Der BVB will schon bald Klarheit, ob und wie es mit Coach Thomas Tuchel weitergeht. In den vergangenen Monaten litt das Verhältnis zwischen Cheftrainer und Bossen jedoch merklich. Nicht nur deshalb gilt ein Weiterengagement als alles andere als sicher.

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Thomas Tuchel hat beim BVB einen Vertrag bis 30. Juni 2018. Was wie ein langer Zeitraum klingt, ist im weitsichtig zu planenden Geschäft Profifussball eine Herausforderung. Entsprechend bemerkenswert ist der Bericht des "Kicker" vor wenigen Tagen, wonach die Dortmunder Bosse gar nicht mehr sicher seien, ob sie nun mit Tuchel weiterarbeiten wollen.

Von atmosphärischen Störungen ist zu lesen. Borussia Dortmund werde 2017 nicht in Tuchels letztes Vertragsjahr gehen, ohne dessen Zukunft geklärt zu haben, hatte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke noch im Oktober im "Kicker"-Interview erklärt.

Nach verkorkster Hinrunde samt schwachem sechsten Platz in der Bundesliga haben sich die Vorzeichen geändert. Aber nicht nur deshalb.

Kein klares Bekenntnis von beiden Seiten

"Der BVB wird immer grösser sein als jede einzelne Person. Wir stellen uns darauf ein, dass es immer mal wieder einen Wechsel geben kann", meinte Watzke einmal. Auffällig: Anders als etwa der FC Bayern einst bei Pep Guardiola, wirbt Dortmund öffentlich nicht offensiv um seinen Coach.

Auch dieser vermied ein Bekenntnis. "Es ist eine tolle Nachricht, dass Hans-Joachim Watzke gesagt hat, dass sie verlängern wollen. Es ist ein grossartiger Klub und Aki Watzke ist an meiner Seite. Viel besser kann es dir nicht gehen als junger Trainer", sagte Tuchel im Oktober bei Sky.

Vielleicht nicht grossartiger, aber zumindest prominenter als der BVB ist Real Madrid. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach sich die Königlichen ein Engagement Tuchels vorstellen können.

Auch noch Aubameyang? Tuchel ist wegen Verlust von Stars unzufrieden

Real Madrid soll zudem an BVB-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang interessiert sein, heisst es seit Monaten, auch wenn Real-Trainer Zinédine Zidane dies jüngst dementierte. Ilkay Gündogan, Mats Hummels, Henrikh Mkhitaryan – vor dieser Saison verlor Tuchel Stützen, was nach ersten Misserfolgen sichtlich an seiner Stimmung zehrte.

"Wir sind bestrebt, ihn zu halten", sagte Watzke über Aubameyang, wohl wissend, dass er und Sportdirektor Michael Zorc die vermeintlich unverkäuflichen Hummels (geschätzt 35 Millionen Euro Ablöse) zum FC Bayern respektive Mkhitaryan (geschätzt 42 Millionen Euro Ablöse) zu Manchester United dann doch ziehen liessen.

Tuchel sieht diese Abgänge nicht kompensiert. Wie die "Welt" berichtet, soll er zum Beispiel bei der Verpflichtung von Mario Götze "zumindest nicht die Initiative ergriffen haben".

BVB-Coach überforderte sein Team taktisch

"Wenn ich mir die Position aussuchen könnte, würde ich auf der zehn oder der acht spielen. Dort habe ich meine Stärken, und natürlich möchte ich auf der Position spielen, auf der ich mich am wohlsten fühle", sagte Götze der "Welt".

Der Weltmeister steht sinnbildlich dafür, wie Tuchel Spieler reihenweise unterschiedlich aufstellte. Der 24-Jährige spielte jede denkbare Offensivposition und musste sogar auch mal im defensiven Mittelfeld ran.

Dass Tuchel bedingungslos erwartet, dass seine Spieler ihre Aufgaben erfüllen, findet Götze speziell. "Das ist auch so etwas, was ich so in der Art vorher noch nicht gesehen habe", sagt er. Markant: Götze spielte bei den Bayern drei Jahre lang unter Taktik-Perfektionist Pep Guardiola.

Tuchel ist wie der befreundete Katalane geradezu vernarrt in Perfektion, überfordert sein Team damit aber teils taktisch. Zwischen dem vogelwilden 3:3 beim FC Ingolstadt und dem Derby gegen den FC Schalke 04 (0:0) warf Tuchel seine Mannschaft im tristen Herbst drastisch durcheinander.

Fünf Änderungen gab es im Vergleich zum Champions-League-Spiel bei Sporting Lissabon in der Startelf in Ingolstadt. Sechs Mal tauschte er das Personal anschliessend im DFB-Pokal gegen Union Berlin, und schliesslich brachte er gegen Schalke sechs neue Spieler.

Gegen Ingolstadt liess er gemäss Grundformation ein 4-4-2 spielen, das mitunter wie ein 4-1-3-2 wirkte. Im Pokal kehrte er zum 4-1-4-1 zurück, um Schalke dann mit einem 4-3-3 zu begegnen. Da kann man schon mal durcheinanderkommen.

Tuchel kritisierte das BVB-Team öffentlich scharf

Nach der Niederlage bei Eintracht Frankfurt haute Tuchel - gelinde gesagt - verbal drauf, warf den Spielern ein "technisch, taktisch, mentales" Total-Versagen vor. "Unsere Leistung war ein einziges Defizit. Unsere Saison läuft in einem ständigen Auf und Ab. Das ist sehr unbefriedigend", sagte er öffentlich.

Einmal im Training soll Tuchel seine Mannschaft laut "Kicker" sogar mit den Worten angemeckert haben: "Das ist ja wie in der C-Jugend." Richtig bitter wurde es für Marc Bartra. "Die Intensität des Trainings, aber auch des Spiels in der Bundesliga ist er nicht gewohnt", meinte Tuchel nach dem schwachen Auftritt des Spaniers gegen Augsburg (1:1). "Wir müssen anerkennen, dass Marc es nicht gewöhnt ist, alle drei Tage zu spielen und für das Spiel die absolute Verantwortung zu tragen."

Seine Chefs liessen Tuchel anschliessend alleine dastehen, rechtfertigten seine gnadenlosen Verbal-Keulen gegen Spieler, die sich zwischen Volljährigkeit und Anfang 20 bewegen, nicht.

BVB-Coach wird schwieriger Charakter nachgesagt

Das unrühmliche Ende Tuchels als Trainer von Mainz 05 ist etwas in Vergessenheit geraten. Tuchel hatte den FSV am Abend des letzten Spieltages der Saison 2013/14 nach einer verbalen Schlammschlacht verlassen. "Sein Abgang war grenzwertig", sagte Harald Strutz, Präsident der Nullfünfer, hinterher der "Bild".

Auch beim BVB soll Tuchel angeeckt sein. Anfang Oktober schloss er einem Bericht des "Kicker" zufolge Chefscout Sven Mislintat vom Trainingsgelände aus. Bei den Bossen hat Mislintat dagegen einen exzellenten Ruf, soll absehbar zum "Leiter Profifussball" aufsteigen.

Diese Gemengelage birgt Brisanz. Erst recht, sollte es in der Bundesliga nicht aufwärts gehen. Ob es mit Tuchel in Dortmund über den Sommer 2018 hinaus weitergeht, wirkt aktuell zumindest völlig offen.

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