Chaotische Szenen im Breisgau: Nach einem Bodycheck von Frankfurts Kapitän David Abraham gegen Freiburgs Trainer Christian Streich kommt es zu wilden Tumulten am Spielfeldrand. Doch Schiedsrichter Felix Brych behält den Überblick – und zeigt, unterstützt vom Video-Assistenten, völlig zu Recht zweimal Rot. Hinterher vertrugen sich die Streithähne wieder - hilft ihnen das bei der Bemessung der Sperre?

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne

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Am Ende hatten sich alle Beteiligten wieder beruhigt. "Nach dem Spiel gibt man sich die Hand", überschrieb der SC Freiburg auf seinem Twitter-Account ein Foto, das den Frankfurter Kapitän David Abraham und den Freiburger Spieler Vincenzo Grifo beim versöhnlichen Handschlag zeigt.

Beide hatten zuvor die Rote Karte gesehen: Abraham wegen eines üblen Bodychecks gegen den Freiburger Trainer Christian Streich, Grifo wegen eines Griffs ins Gesicht von Abraham während der anschliessenden Rudelbildung auf dem Rasen.

Auch Streich war nicht nachtragend. "Die Sache ist erledigt", sagte er. "Weiter geht's, zum Fussball gehören halt auch Emotionen. Es ist alles gut, die Schulter hat gehalten, ich bin ja auch stabil. Wenn mich einer umhaut, ist es nicht gleich gesagt, dass ich sofort verletzt bin."

So viel Fairness ist schön, allerdings wäre es noch schöner gewesen, wenn sie bereits in der Nachspielzeit der Partie geherrscht hätte, als es zu unwürdigen, tumultartigen Szenen gekommen war.

Abrahams Bodycheck war eine Tätlichkeit

Nachdem Abraham auf dem Weg zum Ball, der ins Seitenaus geflogen war, den Freiburger Coach an der Seitenlinie ohne Not regelrecht umgerannt hatte, war die gesamte Freiburger Bank aufgesprungen und hatte sich auf den Täter gestürzt.

Binnen Sekunden entstand eine Menschentraube, in der gebrüllt, geschubst und gedrängelt wurde. In einer solch unübersichtlichen Situation ist es für den Schiedsrichter und seine Assistenten extrem schwer, den Überblick zu bewahren.

Doch dem erfahrenen Unparteiischen Felix Brych und seinem Team gelang es nicht nur relativ rasch, die Gemüter wieder zu beruhigen und den Auflauf zu zerstreuen. Der Referee traf auch die richtigen Massnahmen.

Er zeigte Abraham die Rote Karte – eine alternativlose Entscheidung, denn dessen Körpereinsatz gegen Christian Streich erfüllte den Tatbestand der Tätlichkeit. Diese liegt laut Regelwerk vor, "wenn ein Spieler ohne Kampf um den Ball übermässig hart oder brutal gegen einen Gegner, Mitspieler, Teamoffiziellen, Spieloffiziellen, Zuschauer oder eine sonstige Person vorgeht oder vorzugehen versucht".

Auch Grifo bekam zu Recht die Rote Karte

Freiburgs Co-Trainer Florian Bruns sah die Gelbe Karte wegen unsportlichen Verhaltens. Was dem Schiedsrichterteam in der grossen Hektik entging: Der ausgewechselte Vincenzo Grifo war zu Abraham gerannt und hatte diesem ins Gesicht und an den Hals gefasst.

Doch im Zeitalter des Video-Assistenten bleiben solche Vergehen nicht mehr unbemerkt. Brychs Kollege Benjamin Brand sass in Köln vor dem Monitor und entdeckte bei der Überprüfung der Szenen die zweite Tätlichkeit.

Brychs Souveränität ist bemerkenswert

Daraufhin informierte er den Unparteiischen und empfahl ihm ein On-Field-Review am Spielfeldrand. Dazu war er befugt, weil laut den Regularien auch rotwürdige Vergehen von Auswechselspielern und ausgewechselten Spielern gegen den Gegner, die dem Schiedsrichter entgangen sind, vom Video-Assistenten gemeldet werden sollen.

Als Felix Brych sich die Bilder angesehen hatte, traf er die einzig richtige Entscheidung und schickte auch Grifo mit der Roten Karte vorzeitig in die Kabine. Die Souveränität und Umsichtigkeit, mit der er in dieser brisanten Situation handelte, waren bemerkenswert. Zu keinem Zeitpunkt liess sich Brych von der Hektik anstecken.

Das Fair Play nach dem Spiel wird die Sperren nicht reduzieren

Dass sich Abraham und Grifo später in der Kabine wieder vertrugen, war ein gutes Zeichen im Sinne des Fair Play. Auf die Länge ihrer Sperre, die vom Sportgericht festgelegt wird, dürfte das jedoch keine Auswirkungen haben. Denn ungeschehen macht die Versöhnung die Tätlichkeiten nun einmal nicht.

David Abraham muss allerdings nicht befürchten, auch in der Europa League zusehen zu müssen. Denn eine Sperre gilt in aller Regel nur für den jeweiligen Wettbewerb. Davon abgewichen wird lediglich in extremen Ausnahmefällen – wie etwa nach dem Biss des uruguayischen Stürmers Luis Suárez im Spiel gegen Italien bei der WM 2014.

Das Strafmass für Abraham und Grifo wird das DFB-Sportgericht im Laufe der Woche bekanntgeben.

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