Es sollte alles besser werden bei Borussia Dortmund. Nach wenigen Spieltagen der neuen Saison aber lässt sich konstatieren: Verändert hat sich im Prinzip kaum etwas. Überrascht sollten davon nur unverbesserliche Optimisten sein.
Wer Borussia Dortmund in den letzten Jahren auch nur ein wenig intensiver verfolgt hat, dürfte kaum überrascht sein. Keine vier Tage nach dem fulminanten 7:1-Erfolg in der Champions League gegen Celtic mit traumhaften Toren und Kombinationen, grosser Spielfreude und einer fast schon ansteckenden Euphorie rund ums Westfalenstadion ist der BVB schon wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen.
Die Dortmunder Leistung beim 1:2 gegen Union Berlin wäre mit mangelhaft noch freundlich umschrieben, in allen Bereichen des Spiels zeigte sich die Borussia kaum bundesligatauglich und meilenweit entfernt von den eigenen Ansprüchen – und dem Leistungsvermögen dieser Mannschaft.
Nun ist die Frage, wie diese neuerliche Niederlage in der Bundesliga – schon wieder auswärts, schon wieder chancenlos wie beim desaströsen 1:5 in Stuttgart – einzuordnen ist. Optimisten würden vielleicht von einem Rückschlag sprechen, einem Ausrutscher. Ganz nüchtern betrachtet war die Partie in Berlin-Köpenick aber eine Pleite mit Ansage, das Drehbuch dazu ist schon mehrere Jahre alt und wird ganz offensichtlich auch von dieser Mannschaft mit ihrem neuen Trainer
Borussia Dortmund bleibt sich treu
In der abgelaufenen Saison trieb die Borussia ihren Wankelmut fein säuberlich getrennt zwischen Champions League und Bundesliga auf die Spitze. Besonders in der Rückserie zeigte sich diese Diskrepanz, als hervorragende Auftritte in der K.o.-Phase der Königsklasse den Einzug ins Finale bedeuteten, während im Kerngeschäft der Bundesliga bisweilen eine ganz andere Mannschaft auf den Plätzen der Republik zu stehen schien.
Ohne die Reform der Königsklasse hätte es für den BVB am Ende der vergangenen Saison mit Platz fünf gar nicht mehr für den Einzug in den wichtigsten Klub-Wettbewerb der Welt gereicht. Unter anderem auch deshalb musste Trainer
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Mit ein paar Veränderungen im Kader und dem Tausch der sportlichen Führung sollten alle Probleme auf einmal behoben werden. Die Wirklichkeit aber zeigt schon nach den ersten Wochen der neuen Saison: Borussia Dortmund bleibt sich weiter selbst treu. Völlig egal, wie der Trainer heisst und welche neuen Spieler nun für den Umschwung sorgen sollen. Und das ist nicht weniger als ein Problem mit Ansage.
Einfache Rezepte gegen Dortmunds Ideen
Nuri Sahin hat ein paar inhaltliche Dinge angepasst, die Ansätze einer neuen Denkweise sind an guten Tagen zu erkennen. Dann allerdings auch nur gegen Kontrahenten, die die Borussia der letzten Jahre und unter Sahin offenbar nicht besonders gut studiert hatten oder sich die eine oder andere Gegenmassnahme nicht zutrauen.
Denn im Prinzip ist es immer noch so einfach wie schon seit einer gefühlten Ewigkeit: Rückt der Gegner ins hohe Pressing auf, spielt unter Umständen sogar aggressiv und hart in der Manndeckung, findet der BVB kaum noch Auswege. Trotz
Guirassy ist als Zugang jetzt schon ein Fixpunkt und in gewisser Weise auch der grosse Hoffnungsträger dieser Mannschaft. Etliche Jahre hatten andere Spieler wie Erling Haaland und später Jude Bellingham konzeptionelle Defizite noch kaschiert, in der letzten Saison fehlte dieses individuelle Korrektiv.
Immer noch Lücken im Kader
Die Veränderungen auf neuralgischen Positionen innerhalb der Mannschaft, im Trainerteam und auch in der sportlichen Leitung waren durchaus massiv, aber offenbar nicht zielführend und vielleicht auch nicht ausreichend genug. Noch immer fehlt ein Linksverteidiger von gehobenem Format und ein zweiter zentraler Mittelfeldspieler mit Ballfertigkeit und Pressingresistenz. Wo und wie genau dagegen Sahins Wunschspieler Maximilian Beier eingesetzt werden soll, bleibt weiter offen.
Dazu kommen Spieler im Leistungsloch wie Gross oder Nico Schlotterbeck, die vielen individuellen Fehler und einige gravierende Disziplinlosigkeiten, die den Gegner förmlich zum Torschiessen einladen. Unterteilt man die bisherigen Spiele in unterschiedliche Spielphasen, halten sich gute und schlechte Momente allenfalls die Waage.
Und es reift die Vermutung, dass nicht die Niederlagen von Stuttgart oder Berlin die Ausreisser (nach unten) sind, sondern die überzeugenden Halbzeiten gegen Heidenheim, Bochum oder die Partie gegen Glasgow. Und dass der BVB auch in dieser Saison die Probleme der letzten Jahre einfach nochmal neu aufwärmt und präsentiert. Da helfen offenbar auch die sicherlich formulierten internen Warnungen nicht.
Sahins Worte lassen tief blicken
Trainer Sahin, wie Terzic zuvor ohne Erfahrung auf der Position des Cheftrainers bei einem wuchtigen Klub wie dem BVB, und Sportchef Sebastian Kehl jedenfalls wirkten nach der Niederlage in Berlin gelinde gesagt konsterniert, obwohl beide im Vorfeld und nach der Gala gegen Celtic noch gemahnt und zu besonderer Aufmerksamkeit aufgerufen hatten.
"Es war ja nicht, dass wir nicht wussten, was auf uns zukommt", sagte Sahin nach dem Spiel. Besser kann man das Dortmunder Dilemma kaum auf den Punkt bringen. Ähnliche Formulierungen sind auch von Marco Rose und Edin Terzic überliefert und das gleich mehrfach. Manche Dinge gehören eben zu Borussia Dortmund, wie die Farben Schwarz und Gelb.
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