Borussia Dortmund scheidet im DFB-Pokal aus, gegen den VfB Stuttgart hatte der BVB über weite Phasen keine Chance. Die Kritik wächst und auch die Schuldfrage dürfte langsam Thema werden. Liegt es an den Spielern? Oder ist vielleicht doch Trainer Edin Terzic schuld an der aktuellen BVB-Misere? Ein Pro und Contra.
Pro: Terzic hat seinen Borsigplatz-Kredit aufgebraucht
von Michael Schleicher
Die Mehrheit der Dortmund-Fans dürfte sich am vergangenen Mittwochabend mit Sicherheit gefragt haben: Was ist da nur los mit meinem BVB?
Bei der 0:2-Niederlage im DFB-Pokal gegen Stuttgart zeigte die Dortmunder Mannschaft eine erschreckend schwache Leistung. Doch liegt die Hauptverantwortung hierfür bei den Spielern?
Für die richtige Auf- und Einstellung des Teams sowie die Taktik ist bekanntermassen der Trainer verantwortlich. Und
Was das Pokal-Aus der Dortmunder (abermals) eindrücklich gezeigt hat: Unter Terzic findet keine Weiterentwicklung statt. Im Gegenteil. Schon häufiger war in dieser Saison kein stringentes Konzept, keine klare Spielphilosophie zu erkennen - die Mannschaft, deren Selbstvertrauen sichtlich angeknackst ist, wirkt auf dem Platz oft völlig plan- und hilflos.
Ob alle Spieler noch geschlossen hinter ihrem Trainer stehen? Natürlich reine Spekulation. Doch Niclas Füllkrug ("Da war der Ansatz nicht optimal, wie man das lösen möchte") und zuletzt Emre Can ("eine Katastrophe") sorgten mit ihren kritischen Aussagen mindestens für leichte Fingerzeige. Zumindest darf angezweifelt werden, dass der Trainer noch die hundertprozentige Rückendeckung seiner Mannschaft hat.
Für Fussballromantiker mag es eine schöne Vorstellung sein, dass ein Fan zum Trainer seines geliebten Vereins wird. Wohl kaum ein anderer Coach verkörpert dies so gut wie Terzic, der früher selbst in der Dortmunder Kurve stand und dessen Liebe zum BVB immer wieder thematisiert wird. Doch irgendwann ist selbst der grösste Borsigplatz-Kredit aufgebraucht, mittlerweile dürfte Terzics tiefe Verbundenheit zur Borussia sein einzig verbliebener Trumpf sein.
Der recht souveräne Einzug ins Champions-League-Achtelfinale täuscht etwas darüber hinweg. Doch es scheint, als habe der BVB mehr Probleme als je zuvor unter Terzic. Der desaströse Pokal-Auftritt sollte ein schmerzhafter Augenöffner für die BVB-Bosse gewesen sein, die jetzt gerade noch rechtzeitig die Reissleine ziehen sollten - bevor es zu spät ist.
Contra: Terzic ist auch ein Opfer schlechter Transferpolitik
von Julian Münz
Spielerisch war es dürftig, was Borussia Dortmund in den letzten Wochen geboten hat. Mit dem Pokalaus gegen Stuttgart ist nun auch das erste Ziel der Dortmunder in dieser Saison verfehlt worden.
Klar, dass jetzt auch die Stimmen nach einer Entlassung von Terzic grösser werden. Doch die Probleme, die der BVB hat, würde auch ein weiterer Rauswurf des Trainers nicht lösen. Zu sehr wird in Dortmund aktuell über den Trainer geschimpft, zu wenig ist dabei die komplett verfehlte Transferpolitik von Sportdirektor Sebastian Kehl im Fokus.
Viele Jahre stand der BVB dafür, mit hervorragender Scouting-Arbeit junge Talente zu verpflichten und diese im Verein zu Topspielern reifen zu lassen. Wenn einer für grosses Geld wechselte, rückte schon das nächste Supertalent nach. Mit diesem System hat Kehl seit seinem Antritt als Sportdirektor im Sommer 2022 gebrochen. Gekommen sind seitdem vorwiegend mittelalte und mittelgute Bundesligaspieler, mit denen man oben mit-, aber eben nicht um Titel spielen kann.
Das färbt natürlich auch auf die spielerischen Leistungen der Borussia ab: In seinem ersten Jahr hatte Terzic zumindest noch einen Unterschiedsspieler wie Jude Bellingham in seinen Reihen; es wurde noch nicht einmal versucht, ihn zu ersetzen. Ein technisch starker und vielseitiger Aussenverteidiger wie Raphael Guerreiro wird beim BVB vermisst, die Fussstapfen von Erling Haaland waren und sind für Anthony Modeste, Sebastien Haller, Karim Adeyemi und
Unabhängig davon, ob es mit ihm weitergeht oder nicht, ist deshalb die Transferpolitik die Baustelle, an der der BVB schnellstmöglich arbeiten muss. Denn der bessere BVB ist in dieser Hinsicht mittlerweile Bayer 04 Leverkusen: Rund um Palacios, Boniface, Grimaldo und Frimpong zeigen Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes und Trainer Xabi Alonso, wie man eine junge, titelhungrige Mannschaft aufbauen kann, die jetzt auf Augenhöhe mit den Bayern spielt.
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