Zehn Wochen Pause mitten in der Saison sind ungewöhnlich, die Winterpause ist damit länger als jene im Sommer.
Dem einen oder anderen Spieler könnte die Unterbrechung ganz gelegen kommen, weil die Form in der ersten Saisonhälfte nicht gepasst hat oder Verletzungen dazwischen kamen. Für andere kommt die Pause dagegen zur Unzeit.
Eine Bestandsaufnahme in drei Teilen. Heute: Die Dortmunder Mittelfeldspieler.
Jude Bellingham: Der Fixpunkt im Dortmunder Spiel, das Scharnier zwischen Offensive und Defensive und das mit immer noch erst 19 Jahren. Bellingham hat noch mal einen grossen Schritt gemacht in seiner Entwicklung, liefert beständig gute bis sehr gute Leistungen ab und führte die Mannschaft mit vier Toren und einem Assist durch die Gruppenphase der Champions League. Aber: Bellingham ist nicht unumstritten. Der Youngster überdreht bisweilen, die Kommunikation mit dem Teamkollegen birgt Konfliktpotenzial und im defensiven Mittelfeld klaffen auch durch Bellinghams sehr freie Interpretation seiner Spielposition immer wieder grosse Lücken. Der Engländer ist Dortmunds wertvollster Spieler, aber eben auch noch nicht vollständig geschliffen.
Julian Brandt: Das ewige Talent wird endlich erwachsen. Brandt knüpfte an seine gute Vorsaison an, lebt nun offenbar noch professioneller, wirkt austrainiert und nicht mehr so fahrig. In der Offensive bringt der 26-Jährige sehr viel ein, tritt als Vorbereiter und Torschütze auf und hat sich auch im Spiel gegen den Ball verbessert: Die fast schon obligatorischen Konzentrationsmängel hat er beinahe komplett abgestellt. Der Lohn ist ein Platz in der Dortmunder Stammformation und die Nominierung für die WM.
Emre Can: Dortmunds Allzweckwaffe bleibt ein Sorgenkind. Cans Leistungen waren auch in der Hinserie wankelmütig; an sich solide bis gute Auftritte machte sich Can immer wieder durch Leichtsinn und überhastete Aktionen kaputt. So bleibt der 28-Jährige ein guter Rollenspieler, der in der Defensive und im Mittelfeld im Prinzip alle Positionen bekleiden kann. Aber den Führungsanspruch oder wenigstens eine tragende Rolle im Team kann Can weiterhin nicht ausfüllen. Stattdessen halten sich die Gerüchte um einen Verkauf des Spielers im kommenden Sommer.
Salih Özcan: Die Verpflichtung Özcans mag einige überrascht haben, im Grunde aber war der Gedanke, dem Kader eine jüngere, aggressivere Version des abgewanderten Axel Witsel zu verpassen, absolut nachvollziehbar. Özcan hatte einen guten Start, fand sich schnell zurecht und brachte seine Stärken besonders im Spiel gegen den Ball ein. Nicht zufällig startete der BVB mit einer deutlich stabileren Defensive. In den letzten Wochen fehlte aber in der Mannschaft und auch beim Spieler ein wenig die Intensität - für Özcan könnte die WM-Pause gerade recht kommen.
Giovanni Reyna: Die wichtigste Nachricht zuerst: Gio Reyna hat sich zurückgekämpft und ist gesund. Nach fast einem halben Jahr Leidenszeit ist der 20-Jährige auf dem Weg, wieder ein fester Bestandteil der Mannschaft zu werden. Unvergessen seine Tränen nach dem Tor gegen Stuttgart. Reyna firmiert beim BVB wie ein Neuzugang und deutete in den letzten Wochen an, worauf sich die Fans in Zukunft freuen können: Auf einen Spieler, der zwischen den Ketten überragend agiert, der kreativ ist und Torgefahr ausstrahlt. Sofern er gesund bleibt. Auch deshalb schaut der eine oder andere mit bangem Blick nach Katar: Reyna ist für dort für die USA im Einsatz.
Marius Wolf: Der andere grosse Allrounder im Team schlüpfte wie eigentlich immer in seine unterschiedlichen Rollen und füllte diese ordentlich aus. Wolf spielte auf fünf verschiedenen Positionen, wandelte zwischen Mittelfeld und Abwehr, bekam aber immer seine Einsatzzeiten. Zuletzt fehlte er aber wegen einer infektbedingten Gleichgewichtsstörung, die Pause dürfte wie gerufen kommen für den 27-Jährigen.
Mahmoud Dahoud: Für den 26-Jährigten war die Hinserie absolut zum Vergessen. Dahoud verletzte sich am dritten Spieltag gegen Bremen an der Schulter, die konservative Behandlung schlug nicht wie erwünscht an, also musste der Spieler doch noch unters Messer und verpasste den Rest der Hinserie. Für Dahoud beginnt die Saison damit quasi erst mit dem Start in die Rückserie Mitte Januar.
Marco Reus: Was soll man noch sagen? In den ersten Wochen der Saison erlebte der BVB den besten Reus seit Jahren. Der Kapitän war herausragend austrainiert, auf den Punkt da, in vielen Partien der Unterschiedspieler, die Führungsfigur und der wichtigste Ansprechpartner für Trainer Edin Terzic. Reus war auch fester Bestandteil in Hansi Flicks Plänen für die WM.
Dann kam das Derby gegen Schalke, die Verletzung am Sprunggelenk und in deren Folge die womöglich fatale Entscheidung, zu früh wieder einzusteigen in den Spielbetrieb. Reus stand nur vier Wochen nach der Verletzung schon wieder auf dem Platz, weil er der Mannschaft in einer schwierigen Situation helfen und seine Chance auf das WM-Turnier wahren wollte. Mit dem Resultat, dass sich das Sprunggelenk wieder entzündete, Reus die restlichen Spiele des Jahres verpasste und letztlich auch die WM - einmal mehr - ohne ihn stattfindet.
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