Der fulminante Derbysieg gegen Schalke 04 hat Borussia Dortmund nicht nur weiter von der Abstiegszone entfernt, der BVB scheint sogar wieder ein ernsthafter Kandidat für die internationalen Plätze. Den Leistungsschub hat die Mannschaft besonders zwei Spielern zu verdanken - und der Rückbesinnung auf ihre wirklich wahren Stärken.

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Eigentlich haben Pierre-Emerick Aubameyang und Marco Reus solchen Schnickschnack gar nicht nötig. Batman und Robin, darauf muss man erstmal kommen. Natürlich war die Bühne etwas grösser und schriller ausgeleuchtet als sonst. Es war das Revierderby, die Mutter aller Spiele in der Bundesliga.

Wer vor der Partie von einem Duell auf Augenhöhe - der schwächelnde Tabellenvierte reiste zum aufstrebenden Tabellenzwölften - rechnete, sah sich bereits nach wenigen Minuten eines Besseren belehrt. Wie ein Orkan fegte Borussia Dortmund über den ewigen Rivalen Schalke 04 hinweg, der BVB spielte Fussball wie zu besten Meisterschaftszeiten.

Am Ende von 90 bemerkenswert einseitigen Minuten hatte der BVB 565 Pässe gespielt, der Gegner nur 310. Dortmund hatte 65 Prozent Ballbesitz und eine Passquote von 82 Prozent. Das sind beeindruckende Zahlen, aber sie sind nichts gegen das, was die Statistiker in der Zeile "Torschüsse" notierten. Für die Borussia standen da 31 auf dem Tableau, was im Schnitt alle drei Minuten einem Torabschluss gleichkommt. Schalke 04 hatte derer kümmerliche drei.

Dass es bis zur 78. Minute trotzdem noch 0:0 stand, konnte aus Dortmunder Sicht eigentlich nur ein ganz makabrer Scherz sein. "Das war kollektives Versagen - es war ein Wunder, dass es so lange 0:0 stand", gab Schalkes Sportvorstand Horst Heldt unumwunden zu. Ein Doppelschlag von Aubameyang und dem an diesem Tag endlich wieder überzeugenden Henrik Mkhitaryan beendete den Spuk für den BVB, Reus' 3:0 kurz vor dem Ende war das standesgemässe Resultat nach einem ungleichen Kampf.

Der Derbysieg sendet einige wichtige Signale: Zum einen steht da der Triumph über Schalke an sich. Dazu ist der BVB nach dem vierten Sieg in Folge der Abstiegszone einigermassen entrückt. Vier Punkte beträgt der Vorsprung auf Rang 15 mindestens, bei einer Paderborner Niederlage in Mönchengladbach sind es sogar fünf. Und: Seit der BVB das angeblich so wichtige kämpferische Element im Abstiegskampf hintenanstellt und sich wieder auf seine fussballerische Kernkompetenzen erinnert, gewinnt die Mannschaft auch wieder. Und zwar überzeugend.

In Freiburg gegen Mainz, in Stuttgart und nun gegen Schalke, erzielte das Team immer mindestens drei Treffer, insgesamt waren es 13 Tore. Nicht so schlecht für einen Abstiegskandidaten. Die Frage stellt sich nun, was der BVB noch anfangen will mit dieser komischen Saison, so mittendrin im Niemandsland der Liga, mit 28 Punkten aus 23 Spielen und einem ausgeglichenen Torverhältnis.

Bereits in der Winterpause hatte es ja einige Unentwegte gegeben, die der Mannschaft wenigstens die Qualifikation zur Europa League, wenn nicht sogar für die Champions League zugetraut hatten. Nun ist zumindest die kleine Schwester der Königsklasse wieder in greifbare Nähe gerückt. Sieben Punkte beträgt der Rückstand noch auf Schalke und Augsburg, also auf die Plätze fünf und sechs. Der Vierte Leverkusen ist auch nur einen Zähler weiter weg.

"Stand heute haben wir absolut nichts mit den internationalen Plätzen zu tun", sagte Trainer Jürgen Klopp nach dem Schalke-Spiel. "Die interessieren mich wirklich nicht." Faktisch hat Klopp natürlich Recht, sieben Punkte holt auch ein BVB in starker Form nicht mal eben auf. Aber noch sind elf Spieltage Zeit, das weiss auch Klopp. Er will es derzeit nur nicht offen aussprechen. "Wir brauchen den Fokus auf das Wesentliche", sagt er stattdessen, will heissen: Zuerst die 40 Punkte, dann schauen wir mal weiter.

Der Tiefpunkt beim 0:1 gegen Augsburg hat dem Trainerteam offenbar die Augen geöffnet. Seitdem ragen als Eckpfeiler des Dortmunder Spiels wieder Ballsicherheit und Kreativität heraus. Festzumachen ist das an einer kollektiven Weiterentwicklung der Mannschaft und an einzelnen Spielern.

Aubameyang ist ein Garant für Tore, ebenso wie Reus. Die beiden reichen derzeit offenbar, um eine beträchtliche Zahl an Gegnern die Grenzen aufzuzeigen. Da verzeiht der Trainer auch die eine oder andere Extravaganz. Aubameyang hat es mit seiner Idee der Batman-Parodie aber ein wenig übertrieben. "Fünf Gelbe Karten wegen Torjubel, das ist natürlich Quatsch. Ich muss mal mit ihm sprechen."

So lange die beiden aber fast nach Belieben treffen, wird selbst der gestrenge Klopp darüber hinwegsehen können. Der BVB hat wichtigere Dinge auf der Agenda stehen. Das Thema Abstiegskampf dürfte bei der momentanen Form der Mannschaft bald gestrichen werden.

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