Für Nico Schlotterbeck lief es in seiner ersten BVB-Saison lange nahezu perfekt. Dann kam das Spiel bei den Bayern und am Ende die grosse Enttäuschung. Wie geht der 23-Jährige mit den Tiefschlägen um?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Stefan Rommel sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Nun sind also auch für die Dortmunder Nationalspieler endlich ein paar Wochen Urlaub angesagt und damit nicht nur etwas Zeit, die Strapazen einer langen Saison aus den Knochen zu schütteln. Sondern auch mental wieder aufzuladen und aus dem Erlebten im besten Fall neue Kraft zu schöpfen.

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Nico Schlotterbeck hat jedenfalls eine ganze Menge mitgemacht in den letzten zwölf Monaten: den Wechsel von Freiburg nach Dortmund, den Sprung zur Stammkraft beim neuen Klub und in der Nationalmannschaft, eine ziemlich verkorkste Hinserie, das Desaster bei der WM in Katar, Dortmunds Wiederauferstehung, ein verpatztes Saisonfinale in der Liga und nun zum Abschluss eine letzte grosse Enttäuschung mit der Nationalelf.

Es gibt Spieler, die packen in ihre gesamte Karriere weniger als Schlotterbeck in seine erste Saison beim BVB. Und damit wird der erst 23-Jährige nun auch irgendwie umgehen müssen.

Das Bayern-Spiel als Knackpunkt

In den letzten Jahren ging es immer nur bergauf für Nico Schlotterbeck. In Freiburg spielte er sich ins Rampenlicht grosser Klubs, der BVB erhielt für 20 Millionen Euro Ablöse den Zuschlag und Schlotterbeck einen Vertrag bis Sommer 2027. Auf Anhieb etablierte sich der Neuling auch beim zweitgrössten Klub des Landes, verdrängte Weltmeister Mats Hummels auf die Bank.

Zwar lief es für die Mannschaft nicht immer rund, Schlotterbeck dagegen wurde nicht nur schnell zur festen Grösse, sondern auch zum heimlichen Publikumsliebling. Von den ersten 25 Ligaspielen absolvierte Schlotterbeck 23 über die komplette Spielzeit, stand immer in der Startelf. Dann kam das Spiel bei den Bayern, das 2:4. In den Tagen davor hatte er schon über muskuläre Probleme geklagt, kurz vor der Pause musste Schlotterbeck dann verletzt ausgewechselt werden.

Der diagnostizierte Muskelfaserriss beendete Schlotterbecks Saison im Prinzip schon Anfang April. Der verfrühte Comebackversuch nur drei Wochen später gegen Frankfurt endete in einer neuerlichen Verletzung, in den letzten vier Spielen der Saison sammelte Schlotterbeck nur noch eine Minute Spielzeit ein. Das war am vorletzten Spieltag in Augsburg - als für den BVB und Nico Schlotterbeck doch noch alles gut zu werden schien.

Schlotterbecks nicht erfülltes Meisterversprechen

Mit dem 3:0-Sieg beim FCA übernahm der BVB damals die Tabellenführung, die erste Meisterschaft für den BVB nach zehn Jahren und die erste für Nico Schlotterbeck überhaupt schien nur noch Formsache. "Wir werden es! Wir werden es, Männer!", schrie Schlotterbeck unmittelbar nach dem Spiel im Bauch des Augsburger Stadions in die Runde. Geworden ist es dann aber mal wieder der FC Bayern.

Die sportliche Tragödie eine Woche später gegen Mainz musste Schlotterbeck machtlos von der Bank aus verfolgen, es dürften die schwersten anderthalb Stunden seiner immer noch jungen Karriere gewesen sein. Mit der Hypothek der vielleicht einmaligen, verpassten Chance ging es in die abschliessenden Länderspiele mit der Nationalmannschaft.

Schlotterbeck verpatzte gleich das erste Spiel gegen die Ukraine komplett und fand sich in den beiden verbliebenen Partien auf der Ersatzbank wieder - während andere in der Innenverteidigung spielen durften, die dort auf Sicht als ernstzunehmende Kontrahenten gehandelt werden (Malik Thiaw) oder aber wenig Vorerfahrung für die Position mitbrachten (Emre Can).

Alles wieder auf Null

Die letzten Wochen waren besonders hart für Nico Schlotterbeck. Umso wichtiger ist nun die Zeit der Entspannung und des Verarbeitens. Zum ersten Mal in seiner Zeit als Profi sieht sich der 23-Jährige mit schweren Niederschlägen konfrontiert. Immerhin: Bisher erweckte er nicht den Anschein, dass er Rückschläge zu nahe an sich heranlässt.

Die Trotzreaktion fast der gesamten Mannschaft nach der verpassten Meisterschaft entspricht wohl auch Schlotterbecks Charakter: schnell wieder aufstehen und frisch angreifen. Das wird er auch müssen, mit dem Trainingsstart am 5. Juli beginnt für ihn alles wieder bei Null.

Schlotterbeck hätte die Saison als Meister-Stamminnenverteidiger beenden können. Tatsächlich hat sich Mats Hummels aber durch starke Leistungen wieder auf Augenhöhe mit Schlotterbeck gespielt; Edin Terzic wird also aus dem Trio Hummels, Schlotterbeck und Niklas Süle wieder einem Spieler weh tun müssen. Schlotterbecks ehemals üppiges Polster ist nicht mehr besonders komfortabel. Aber das kann ja auch ein grosser Ansporn sein.

Verwendete Quellen:

  • Süddeutsche Zeitung: Schlotterbecks Meister-Versprechen beim BVB: "Wir werden es"
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