Der BVB hat die Zahl seiner erzielten Tore in der zweiten Saisonhälfte fast verdoppelt. Das hängt mit der Besetzung im Sturmzentrum zusammen, aber auch mit einer veränderten Offensivstrategie.
Die Zahlen sind so beeindruckend, dass man nicht mehr an einen Zufall glauben mag: In der Hinserie hat Borussia Dortmund in 15 Spielen in der Bundesliga 25 Tore erzielt, im Schnitt also 1,67 Tore pro Partie.
Nach der WM-Pause ist die Zahl der erzielten Tore dann plötzlich rasant gestiegen, nach dem fulminanten 6:0-Sieg vom vergangenen Wochenende über den VfL Wolfsburg auf jetzt 48 Treffer in 16 Spielen. Das macht im Schnitt drei Tore pro Spiel, also fast eine Verdoppelung des Wertes aus der Hinserie.
In der Bundesliga ist das letzte Spiel ohne ein Dortmunder Tor schon über ein halbes Jahr her, beim "Hinspiel" in Wolfsburg verlor der BVB damals mit 0:2. Seitdem aber brummt die Dortmunder Offensive. Was also ist in der Winterpause mit dem BVB-Angriff passiert?
Neue Qualität durch Haller
Die Gründe für die massive Leistungsexplosion sind vielfältig. Ein ganz entscheidender Baustein dürfte aber die Rückkehr von Sebastien Haller auf den Rasen sein. Der Mittelstürmer hatte nach seiner Schockdiagnose im vergangenen Sommer die komplette Hinserie verpasst, erst mit dem Auftakt in die Rückserie Mitte Januar gegen Augsburg gab
Nun hat der Klub den Ausfall seines zentralen Angreifers mit der Verpflichtung von Anthony Modeste zu kompensieren versucht. Allerdings liegen zwischen Hallers und Modestes Leistungen und deren Wert für die Mannschaft tatsächlich Welten.
Modeste hat sich in der Mannschaft als reiner Abschlussspieler zu etablieren versucht, war bei seinen Einsätzen immer wie abgeschnitten vom Dortmunder Angriffsspiel und lauerte in der Regel auf Flanken - die viel zu selten kamen. Als sogenannter Wandspieler war Modeste auch wegen der überschaubaren technischen Fähigkeiten auf diesem Top-Niveau selten zu gebrauchen.
Terzics neuer Offensivplan
Haller ist da im Prinzip vom ersten Moment an ein deutliches Upgrade. Wie der Mittelstürmer sich positioniert, wie er den Ball abschirmt und behauptet, dann weiterleitet und so immer mindestens zwei Gegenspieler gleichzeitig bindet: Das hat eine ganz andere Qualität.
Und es bietet Trainer
Mittlerweile hat Terzic aber den Ballvortrag etwas angepasst und damit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Adeyemi und Malen spielen enger um Haller herum. Die Breite hat der BVB nun nicht mehr unbedingt in der letzten, sondern in der ersten Aufbaulinie, wenn zwei Innenverteidiger und ein Aussenverteidiger in einer Dreierkette anspielen und einen oder meist zwei Sechser vor sich haben.
Erst wenn der Ball ins Übergangsdrittel gelangt, schiebt der andere Aussenverteidiger bis in die letzte Linie hoch. In der Bundesliga ist das eine eher ungewöhnliche Massnahme, in der Regel besetzen die Aussenbahnspieler schon etwas früher diesen Raum und wollen den Gegner damit tiefer binden.
Beim BVB entsteht aber erst dadurch mehr Breite im letzten Drittel, zumal der Gegner sich im Zentrum ja um die drei Angreifer kümmern und zwangsläufig auf den Aussenbahnen deshalb etwas mehr Platz lassen muss.
Ein kleiner Makel bleibt
Funktioniert diese Idee, dann erfolgt der Durchbruch über eine der beiden Seiten und im gegnerischen Strafraum tauchen plötzlich drei Dortmunder Angreifer plus ein nachrückender Achter auf und im besten Fall sogar der ballferne Aussenverteidiger. Diese massive Präsenz am und um den gegnerischen Strafraum erzeugt viele Abschlusssituationen.
Funktioniert diese Idee aber mal nicht, dann kann der BVB immer noch einen langen Chipball auf Haller spielen, der den Ball dann festmacht oder - falls er doch mal unkontrolliert abprallt - auf den zweiten Ball gehen. Mit Malen, mit Adeyemi. Mit den Achtern Jude Bellingham oder Julian Brandt. Und dann mit Tempo nachstossen und über die beiden schnellen Angreifer die Tiefe attackieren.
Dass sowohl Malen als auch Adeyemi derzeit in Topform sind, verstärkt den Effekt und es mildert auch diesen einen kleinen Makel ab: Haller ist für das Dortmunder Offensivspiel definitiv ein Schlüssel - der grosse Torjäger ist er bisher aber immer noch nicht. Fünf Tore nach 975 Bundesligaminuten sind jedenfalls durchaus noch ausbaufähig.
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