Der Abwehrspieler Lucas Hernandez kam für 80 Millionen zum FC Bayern. Ein echter Weltklasse-Transfer und "Brazzos" erste grosse Duftmarke auf dem Transfermarkt. Und nun? Ist die Saison bald rum und Hernandez stand bisher gerade einmal sieben Mal in der Startelf. Was ist schiefgelaufen?
Er war eigentlich der Königstransfer. 80 Millionen Euro. Für einen Abwehrspieler. Die Münchner Verantwortlichen um Sportchef
Schon bei der Verpflichtung des variablen Verteidigers mit dem starken linken Fuss gab es aber ein paar offene Fragen. Hernandez war damals am Knie verletzt. Die Münchner zerstreuten damals jedoch alle Bedenken und versicherten, dass der Franzose zur neuen Saison fit sein würde. War er dann auch, doch eine weitere Innenbandverletzung am Sprunggelenk Ende Oktober setzte ihn wieder ausser Gefecht.
Davies und Alaba blockieren Hernández' Platz
Seitdem hat sich beim FC Bayern einiges getan. Der Trainer heisst nicht mehr
Erschwerend kommt hinzu, dass der Weltmeister von 2018 auch dann nicht restlos überzeugte in München, wenn er fit war. Weder als Linksverteidiger (fünf Pflichtspieleinsätze) noch als linker Innenverteidiger (vier Pflichtspieleinsätze). Etwas schwerfällig und ungelenk wirkte er. Dazu geht er manchmal zu früh auf den Boden, um einen Ball zu gewinnen. Bei einer so hohen Viererkette wie beim FC Bayern kann sich das schnell rächen. Viel Absicherung gibt es da nicht.
Muss Flick dem Weltmeister mehr Chancen geben?
Trotzdem: Wer Hernandez in den vergangenen Jahren bei Atlético Madrid spielen sah, konnte nachvollziehen, warum die Münchner für einen wie ihn an die finanzielle Schmerzgrenze gingen. Er ist für einen Abwehrmann zwar nicht besonders gross (1,82 Meter), dafür in seinen besten Momenten aber schnell, beweglich, robust und mit einem hervorragenden Passspiel gesegnet. Dazu mit 24 Jahren noch mit grossem Potenzial ausgestattet.
Grundsätzlich wäre der zweite Platz in der Innenverteidigung neben Alaba durchaus eine Chance für Hernandez.
Es ändert aber etwas im Spiel, wenn drei Spieler mit starkem linken Fuss in der Viererkette spielen. Dies verändert die Winkel im Aufbauspiel. Zudem fehlt es bei einer Innenverteidigung Alaba (1,80 Meter)/Hernandez (1,82 Meter) etwas an Zentimetern gegen kopfballstarke Stürmer. Zum Vergleich: Jerome Boateng ist 1,92 Meter, Niklas Süle sogar 1,95 Meter.
Trotzdem wäre Flick gut beraten, Hernandez in den nächsten Wochen eine Chance zu geben. 80 Millionen Euro sind auch für den FC Bayern ein riesiges Investment. Boateng biegt zudem mit 31 Jahren auf die Schlusskurve seiner Karriere ein.
Hernandez soll den Verein im Idealfall noch Jahre prägen. Dafür braucht er Chancen, sich zu beweisen, sich festzuspielen. Trotz des immer noch offenen Meisterkampfs sollte es daher durchaus eine Priorität sein, einen hochveranlagten Spieler wie Hernandez weiterzuentwickeln.
Merkwürdige Transferbilanz
Der 24-Jährige steht nebenbei auch für eine etwas merkwürdige Transferbilanz des FC Bayern in dieser Saison. Diejenigen, die richtig einschlagen sollten, spielen kaum eine Rolle (Coutinho und Hernandez), während Benjamin Pavard (auf rechts gesetzt) und Ivan Perisic (wichtiger Joker), die eher unter dem Radar verpflichtet wurden, durchaus einen wesentlichen Beitrag zu Bayerns Aufschwung leisten.
Allerdings muss man zwischen Coutinho und Hernandez noch einmal unterscheiden. Coutinho passt mit seiner Spielweise einfach nicht richtig ins System von Hansi Flick. Er hat Durchschlagskraft eingebüsst und ist für eine Rolle als Gelegenheitsspieler einfach viel zu teuer, um über den Sommer hinaus zu bleiben.
Hernandez hat noch vier Jahre Vertrag und ist erst 24. Ihm kann nach wie vor die Zukunft gehören, wenn er von Flick die Chance bekommt, sich zu beweisen. Vielleicht ja sogar tatsächlich neben Alaba. Beide könnten zusammen ein unglaublich spielstarkes Innenverteidiger-Duo bilden. Aufgeben sollte man den Franzosen trotz des verkorksten ersten Jahres jedenfalls definitiv noch nicht.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.