auch kein Problem. Sein Deutsch soll schon fast besser sein als das von Kevin Grosskreutz, heisst es frotzelnd aus Mannschaftskreisen. Es spricht also nichts dagegen, dass Mchitarjan eine grosse schwarz-gelbe Erfolgsgeschichte bevorsteht. Auch der andere Zugang, Pierre-Emerick Aubameyang, scheint sich bereits gut in das Mannschaftsgefüge eingefunden zu haben. Er wurde nur für Jakub Blaszczykowski eingewechselt - ein Zungenbrecher für den anderen Zungenbrecher, sozusagen.

Tiefstapelei macht Sinn

Bei Dortmund gibt es kadertechnisch also weiter Luft nach oben. Auch wenn BVB-Kapitän Sebastian Kehl gleich mal mit beiden Füssen auf die Euphoriebremse springt. "Wir freuen uns über den Pokal, aber der Sieg hat keine Auswirkungen auf die neue Saison", betonte er im "kicker". Und schlug damit in dieselbe Kerbe wie sein Trainer Jürgen Klopp. "Fest steht: Wir haben in der letzten Saison in der Bundesliga zweimal unentschieden gegen die Bayern gespielt und hatten am Ende dennoch 25 Punkte Rückstand. Das sagt doch alles. Sie sind nicht unser Konkurrent, unserer Konkurrenten sind die anderen 16 Bundesliga-Mannschaften."

Das ist natürlich arg übertrieben. Wobei Tiefstapelei angesichts des Bayern-Hypes sicherlich nicht die schlechteste Taktik ist. Denn wenn den Bayern tatsächlich etwas gefährlich werden könnte, ist es vermutlich die Höhenluft. Das weiss Jürgen Klopp, der alte Fuchs, natürlich. Und so wird er den Teufel tun und seine Mannschaft zum Chefverfolger der Bayern ausrufen. Das ist klug, denn damit nimmt er den Druck von seinem Team und erhöht ihn auf die Bayern.

Dabei spricht vieles dafür, dass die Dortmunder in der neuen Saison noch um Einiges souveräner auftreten könnten, als das bereits in den vergangenen Spielzeiten der Fall war. Denn inzwischen dürften sich Klopps Mannen an die Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Champions League gewöhnt haben. Abgebrühtheit statt Blauäugigkeit, so lautet das Motto für die neue Saison der Dortmunder. Gepaart mit der so charakteristischen Spielfreude, überbordenden Laufbereitschaft, dem absoluten Willen, es den Bayern zeigen zu wollen und einer Fan-Unterstützung, die in Deutschland ihresgleichen sucht, macht das den BVB zum schärfsten Gegner des Triple-Siegers aus München.

Und verstecken braucht sich der Champions-League-Finalist der vergangenen Saison auf keinen Fall. Nicht vor den Bayern und auch sonst vor niemandem.

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