Der Ball ruht in der Welt des Fussballs. Ohne die wöchentlichen Spieltage stehen für die Fans nun plötzlich andere Themen auf der Tagesordnung.

Christopher Giogios
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Christopher Giogios dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Ungewissheit, wann wieder gespielt wird

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Das öffentliche Leben in Deutschland kommt aufgrund der Verbreitung des Coronavirus an immer mehr Orten und immer spürbarer zum Stillstand. Diese Situation hat längst auch den Fussball erreicht.

Die aktuellen Massnahmen sehen vor, dass die Bundesliga und die 2. Bundesliga bis mindestens zum 2. April pausieren. Das haben die 36 Profiklubs im Rahmen einer DFL-Mitgliederversammlung am Montag beschlossen.

Gleichwohl braucht es keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass auch ab April sicherlich keine Grossveranstaltungen vor Zehntausenden von Zuschauern möglich sein werden. Das Ziel der Vereine und Verbände ist daher, zumindest Geisterspiele stattfinden zu lassen.

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Watzkes Forderungen und die Kritik der Anhänger

Vor allem Borussia Dortmunds Vorstandsvorsitzender Hans-Joachim Watzke hat sich in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vor leeren Rängen stark gemacht.

Das hat natürlich vor allem finanzielle Gründe, da die Vereine derzeit um ihre Existenzgrundlage fürchten. Mit Geisterspielen wäre wenigstens die Voraussetzung für die Zahlung von Fernsehgeldern gegeben.

In der BVB-Fangemeinde werden diese Vorstösse mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. Einerseits ist für viele nachvollziehbar, dass die Vereine durch die Aussetzung des Spielbetriebs tatsächlich in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten. Sorgen muss man sich dabei natürlich weniger um millionenschwere Bundesligaprofis machen. Vielmehr haben die Vereine als mittelständische Unternehmen natürlich eine Verantwortung für ihre zahlreichen Mitarbeiter. Bei Borussia Dortmund geht es um etwa 500 Arbeitsplätze.

Gleichzeitig tun sich allerdings auch viele Anhänger schwer damit, sich in der aktuellen Lage ausgerechnet mit den Sorgen der Fussballbranche auseinanderzusetzen. Eine Branche, die wie keine andere in den letzten Jahrzehnten durch astronomische Ablösesummen und Gehaltszahlungen und Profitmaximierung auf sich aufmerksam gemacht hat.

An vielen Stellen hört und liest man stattdessen, dass die Solidarität nicht wirtschaftlich gut aufgestellten Vereinen wie Borussia Dortmund oder Bayern München gelten solle. Vielmehr seien Klubs aus den unteren Ligen deutlich schärfer betroffen.

Auch der Ruf nach einem Gehaltsverzicht der Spieler ertönt immer lauter. Die Mannschaft von Borussia Mönchengladbach erklärte sich als erste bereit, auf Geld zu verzichten. Aus der 2. Bundesliga folgten die Spieler des Karlsruher SC und des SV Wehen Wiesbaden diesem Beispiel.

Die gesundheitlichen Risiken werden dabei natürlich auch adressiert. Schliesslich müssen auch Spieler, Trainer und alle anderen Mitwirkenden eines Spieltages vor einer Infektion geschützt werden. Dabei verzeichnen bislang schon mehrere Teams Corona-Fälle in ihren Reihen.

In der Bundesliga sind bislang der SC Paderborn, Hertha BSC und Eintracht Frankfurt davon betroffen, in der 2. Bundesliga Hannover 96, der VfB Stuttgart und der 1. FC Heidenheim.

Die Fans ergreifen selbst die Initiative und werden aktiv

So oder so rechnet niemand wirklich damit, in diesem Jahr noch einmal auf der Südtribüne eine Begegnung der Schwarz-Gelben verfolgen zu können. Stattdessen hat die Fanszene von Borussia Dortmund – wie viele andere Fanszenen in Deutschland – schon früh damit begonnen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Als noch im Raum stand, das Revierderby gegen den FC Schalke 04 ohne Zuschauer abzuhalten, verkündete das Fanbündnis "Südtribüne Dortmund“ schon vor der Absage des Spieltages, dass man auf einen Treffpunkt vor dem Stadion verzichten werde.

Darüber hinaus haben organisierte Fans begonnen, in ihren Regionen Hilfsangebote für Personen einzurichten, die zu einer Risikogruppe gehören. Fangruppen von Borussia Dortmund etwa haben hierzu eine Hotline eingerichtet, um hilfsbedürftigen Menschen durch Einkäufe und Botendienste unter die Arme zu greifen.

Die Aussichten sind ungewiss

So oder so bleibt die Lage im Fussball – spiegelbildlich zur gesellschaftlichen Situation – weiterhin dynamisch. Wahrscheinlich aber wird man sich daran gewöhnen müssen, Begegnungen in den nächsten Monaten nur am Fernsehen zu verfolgen.

Absehbar ist das alles allerdings überhaupt nicht. Jürgen Klopp, der in der BVB-Fangemeinde ja quasi Legendenstatus besitzt, hat es vermutlich ganz treffend ausgedrückt: "Heute sind der Fussball und Fussballspiele überhaupt nicht wichtig.“

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