Borussia Dortmund muss sich im Spiel gegen den Ball verbessern, die ersten Testspiele schüren aber schon wieder Zweifel. Die Zeit drängt - weshalb nun auch die Verantwortlichen den Druck deutlich erhöhen.

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Ein einziges Tor hat Borussia Dortmund im Mai zum Gewinn der deutschen Meisterschaft gefehlt. So ging die Erzählung nach dem 2:2 am letzten Spieltag gegen Mainz 05. Man könnte die Geschichte aber auch von einer anderen Seite betrachten: Ein Gegentor weniger in diesem Spiel und aus einem Punkt wären drei geworden. Und der BVB am Ende der Titelträger – und nicht schon wieder die Bayern.

Vor exakt einem Jahr, in der Vorbereitung auf seine erste Saison als Cheftrainer von Borussia Dortmund, hatte Edin Terzic die Defensivarbeit seiner Mannschaft ganz nach oben auf die Agenda gesetzt. Nach einer wahren Flut an Gegentoren unter seinem Vorgänger Marco Rose wollte Terzic bei der Arbeit gegen den Ball ansetzen.

Der Start in die abgelaufene Saison war sehr gut, Borussia Dortmund in der Defensive deutlich stabiler als zuvor. Dann aber setzten schnell wieder die gewohnten Auflösungserscheinungen ein, Spiele gegen Bremen, Leipzig, Köln, Wolfsburg und Gladbach gingen auch wegen einer zum Teil miserablen Defensivarbeit verloren.

Am Ende waren es 44 Gegentore, unter den besten sechs Teams der Liga kassierte nur Bayer Leverkusen (49 Gegentore) mehr. Für das ganz grosse Ziel war das schlicht nicht gut genug. Also ist die Stärkung der Defensive auch in diesem Sommer wieder zur überragenden Aufgabe der Vorbereitung ausgerufen.

Arbeit gegen den Ball ist der Schwerpunkt

"Es ist nicht leicht, eine Mannschaft zu verbessern, die im vergangenen Halbjahr 46 Punkte in 19 Spielen geholt hat. Dennoch erwarte ich, dass wir uns in zwei Bereichen weiterentwickeln", kündigte Hans-Joachim Watzke in der "Sport Bild" an.

"Wir haben zwar zwölfmal zu Null gespielt, mit insgesamt 44 aber zu viele Gegentore kassiert. Hier sollten wir uns steigern!" Und: "Wir müssen stressresistenter werden. Gewisse Schwankungen sind innerhalb einer Mannschaft mit vielen jungen Spielern zwar ein Stück weit normal, das erfordert dann aber eben viel Arbeit. Wir gehen das Thema von verschiedenen Seiten an."

Das eine, die Stressresistenz, hängt auch unmittelbar mit dem anderen zusammen, der Defensivarbeit. Die Testspiele der bisherigen Vorbereitung lassen aber schon erahnen, dass die Umsetzung des Plans gar nicht so einfach werden könnte.

"Wir haben unzählige Bälle im Spielaufbau verloren"

Gegen die Regionalligisten Rot-Weiss Oberhausen und Rot-Weiss Erfurt setzte es nicht nur insgesamt drei Gegentore, sondern hatten die unterklassigen Gegner auch jede Menge Gelegenheiten zu weiteren Treffern. Schon da monierte Terzic das Verhalten seiner Spieler öffentlich - und musste seine Kritik nun auch nach dem ersten Testspiel im Rahmen der USA-Reise wiederholen.

Beim 6:0-Sieg gegen den Zweitligisten San Diego Loyal, der etwa auf deutschem Regionalliga-Niveau einzuordnen ist, blieb die Mannschaft zwar ohne Gegentor. Dennoch missfiel dem Trainer die Vorstellung seiner Mannschaft. "Wir haben zwar zu Null gespielt, aber eigentlich hatten wir das gar nicht verdient", sagte Terzic und monierte ein Zusammenspiel aus Fehlern im eigenen Ballbesitz mit dem schlechten Verhalten im Gegenpressing.

"Wir haben besonders in der ersten Hälfte unzählige Bälle im Spielaufbau verloren, viele technische Fehler gemacht. Was uns gar nicht gefallen hat, war die Reaktion. Dass wir uns, wenn wir die Bälle verloren haben, nicht mehr freigemacht haben, sondern in den Positionen stehengeblieben sind und den Mitspieler alleine gelassen haben. Das sind die Dinge, die wir unbedingt abstellen müssen."

Kehl: "Das war nicht unser Anspruch"

Neben dem Trainer und dem Geschäftsführer macht nun auch der Sportchef noch einmal mit Nachdruck auf die Probleme aufmerksam und spricht diese öffentlich an. "Wir waren am Donnerstagabend sicher nicht mit allen Phasen des Spiels gegen San Diego einverstanden. Das war nicht unsrer Anspruch, auch wenn wir zwar sechs Tore erzielt und keins kassiert haben, was ein grosses Thema ist für diese Saison: Wir wollen Gegentore verhindern. Aber natürlich haben wir zu viele Chancen zugelassen", sagte Sebastian Kehl am Freitag.

Das unterstreicht, wie wichtig der Prozess der Verbesserung von allen Entscheidungsträgern gesehen wird. Und wie enorm auch der zeitliche Druck so langsam wird. "Wir haben noch ein paar Tage Zeit, wollen aber auch keine Zeit verlieren", sagt Kehl und sieht die Mannschaft und das Trainerteam dabei auf einem guten Weg. "Die Balance zu finden, die Jungs jeden Tag zu fordern, an den Prozessen zu arbeiten für die Phasen mit und gegen den Ball, das machen der Trainer und sein Team hervorragend."

Das wird auch dringend nötig sein. Schon in zwei Wochen startet die Saison mit dem Pokalspiel bei Schott Mainz - und die Gegner der letzten Vorbereitungsspiele werden nicht so nachsichtig mit Dortmunder Fehlern in der Defensive umgehen wie Oberhausen, Erfurt oder San Diego Loyal. Manchester United, der FC Chelsea und Ajax Amsterdam dürften jedes Geschenk auch annehmen.

Verwendete Quellen:

  • kicker.de: "Wir haben uns versteckt": Terzic kritisiert sein Team trotz Kantersieg
  • kicker.de: Kehl nach BVB-Test: "Das war nicht unser Anspruch"
  • sueddeutsche.de: BVB-Boss Watzke erwartet Fortschritte: "Zu viele Gegentore"
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