Sechs Siege, zwei Remis, 20 Punkte nach acht Spieltagen und damit fünf mehr als zum gleichen Zeitpunkt der angelaufenen Saison: Borussia Dortmunds Zwischenbilanz nach knapp einem Viertel der Saison kann sich mehr als sehen lassen und suggeriert auf den ersten Blick: alles in Ordnung.

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Das 1:0 gegen Werder Bremen war der fünfte Bundesliga-Sieg in Serie und der 17. Sieg aus den letzten 20 Heimspielen im Signal Iduna Park - die anderen drei Partien endeten remis. Zum 56. Mal in Folge erzielte der BVB zu Hause mindestens einen Treffer und baute damit seinen Klubrekord weiter aus.

Und: Seit nunmehr 16 Spielen, seit Anfang April, ist die Borussia in der Bundesliga saisonübergreifend ungeschlagen. So lange wie kein anderer Klub der Liga. Es läuft im Moment ziemlich gut bei Borussia Dortmund - und doch besteht die Gefahr, dass der Schein ein bisschen trügt.

Der BVB arbeitet Fussball

Der Siegtreffer gegen Werder Bremen war besonders hübsch herausgespielt, fast wie aus dem Lehrbuch gegen einen tief stehenden Gegner: Felix Nmecha kam Emre Can kurz entgegen und zog damit in seinem Rücken ein Loch für Julian Brandt. Der wählte die entgegengesetzte Route und startete in die Tiefe ein. Can, ohne Balldruck, erkannte die Lücke und steckte sauber durch. Brandts feiner Lupfer vollendete den mit Abstand besten Spielzug der Partie standesgemäss.

"Das war das Muster, das wir uns ausgemalt haben: Dass wir immer einen Innenverteidiger rausziehen aus der Dreierkette mit unseren Spielern zwischen den Linien und dann der dahinter durchstartet, dass wir da Gegenbewegungen haben", freute sich Trainer Edin Terzic in der Analyse nach dem Spiel.

Das Problem war nur: In einer lange sehr zähen Partie war das letztlich entscheidende Tor so ziemlich das einzige fussballerische Highlight der Borussia. Andere Bestmarken fanden sich "nur" auf den Statistikbögen wieder. Die Borussia rannte erstmals in dieser Saison mehr als 120 Kilometer, schoss sogar 22 Mal in Richtung Bremer Tor - allerdings waren die meisten dieser Versuche nicht besonders gut vorbereitet, weshalb nur fünf auch den Weg aufs Bremer Tor fanden.

In Dortmund wird Fussball wieder mehr gearbeitet, das war eine der Botschaften des Freitagabends und im Prinzip auch der letzten Wochen. Das Dortmunder Spiel hat sich verändert - und das soll nach Edin Terzic‘ Vorgabe auch in Zukunft so bleiben.

Terzic: "Weniger sexy, mehr Erfolg"

"Wir haben lange genug im letzten Jahrzehnt schönen, sexy Fussball gezeigt. Das hat aber am Ende nicht dazu geführt, unser maximales Ziel zu erreichen", sagte Dortmunds Trainer im Rahmen seiner Spielanalyse und es klang ein wenig, als müsste oder wollte sich Terzic rechtfertigen.

Also bemühte Terzic ein paar Zahlen, um den gar nicht mehr so neuen Weg seiner Mannschaft zu unterfüttern. "Wir haben im gesamten Jahr 2023 aus 27 Spielen 66 Punkte geholt. Das ist eine sehr konstante Entwicklung." Niemand kann Terzic dabei widersprechen, so zuverlässig und routiniert wie in den letzten Monaten hat die Borussia schliesslich zuletzt unter Jürgen Klopp Punkte eingefahren. Und das ist am Ende, was zählt. "Weniger sexy, mehr Erfolg", nennt Terzic das.

Allerdings bleiben trotz dieser wirklich beeindruckenden Zahlen immer noch ein paar Restzweifel. Zum einen, weil Terzic mit seinem auf Kontrolle und Balance ausgerichteten Ansatz paradoxerweise auch ein gewisses Risiko eingeht: Die Wahrscheinlichkeit, mit einem offensiveren Ansatz mehr Torchancen und damit auch mehr Treffer zu erzielen, ist deutlich höher als mit der aktuellen Ausrichtung.

Derzeit stimmen die Ergebnisse, gegen Werder gab es nun schon das dritte 1:0 zu Hause in dieser Saison. Es bleibt aber eine Frage, ob sich der BVB eher seinem Markenkern wieder nähert: Fussball mehr zu malochen. Oder ob er sich im Vergleich zu den letzten zehn, 15 Jahren nicht doch ein Stückchen davon entfernt?

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Die nächsten Wochen werden zum Härtetest

Die tollen Statistiken sind jedenfalls zwingend auch in einem gewissen Kontext zu betrachten. Dazu gehört, dass die Borussia trotz 20 erzielter Punkte nicht Erster, Zweiter oder Dritter der Tabelle ist, sondern "nur" Platz vier belegt. Was im Umkehrschluss nichts anderes bedeutet, dass es drei Mannschaften gibt, die besser dastehen als der BVB - und zwar mit einem anderen fussballerischen Ansatz.

Spitzenreiter Bayer Leverkusen und das Überraschungsteam aus Stuttgart stehen schon bei 25 Saisontoren, also mehr als drei pro Partie. Die Bayern haben sogar noch ein Tor mehr erzielt. Der BVB fällt dagegen mit seinen 17 Saisontoren klar ab.

In den ersten acht Spielen hatte es Terzic‘ Mannschaft zudem mit keinem einzigen Top-Team zu tun. Hoffenheim als aktuell Siebter der Tabelle ist von den bisherigen BVB-Gegner am höchsten eingestuft, die anderen Gegner kamen aus dem gesicherten Mittelfeld oder der Abstiegszone.

Die nächsten Wochen werden Aufschluss geben, wie gut der Dortmunder Ansatz wirklich funktioniert. Bis zur nächsten Länderspielpause Mitte November geht es nun nacheinander gegen Newcastle (Champions League), Frankfurt, Hoffenheim (DFB-Pokal), Bayern, Newcastle (Champions League) und Stuttgart.

Verwendete Quelle:

  • youtube.com: Pressekonferenz mit Terzic & Werner | BVB - Werder Bremen
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