Änis Ben-Hatira erinnert uns daran, dass es auf dieser Welt noch Helden gibt. Werder Bremen erinnert uns daran, dass wir dringend eine neue Casting-Show brauchen. Und Borussia Dortmund erinnert uns an Gary Lineker. In unserer Serie ziehen wir die etwas anderen und meist nicht ganz ernst gemeinten Lehren des jeweiligen Spieltags der Fussball-Bundesliga.
1. Erkenntnis: Im Fussball werden Helden geboren – aber nicht nur da
Es gibt gewisse Gründe, weshalb mehrere Millionen Menschen dem Fussball Woche für Woche ihr Wochenende opfern. Hübsche Tore zum Beispiel; die gnadenlos euphorische Freude bei einem unerwarteten Sieg; auf irgendeine verquere Art und Weise die Trauer bei Niederlagen; der Diskussionsstoff, der uns durch die Woche bringt; die seltsame Verbundenheit, die man zu den Spielern auf dem Platz aufgebaut hat, obwohl man nur in den seltensten Fällen schon einmal ein Wort mit ihnen gewechselt hat; und natürlich die manchmal etwas übertrieben dargestellten Heldengeschichten. Die erscheinen uns im Fussball umso präsenter, weil die meisten Menschen in ihrem Alltag herzlich wenig Heldenhaftes erleben.
Nelson Valdez zum Beispiel: Nur wenige Menschen ausserhalb von Frankfurt hatten wohl noch auf dem Schirm, dass der Stürmer aus Paraguay derzeit bei der Eintracht unter Vertrag steht. Dann wird Valdez nach einem halben Jahr Kreuzbandmist eingewechselt und trifft prompt per Heber gegen Paderborn. Und wer Valdez' ausbruchsartigen Jubel gesehen hat, glaubt ihm, wenn er sagt: "Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Wie nach meinem ersten Tor." Heldenhaft.
Auch vor Rene Adler müssen wir unseren Hut ziehen. Nach Drobnys Roter Karte kam der ehemalige Nationaltorhüter für den Hamburger SV aufs Feld. Obwohl das Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim mit 0:3 verloren ging: Adler hat gezeigt, dass er noch da ist – trotz genug (Verletzungs-)Pech für drei Karriereenden.
Und dann ist da noch Änis Ben-Hatira, der sich nach seinem Tor für Hertha BSC gegen den FC Schalke 04 eine Spiderman-Maske reichen liess. Dafür gab's zwar Gelb, aber damit löste er ein Versprechen ein, das er einem krebskranken Jungen gegeben hatte. Eine schöne Geste, mit der der sonst leicht prollig wirkende Ben-Hatira eine ganz neue Seite an sich offenbart und uns an eine Sache erinnert: Auf dem Platz werden vielleicht Fussball-Helden geboren, wahre Helden sind aber Menschen wie der von Ben-Hatira gegrüsste Jannik, der den Krebs besiegt hat.
2. Erkenntnis: Borussia Dortmund orientiert sich an Gary Lineker
Irgendwie schienen die Spieler des BVB nach dem 0:0 gegen den 1. FC Köln leicht geknickt. Haben wir nicht verstanden. Wir dachten, wir hätten da einen ausgefuchsten Plan à la Gary Lineker erkannt, der zu seiner aktiven Zeit folgendes Ritual pflegte: "Beim Warmmachen habe ich niemals aufs Tor geschossen, denn ich wollte kein Tor vergeuden. Ich wollte mir die Treffer fürs Spiel aufsparen."
Wenn man nun die Nullnummer gegen den Effzeh als Warmmachen für das Champions-League-Rückspiel gegen Juventus Turin versteht und Lineker für einen absoluten Fussball-Guru hält, dann hat der BVB absolut alles richtig gemacht. Sogar Aubameyang hätte den Ball lieber per Hand hinter die Torlinie bugsiert, als den Fuss abzunutzen. Braver Pierre-Emerick.
Die logische Konsequenz: Wir erwarten gegen die "Alte Dame" am Mittwoch (20:45 Uhr bei uns im Liveticker) ein Torfestival. Aber hey, kein Druck.
3. Erkenntnis: Deutschland braucht eine neue Casting-Show
Es ist wirklich herzallerliebst, dass die Gegner des FC Bayern München sich so freuen, dass sie Besuch aus dem Süden kriegen. Dass sie dem FCB die drei Punkte quasi hinterherschmeissen. Aber wenn wir nochmal eine Aussage wie "Wir sind stolz auf das 0:4." (Bremen-Trainer Viktor Skripnik) hören müssen, dann könnte es sein, dass wir leicht ausflippen.
Unser Vorschlag deshalb: Deutschland braucht eine neue Casting-Show. "Deutschland sucht den Bayern-Gegner" könnte sie zum Beispiel heissen. Wir stellen uns eine Jury aus Lothar Matthäus (immer noch Wut im Bauch nach Absage Greenkeeper-Job), Jupp Heynckes (vom Rentnerleben gelangweilt) und Dieter Bohlen (ist ja in jeder Casting-Show dabei) vor. Mitmachen darf jeder, der einen sinnvollen Pass über fünf Meter spielen kann oder Bundesliga-Erfahrung hat; und dem es bei dem Satz "Wir sind stolz auf das 0:4" ähnlich graust wie uns.
4. Erkenntnis: Bakalorz hat vielleicht eine kleine Sehschwäche
Kurioseste Szene des 25. Spieltags: Marvin Bakalorz vom SC Paderborn rennt den bedauernswerten Schiedsrichter Winkmann um. Der muss behandelt werden. Selbst nach mehrmaligem Studium der Fernsehbilder wissen wir noch nicht so recht, was Bakalorz in diesem Moment geritten haben muss. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
Entweder hat Bakalorz den Schiedsrichter tatsächlich nicht gesehen, oder er dachte, es wäre wieder Marco Reus.
In beiden Fällen muss die Erkenntnis lauten: Bakalorz muss eine Sehschwäche haben. Augenärzte Paderborns, vereinigt euch!
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