Die Pläne der DFL, die Bundesliga-Spieltage weiter zu zerstückeln, stossen wie erwartet auf den Widerstand der Traditionalisten. Dabei war der Schritt dahin vorhersehbar - mit allen Nebenwirkungen und Konsequenzen.
Natürlich wird es irgendwann so kommen. Da waren sich wohl alle Beteiligten einig, auch die strammen Gegner eines noch weiter zerstückelten Spieltags. Jetzt, da die Pläne der Deutschen Fussball Liga durchgesickert sind und den Fans Salami-Spieltage präsentiert, ist die Aufregung aber trotzdem gross.
Ab der Saison 2017/18 müssen sich die deutschen Fussball-Fans auf einen radikalen Einschnitt gefasst machen. Auf auseinandergezerrte Spieltage, die sich von Freitag- bis Montagabend erstrecken. Die DFL plant dabei an mindestens zehn Spieltagen eine Partie am Sonntagnachmittag um 13.30 Uhr und eine am Montagabend um 20.15 Uhr. Das würde dann sieben statt bisher fünf verschiedene Anstosszeiten bedeuten.
"Ein Skandal aus Fan-Perspektive"
Der Widerstand regt sich vor allen Dingen bei der Fanvereinigung "Pro Fans". "Wir kämpfen seit Jahren gegen das Montag-Spiel der 2. Liga. Die Nachricht ist für die aktiven Fanszenen des Landes ein Schlag ins Gesicht", sagte Sprecher Jakob Falk, der jedoch nicht nur den Ligaverband in der Verantwortung sieht. "Nicht nur die DFL steht am Pranger. Dass die Vereine öffentlich schweigen oder die Pläne sogar selbst forcieren, ist aus Fan-Perspektive ein Skandal."
Es ist der ewig brisante Zwist zwischen Tradition und Kommerz, der die Gemüter erhitzt. Auf der einen Seite stehen die Erneuerer, die die Popularität und Wachstumsraten des Fussballs nutzen wollen, der Liga dadurch mehr Geld bescheren und die Klubs im Vergleich zu den finanzkräftigen europäischen Top-Ligen zumindest im Ansatz konkurrenzfähig halten wollen.
Dem Ligaverband und den Klubs wären durch die lukrativeren Pay-TV-Verträge höhere Einnahmen gewiss. Variablere Anstosszeiten versprechen dem Bezahlsender "Sky" mehr Exklusivität, die dieser sich dann auch entsprechend mehr kosten lässt. Und die den Fans, die gerne zu Hause auf dem Sofa so viele Spiele wie möglich live konsumieren wollen, völlig neue Optionen bieten.
Boykotte drohen
Für die Auswärts- und Allesfahrer ist besonders das Montagsspiel ein grosses Ärgernis. Boykotte und fast leere Gästeblock wie es sie etwa in Spanien (auch aus anderen Gründen) gibt, könnten keine Seltenheit mehr sein.
Gerne verweisen DFL und vor allen Dingen die Spitzenklubs auf die wahnwitzigen TV-Gelder in Italien, Spanien und besonders England, wo selbst der Tabellenletzte in der abgelaufenen Saison noch 30 Millionen Euro mehr TV-Gelder eingesackt hat als der FC Bayern München als Primus der Bundesliga. 835 Millionen Euro werden in der kommenden Saison an die 18 Bundesligisten ausgeschüttet. In der Premier League sind es 2,3 Milliarden an 20 Klubs.
Und natürlich geht es auch um eine verbesserte Vermarktung der Liga im fernen Ausland. Das Spiel am frühen Sonntagnachmittag liefe im umkämpften asiatischen Markt zur Prime Time, der erst kürzlich abgeschlossene Vertrag etwa mit Chinas Staatsfernsehsender "CCTV" bedeutet eine flächendeckende Streuung des Premiumprodukts Bundesliga in die chinesischen Wohnstuben.
Kommt jetzt der "Boxing Day"?
Eine weitere mögliche Neuerung steht bei der DFL zumindest derzeit noch nicht auf dem Zettel: Es gab und gibt weiterhin Gerüchte um einen möglichen Spieltag rund um Weihnachten. Auch hier dient die Premier League als Vorbild, der so genannte "Boxing Day" hat sich auf der Insel als wichtigster Spieltag der gesamten Saison etabliert, ein Happening für die ganze Familie. Und in Sachen Auslandsvermarktung ein unschlagbares Gut. Darüber wurde bei der DFL intern auch längst diskutiert, geplant ist ein ähnliches Modell in Deutschland aber (noch) nicht.
Dass die Klubs aus England nun geradezu Mondpreise für Spieler aus der Bundesliga bezahlen, ist Fluch und Segen zugleich. Und es ist ein starkes Argument dafür, sich als Bundesliga auch in eine ähnliche Richtung zu bewegen, um den Anschluss nicht vollends zu verpassen. Ein- oder sogar überholen wird man die Premier League in der Beziehung ohnehin nicht können.
Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten
Auch die Romantiker unter den Fans können die Augen vor der Realität nicht verschliessen. Wer Spitzenfussball mit Spitzenspielern sehen will und in den Europapokalwettbewerben konkurrenzfähig bleiben will, der wird Zugeständnisse eingehen müssen. Der Wille von vielen Fans wird zwar gehört, letztlich aber geflissentlich ignoriert. Dafür geht es um zu viel Geld, machen die Klubs selbst Druck - weil es am Ende die Vereine sind, die das viele Geld auf die Konten der Endverwerter weiterleiten: ihrer Spieler.
Die Entwicklung aufzuhalten erscheint unmöglich. Dafür hat sich der Fussball in den letzten 30 Jahren vom Proletariersport zu einem prosperierenden Wirtschaftszweig entwickelt, mit dem sich die Mächtigen und Politik und Wirtschaft nur zu gern schmücken. "Reclaim the game" ist ein oft benutzter Slogan, "Hol das Spiel zurück".
Der Kampf der Traditionalisten ist aber ein nahezu aussichtloser. Der moderne Fussball hat sich längst selbständig gemacht und erreicht nun auch jene Ecken der Welt, die bisher nicht als Hochburgen des populärsten Sportspiels bekannt waren. In Nordamerika und in Fernost liegt noch genug Potenzial, das abgeschöpft werden will. Die Bundesliga will ein veritables Stück vom Kuchen abhaben. Die Belange der Fans geniessen dabei schon lange nicht mehr höchste Priorität.
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