Die Bellingham-Nachfolge, die neue Hierarchie, die Titelchancen: Vor dem Auftakt gegen den 1. FC Köln steht Borussia Dortmund vor einigen drängenden Fragen. Einige Antworten darauf können die Verantwortlichen bereits liefern.
84 Tage nach dem Desaster gegen Mainz geht es wieder los. Die 61. Bundesliga-Saison steht in den Startlöchern und für Borussia Dortmund und die anderen 17 Mannschaften beginnt - zumindest theoretisch - die Jagd nach dem Titel.
Nach dem dramatischen Ende am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison mit dem sportlichen Fiasko gegen Mainz und der verpassten Meisterschaft ist der BVB nun nicht mehr nur ein paar Augenblicke vom ersehnten Titel entfernt, sondern wieder 34 Spieltage. So jedenfalls hat es Trainer
Seitdem ist einiges passiert: Bei Borussia Dortmund, aber auch bei den vermeintlichen Rivalen im Kampf um die deutsche Meisterschaft. Nach den Vorbereitungsspielen, dem ersten Pflichtspiel zuletzt im Pokal gegen Regionalligist Schott Mainz und vor dem Auftakt in der Liga gegen den 1. FC Köln stellen sich immer noch einige dringliche Fragen.
Kann der BVB den Niederschlag am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison verdauen?
Unmittelbar nach dem Remis und der damit verpassten Krönung einer turbulenten Saison begann für Edin Terzic schon die Aufbauarbeit. Dortmunds Trainer stellte sich nicht nur den Fans vor der Südtribüne, er packte seinen ganzen Schmerz auch in seine ersten, sehr wichtigen Worte in den Interviews und bei der Pressekonferenz danach.
Der Tenor: Diese niederschmetternde Erfahrung wird unsere, meine, Mannschaft nur noch stärker machen. Aus Wut und Ohnmacht sollte über die letzten Wochen Antrieb und die unbedingte Gier nach grossen Erfolgen werden. Und einige von Terzic‘ Spielern argumentierten seitdem tatsächlich in etwa wie ihr Trainer: trotzig, angriffslustig und voller Zuversicht.
"Zwischen Mannschaft und Fans ist im Mai 2023 ein Band entstanden, das ich im Moment als sehr, sehr besonders empfinde. Auch deshalb sehe ich die Chance, in diesem Jahr gemeinsam etwas zu bewegen", sagte Sportchef Sebastian Kehl in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.
Das Gros der Spieler von letzter Saison ist auch jetzt noch hier,
Wie kann der Abgang von Jude Bellingham kompensiert werden?
Mit Jude Bellingham hat der BVB seine überragende Figur im Zentrum des Spiels verloren und auch so etwas wie eine Ein-Mann-Armee. Aus rein sportlicher Sicht dürfte der Abgang des Engländers durch keinen Spieler zu ersetzen sein. Dafür war
Allerdings wird gerne auch die Kehrseite vergessen: Bellingham war nicht immer unumstritten, das konnte er mit seinen 19 Jahren, bei allem Talent, auch noch gar nicht sein. Da fehlte es in einigen Situationen dann auch an der nötigen Disziplin, da vergaloppierte sich Bellingham in eigenen, zum Teil etwas aktionistischen Ideen und vergass dabei seine Aufgabe im Kollektiv.
Diese Positions- und Aufgabentreue sollen nun
Bellinghams Offensiv-Power dürfte für beide dagegen schwer erreichbar sein. Zwar bringt jeder sein eigenes Profil mit - Sabitzer als weiträumig agierender Achter mit Abschlussqualitäten auch aus der zweiten Reihe und als Balleroberer in der Defensive, Nmecha als nachstossender Spieler im Strafraum, der sich auch bei Offensiv-Kopfbällen einbringt -, aber in Sachen Spielwitz und Entschlossenheit dürfte Bellingham schwer zu erreichen sein.
"Wir lösen solche Aufgaben im Verbund, als Team. Auf unsere Weise. Darin kann auch eine Chance liegen", sagt Kehl. Oder besser: Er hofft es.
Wie sieht die neue Hierarchie im Kader aus?
Marco Reus ist freiwillig nicht mehr Kapitän der Mannschaft und auch der Mannschaftsrat setzt sich nun etwas anders zusammen als noch in der letzten Saison. Auch hier setzt der BVB darauf, die Last nun auf mehrere Schultern zu verteilen. Neben dem vom Trainer bestimmten neuen Kapitän
Dazu kommen weiterhin auch noch Hummels und Reus, wenngleich diese keine offiziellen Ämter mehr bekleiden. "Wir werden die Erfahrenen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Das wollen sie übrigens auch selbst gar nicht. Und wir werden den Jüngeren mehr Verantwortung übertragen", kündigt Kehl an.
Im Grunde soll sich aber jeder einzelne Spieler im Kader berufen fühlen, Verantwortung zu übernehmen. Egal, ob das der 34-jährige Hummels ist oder der erst 17-jährige Julien Duranville.
War der BVB bisher zu zurückhaltend auf dem Transfermarkt aktiv?
Drei wichtigen Abgängen (Bellingham, Raphael Guerreiro, Mo Dahoud) stehen drei namhafte Zugänge gegenüber (Sabitzer, Nmecha, Ramy Bensebaini). Das erscheint auf den ersten Blick nicht wie ein erhofftes Upgrade oder eine Kampfansage an die Konkurrenz.
Zumal die Bayern, RB Leipzig und auch Bayer Leverkusen schon ganz anders eingekauft und ihre Mannschaften zum Teil fulminant verstärkt haben. Aber auch hier lassen sich die Verantwortlichen nicht treiben.
"Ich bin sehr zufrieden mit der Qualität, die wir in der Mannschaft haben und auch mit der Qualität der Neuzugänge. Wir sind bereit dazu, gute Leistungen zu zeigen. Und wenn es so ist, dass wir ein paar Fans auf der Tribüne überzeugen müssen, dann werden wir das tun", sagte Terzic auf der Pressekonferenz am Donnerstag.
"Ich habe schon zuvor gesagt, dass es fahrlässig wäre, wenn wir uns bis Ende des Monats, bis das Transferfenster schliesst, nicht damit beschäftigen würden. Wir haben unsere Schlüsse gezogen und sind sehr zufrieden mit der Mannschaft. Ich habe richtig Lust, loszulegen mit dieser Mannschaft.
Leise Zweifel bleiben aber dennoch bestehen: Der BVB hat seine Abgänge versucht zu kompensieren, die frische Kraft soll sich nun also aus dem Kollektiv heraus entwickeln. Noch wird nach einem zusätzlichen Innenverteidiger und einem Angreifer gefahndet, vielleicht kommt auch noch ein Rechtsverteidiger. Knapp zwei Wochen sind ja noch Zeit, den Kader ein wenig besser zu machen.
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Die Rückerserie nach der Winterpause ist "die Benchmark", wie Terzic sagt. Daran werden sich er und seine Mannschaft messen lassen müssen. Denn nur so ist bei der grossen Konkurrenz aus München, Leipzig und Leverkusen überhaupt die Chance gegeben, noch einmal ganz oben anzugreifen.
Dafür muss die Mannschaft aber vor allen Dingen auch die sogenannten "kleinen Spiele" konzentrierter und rigoroser bestreiten. Partien wie in der Rückrunde gegen Bochum, Schalke und Stuttgart haben wertvolle Punkte gekostet, in der Hinserie hat die Mannschaft unter anderem gegen Werder, Gladbach und Köln verloren.
Es muss einiges zusammenkommen, wenn der BVB dieses Mal ganz nach oben klettern will: Schwächelnde Kontrahenten, die eigene Konstanz in den Leistungen und Ergebnissen und auch eine gute Prise Glück. Das ist nicht unmöglich - aber doch auch verdammt schwer.
Verwendete Quellen:
- Ruhr Nachrichten: Dissonanzen mit BVB-Trainer Edin Terzic? Sportdirektor Sebastian Kehl: "Totaler Quatsch"
- Ruhr Nachrichten: BVB-Trainer Terzic bangt vor Köln-Auftakt um drei Spieler Entwarnung bei Süle
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