Eintracht Frankfurts Ikone Jan Aage Fjörtoft kennt Erling Haaland bestens von der norwegischen Nationalmannschaft. Im Interview mit unserer Redaktion erklärt er, warum ein Wechsel des Champions-League-Stars in die Bundesliga wahrscheinlich ist – und weswegen er sich über den FC Bayern wundert.
Jan Aage Fjörtoft und Alf-Inge Haaland spielten einst, zwischen 1994 und 1996, gemeinsam für Norwegen. Fjörtoft kennt den Vater von
Erling Haaland: RB Leipzig und der BVB werben um ihn
RB Leipzig und der BVB sollen sich nachhaltig um Haaland bemühen, angeblich sind auch mehrere Klubs aus der Premier League und der italienische Spitzenklub Juventus Turin an einer Verpflichtung des Sturmhünen (1,94 Meter) interessiert.
Im Interview mit unserer Redaktion erklärt Fjörtoft, warum sich die Bundesliga wohl bald auf Haaland freuen darf – und wieso der FC Bayern besser in das Werben um den Shootingstar einsteigen sollte.
Herr Fjörtoft, Ihr Landsmann Erling Haaland begeistert Fussball-Europa. Hätten Sie nicht auch gerne mal im Sturm mit ihm gespielt?
Jan Aage Fjörtoft: Ich mochte Spieler neben mir, die zu mir gepasst haben. Jeder Stürmer hat gerne das Spiel um sich herum, dass er in die Räume gehen kann. Vielleicht wären Erling Haaland und ich vom Typ her zu ähnlich gewesen. (lacht)
Man könnte fast meinen, dass Norwegen jetzt zu einer Fussball-Nation wird. Oder ist Erling Haaland ein absolutes Ausnahmetalent?
Das grösste Talent Norwegens war ursprünglich Martin Ödegaard, der bei Real Sociedad spielt. Wir haben mehrere junge Spieler, die gerade durchstarten. Da wir eine kleine Nation sind, sind wir abhängig von dieser Generation.
Es gibt jetzt vier grosse Talente: Haaland (19 Jahre, Martkwert 30 Millionen Euro, d. Red.), Ödegaard (20 Jahre, 20 Millionen Euro), Sander Berge von KRC Genk (21 Jahre, 22 Millionen Euro), und Verteidiger Kristoffer Ajer von Celtic Glasgow (21 Jahre, 3 Millionen Euro). Seit 20 Jahren konnten wir uns nicht mehr für ein grosses Turnier qualifizieren, doch für die Zukunft sieht es gut aus.
Halb Europa will angeblich Haaland verpflichten. Sie hatten getwittert, dass es fraglich sei, ob der FC Bayern überhaupt eine Chance auf ihn hätte.
Die Bayern haben eine interessante Kommunikationsstrategie. Sie haben kommuniziert, dass sie Trainer Mauricio Pochettino nicht wollen und, dass sie Erling Haaland nicht wollen. Die Frage ist aber, ob sie die beiden überhaupt bekommen hätten. Das ist eben die Strategie eines ganz grossen Vereins, der es gewohnt ist, die Wünsche erfüllt zu bekommen.
Ich glaube, dass Erling sehr gut in die Bundesliga passen würde. Für ihn wäre das der richtige Schritt, denn die Premier League ist vom Druck her noch intensiver für einen jungen Spieler. Doch am Ende entscheidet oft das liebe Geld.
Fjörtoft wundert sich über den FC Bayern
Eine unkluge Strategie des FC Bayern?
Die Strategie des FC Bayern sollte sein, dass sich der Klub alle grossen Talente, die in der Nähe von Deutschland spielen, anguckt. Salzburg ist ja fast Deutschland, seid nicht böse, meine Freunde in Österreich. Die Bayern haben zwar Robert Lewandowski und Serge Gnabry. Wenn aber ein 19-Jähriger acht Tore in der Champions League schiesst, sollten sie sich um ihn bemühen.
Welchen Klub sehen Sie bei Haaland in der Pole Position?
Ich glaube, dass zumindest Deutschland in der Pole Position ist. Der Vorteil von Leipzig ist ja, dass sie den Besitzer von Salzburg ganz gut kennen, Dietrich Mateschitz (lacht). Das spricht für RB Leipzig. Red Bull hat gezeigt, als Haaland nach Salzburg ging, dass er sich hier entwickeln kann, dass er hier eine Arena dafür bekommt. Coach Marco Rose hat den Verein verlassen, macht jetzt in Gladbach einen tollen Job. Und doch greift die Philosophie von Red Bull bei Haaland weiter.
Er wird auch diesmal schauen, wo er sich am besten entwickeln kann. Leipzig hat einen Trainer, der bewiesen hat, dass er Spieler entwickeln kann. Borussia Dortmund kommuniziert schon länger, dass sie genau solch einen Stürmer suchen. Ich denke, dass diese beiden deutschen Klubs in der Pole Position sind.
Sie kennen Erlings Vater und Berater Alf-Inge gut – und haben sicher schon mit ihm darüber gesprochen?
Ich habe mit seinem Vater Fussball gespielt. Ich rede viel mit Alf, ja.
Und, was sagt er?
Das kann ich nicht sagen, tut mir leid.
Anders gefragt: Wie tickt Haalands Vater Alf-Inge? Sagt er seinem Sohn: "Mache lieber den ersten Schritt vor dem nächsten"?
Der Vorteil bei Alf ist, dass er sich selber keine Träume durch seinen Sohn erfüllen muss. Er hatte selber eine grosse Karriere bei Leeds United und Manchester City, ist aber immer ein sehr bodenständiger Mann geblieben. Erlings Eltern haben bewiesen, als sie sich mit ihm für Red Bull Salzburg und gegen Juventus Turin entschieden haben, dass es besser für ihn ist, in Österreich zu spielen. Das spricht für den Spieler, das spricht für die Familie. Ich weiss, dass damals ein sehr lukratives Angebot von Juventus für ihn vorlag.
"Dumme Aussagen" zu Martin Ödegaard
Droht Erling Haaland im schlechtesten Fall aber dasselbe Schicksal wie Ödegaard, der als Teenager zu Real Madrid kam?
Sie meinen den Martin Ödegaard, der jetzt als 20-Jähriger einer der besten Spieler in "La Liga" ist?
Bei Real konnte er sich nicht durchsetzen.
Wer hat das gesagt? Die Leute in der Öffentlichkeit! Ödegaard ist einst als 16-Jähriger nach Madrid gegangen. Haben die Leute wirklich geglaubt, er wird als 17-Jähriger eine dominante Figur bei Real Madrid? Das waren dumme Aussagen, da haben wir nur darüber gelacht. Er wollte damals in der zweiten Mannschaft von Real spielen, mit Trainer Zinedine Zidane arbeiten. Jetzt ist Ödegaard einer der besten Spieler in der spanischen Liga. Sollte Haaland solch ein Schicksal ereilen, wird er sehr, sehr glücklich sein.
Beide werden sich also Ihrer Meinung nach international auf höchstem Niveau behaupten?
Genau. Junge Spieler haben Entwicklungsphasen. Ein Luka Modric war erst 23, als er den Durchbruch schaffte. Für alle war überraschend, dass Haaland in seinem ersten Jahr in der Champions League gleich so gut war. Ich kenne beide Jungs. Sie haben eine super Einstellung zum Fussball, wollen immer spielen. Sie versuchen alles, um sich zu verbessern, gehen notfalls einen Schritt zurück, aber dann wieder zwei nach vorne.
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