Der FC Bayern verpflichtet das Top-Talent Tanguy Kouassi von Paris Saint-Germain. Der erst 18-jährige Franzose kommt nicht nach München, um auf der Bank zu sitzen. Das zeigt eine neue Transferpolitik – und hat Auswirkungen auf eine ganze Reihe anderer FCB-Spieler.

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Beim FC Bayern lernen sie bekanntlich schnell. Die harte Fussball-Branche lässt schliesslich keine Fehler zu. Das haben die Entscheidungsträger an der Säbener Strasse 51 in München-Harlaching verinnerlicht. Aus ihren Chef-Büros im zweiten Stock schauen sie genau auf die Trainingsplätze vor dem idyllisch grün bepflanzten Damm gegenüber.

So fiel ihnen einst auf, dass sich der prominente Leihspieler James Rodriguez von Real Madrid in der Bundesliga nicht so recht entfalten konnte. So ist ihnen nicht entgangen, dass sich 80-Millionen-Euro-Rekordtransfer Lucas Hernández immer noch schwer tut.

Und so haben sie auch erkannt, dass es keinen Sinn macht, eine hohe zweistellige Millionen-Ablöse für den verhinderten "kleinen Magier" Philippe Coutinho auszugeben.

Tanguy Kouassi: Zweite Transfer-Strategie des FC Bayern

Gut, dass die Bayern seit geraumer Zeit eine zweite weitsichtige Transferstrategie fahren: Sie holen junge Top-Talente und geben ihnen den letzten Schliff. Gut, dass sie mit Hansi Flick einen Cheftrainer haben, der diese hochbegabten Kicker empathisch begleitet.

Transfer-Volltreffer Alphonso Davies ist das beste Beispiel. Lockenkopf-Stürmer Joshua Zirkzee ein weiteres. Vieles deutet jetzt daraufhin, dass die Bayern wieder in der Davies-Kategorie zugeschlagen haben könnten.

Konkret: Der FC Bayern hat Tanguy Nianzou Kouassi von Paris Saint-Germain verpflichtet, ablösefrei, einen erst 18-jährigen Innenverteidiger. "Er ist in unseren Augen eines der grössten Talente in Europa", erklärte Sportdirektor Hasan Salihamidzic: "Wir sind sicher, dass er bei uns eine grosse Karriere machen wird und eine absolute Verstärkung ist." In derselben Pressemitteilung wurde der Franzose zitiert: "Ich freue mich sehr, für den FC Bayern spielen zu können. Es ist ein sehr grosser und traditionsreicher Klub. Ich hoffe sehr, dass ich mich hier durchsetze und viele Einsätze haben werde. Dafür werde ich hart arbeiten."

FC Bayern: Verteidiger kommt mit grossen Ambitionen von PSG

Hart zu arbeiten, ist ihm nicht neu. Kouassi, oder besser Nianzou, wie er genannt werden möchte, hatte sich vor dem Corona-Saison-Abbruch der französischen Ligue 1 unter dem deutschen PSG-Trainer Thomas Tuchel zum Stammspieler hochgearbeitet. Mit 17 Jahren und 184 Tagen wurde der schlaksige junge Mann (1,87 Meter) beim 5:0 gegen Galatasaray Istanbul zum jüngsten Spieler in der Champions-League-Geschichte der Pariser. Sein Wechsel polarisiert in Frankreich gewaltig.

"Ich bin gegen diese Art von Einstellung. Diese jungen Spieler schulden es PSG, zu bleiben", meinte Ex-Paris-Profi Jerome Rothen im Radiosender RMC: "Wenn man die Chance hat, in einem solchen Verein seine Profikarriere zu starten, schuldet man ihm dann nicht etwas, wenn er einem einen Profivertrag anbietet und so die Entwicklung fördert? Er wird bei Bayern viel weniger spielen."

Auch Coach Thomas Tuchel trauert Kouassi nach: "Es ist kein Geheimnis, dass ich ihn als Fussballer liebe. Ihm stand hier eine grosse Zukunft bevor. Die Zeit war für ihn noch nicht gekommen, den Klub zu verlassen. Er war einer unserer Schlüsselspieler. Ich kann den Wechsel nicht verstehen und bin traurig."

Kouassi ist kopfballstark und torgefährlich

Doch was kann dieses Supertalent? "Er ist sehr kopfballstark, gerade in der Offensive, aber in der Defensive muss er noch lernen", sagte der französische Ex-Bayer Willy Sagnol dem "Kicker". Nianzou, der in den Pariser Randbezirken aufwuchs und fussballerisch gross wurde, hat in der Tat eine beeindruckende Kopfballstärke. Bei seinen beiden Kopfballtoren gegen den SC Amiens (4:4) stand er förmlich in der Luft.

Zudem wird ihm ein feines Gespür im Stellungsspiel samt hoher Partizipation bei der Balleroberung nachgesagt. Videos von PSG-Jugendspielen, die im Internet kursieren, zeigen ihn als eine Art Spielmacher auf letzter Linie. So liess ihn Tuchel in der Saisonvorbereitung auch mal als Sechser ran, und gegen Galatasaray wirkte er als Rechtsverteidiger.

Seine Anspiele kommen gut getimt durch die Schnittstellen, 40-Meter-Chip-Bälle schüttelt er präzise aus dem Fussgelenk. Als habe er sich stundenlang Lehrmaterial der beiden Weltmeister Mats Hummels (BVB) und Jerome Boateng (FC Bayern) bei Youtube angeschaut.

Was machen Boateng und Hernández?

Boateng dürfte sich umgekehrt den Kouassi-Transfer ganz genau angeschaut haben. Denn: Dass der Youngster kommt, um sich auf die Bank zu setzen, darf angesichts seines raketenhaften Aufstiegs bezweifelt werden.

Boateng wollte 2018 und 2019 jeweils im Sommer weg, erinnert aktuell mit 31 aber an seine Hochzeiten rund um den Champions-League-Sieg 2013 und den WM-Titel 2014.

Kouassis Landsmann Hernández, für kolportiert 80 Millionen Euro von Atlético Madrid geholt, droht dagegen zum Rekord-Transfer-Flop zu werden. Berichten zufolge will ihn ausgerechnet PSG.

Beim FC Bayern tun sich Baustellen auf

Der Transfer von Kouassi plus die Rückkehr von Abwehrchef Niklas Süle nach Kreuzbandriss machen (mindestens) das Hernández-Wechsel-Szenario wahrscheinlich. Die Perspektive der jungen Abwehrspieler Chris Richards (20) und Lars Lukas Mai (20), die mit der zweiten Mannschaft die 3. Liga aufmischen, verschlechtert sich dagegen drastisch.

Allerdings sollte Trainer Flick wegen der Makel des neuen französischen Innenverteidigers vorsichtig sein. Denn: In puncto Rückwärtsbewegung, Schnelligkeit und Robustheit hakt es - noch.

So folgen auf den Transfer-Coup auch Baustellen – für Flick und manchen FCB-Spieler.

Verwendete Quellen:

  • Pressemitteilung: FC Bayern verpflichtet Tanguy Nianzou Kouassi
  • "Kicker": Kouassi zum FCB – Tuchel: "Ich kann den Wechsel nicht verstehen"
  • "Goal.com": Bald beim FC Bayern: Als Tanguy Kouassi für PSG doppelt traf
  • "RMC Sport": Rothen "trouve scandaleux" que Kouassi décide de partir
  • "Spox.de": Tanguy Kouassi von PSG im Scouting-Report: Das hat der Wunschspieler des FC Bayern drauf
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