Raufen sich Werder Bremen und der Hamburger SV endlich zusammen und gründen einen Chaosklub? Was haben Markus Weinzierl und Alex Zorniger gemeinsam? Und warum zur Hölle darf Franck Ribery eigentlich machen was er will? Die (nicht immer ganz ernst gemeinten) Lehren des 5. Spieltags der Bundesliga.

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1.Lehre: Der Hamburger SV ist einsame Spitze

Jetzt hast du’s also wieder geschafft. Hast vier Tage lang rumgeiert, laviert, dich wieder mal zum Gegenstand hitziger Debatten gemacht: Darf man das so? Ist das denn nicht peinlich? Und wie immer war es dir völlig egal.

Du, Hamburger SV, hast deinen Trainer rausgeschmissen.

Es war ja klar, was passieren wird. Einem Trainer das "Vertrauen" auszusprechen bis er dann ein Spiel gegen den FC Bayern München bestreiten muss, welches wiederum über seine Zukunft entscheidet: Das war schon ziemlich makaber. In dieser Beziehung macht dir in der Bundesliga keiner was vor.

Bruno Labbadia hat keine Argumente gesammelt, klar. Der HSV ist Drittletzter (mal wieder), er ist die schlechteste aktuelle Bundesligamannschaft des Kalenderjahres. Das Team stagniert, dabei wurde es doch - aufopferungsvoll alimentiert - ordentlich aufgebessert. Also zumindest auf dem Papier.

Also wird in Hamburg gemacht, was in Hamburg in so einer Situation eben gemacht wird: Man schmeisst das schwächste Glied der Kette raus. Nun hat sich der HSV damit an die Spitze europäischer Grossklubs katapultiert wie durch Magaths Schuss damals. 22 Trainer in 20 Jahren hat der HSV durchgebracht.

In Madrid (21), Chelsea (16) Barcelona (13) oder bei den Bayern blickt man ehrfurchtsvoll nach Hamburg. Die ganz grosse Komödie, die führt der HSV auf. Aber wer kontrolliert eigentlich, was die andere Grösse da so treibt? Dietmar Beiersdorfer hat in zwei Jahren ziemlich viel zerdeppert und falsch gemacht, unter ihm wäre der HSV zweimal fast abgestiegen und hat rund 50 Millionen Euro nur auf dem Transfermarkt Miese gemacht.

Beierdorfer war als Retter angetreten, mittlerweile sehen die meisten ihn als das eigentliche Übel des schleichenden Niedergangs. Der HSV bräuchte einen neuen starken Mann, damit Beiersdorfer - der eine grauenhafte Aussendarstellung hatte in den letzten Tagen - endlich wieder nur als Sportdirektor wirken kann. Vielleicht bekommt er dann wieder mehr auf die Reihe.

Mit Markus Gisdol darf sich der Nächste versuchen. Klaus-Michael Kühne wird das freuen. Es wird eine Frage der Zeit sein, bis KMK seine Saisonprognose von "Platz sechs bis acht" gleich mal rauf auf "Champions, aber mindestens Europa League" revidiert. Wir harren der Dinge…

2. Lehre: Ein schönes Dilemma da in Bremen

Am Ende war es so wie in den glückseligen 80er Jahren. Ein Werder-Wunder wurde gefeiert. Nicht im Europapokal gegen Moskau, BFC Berlin oder Anderlecht - sondern in der Bundesliga, gegen die graue Maus Wolfsburg. Aber man ist ja mittlerweile schon mit wenig zufrieden in Bremen.

Da wird ein läppischer Bundesligasieg gefeiert wie die Meisterschaft und Alexander Nouri, dessen Name zwei Drittel der Fans im Stadion vor wenigen Tagen gar nicht kannten, soll die neue Wunderwaffe sein? "Nouri, Nouri"-Sprechchöre waren zu vernehmen, die Leute waren wie hypnotisiert.

Aber ist es das, was diese Bremer Mannschaft jetzt braucht? Einen neuen Versuch wie einst mit Viktor Skripnik? Den Trainer der U 23 hochziehen, ihn ein paar Spiele gewinnen lassen, die Fans emotional packen, das Ganze in den Kontext der Werder-Familie packen und dem Nachwuchstrainer dann einen Profivertrag geben?

Alexander Nouri ist ganz sicher ein guter Trainer und vor allem offenbar ein toller Typ. Ganz anders als sein Vorgänger, an der Seitenlinie, in den Interviews. Und der Mann tanzt! Peter Neururer sass zu Hause vor dem Fernseher und hat vor Wut ein Stück vom Wohnzimmertisch ausgebissen. Da kann einer den Shuffle besser als er …

Aber Bremens Mannschaft benötigt wohl eher einen Trainer, der inhaltlich dauerhaft überzeugen kann. Emotionale Strohfeuer gab es in den letzten Monaten genug. Jetzt muss eine solide Konstanz her. Vielleicht mit Nouri, vielleicht aber auch mit einem anderen.

Wenn Werder jetzt aber die Idee mit Herzerl Andi Herzog verfolgt, mit einem Standby-(Co)-Trainer der US-Nationalmannschaft und der US-U23, der keinerlei Erfahrung hat im Tagesgeschäft eines Proficoachs: Dann sollten sie in Bremen vielleicht mal in Hamburg anrufen und fragen, ob man nicht fusionieren möchte. Solche Ideen hat sonst doch nur der HSV.

3. Lehre: König Franck darf alles

Auch auf die Gefahr hin, dass gleich noch der eine oder andere Tritt, eine Watschn oder ein Schlag vergessen wird - hier mal der Versuch, Franck Riberys Historie in der Bundesliga aus etwas anderer Perspektive zusammenzufassen:

Ellbogenschlag gegen Karlsruhes Görlitz. Offene Sohle gegen Lyons Lopez. Schlag gegen Wolfsburgs Mandzukic. Watschn gegen Augsburgs Koo. Ein Foul als Anschlagsversuch gegen Juves Vidal. Tätlichkeit gegen Dortmunds Lewandowski. Ohrfeige gegen Reals Carvajal. Versuchte Tätlichkeit gegen Donezk' Costa. Tätlichkeit gegen Braunschweigs Kessel. Finger im Auge von Dortmunds Castro. Ellbogenschlag gegen Dortmunds Passlack. Wangenkneifer gegen Hamburgs Müller.

Man übertreibt nicht, wenn man behauptet, dass Franck Ribery mit ein bisschen Pech ein Dutzend Mal vom Platz hätte fliegen müssen, seit er für die Bayern aufläuft. Erwischt hat es ihn ganze zweimal.

Am Wochenende in Hamburg wischte er Nikolai Müller durchs Gesicht. Der beschwichtigte danach zwar, trotzdem bleiben Fragen: Ist Ribery nicht kurierbar? Warum macht er das in immer kürzeren Abständen? Und warum wird er von den Schiedsrichtern eigentlich nicht sanktioniert wie fast jeder andere Bundesligaprofi auch?

Wenn schon der DFB in Gestalt seiner Ordnungshüter auf dem Rasen nicht entsprechend durchgreift, sollten vielleicht die Bayern selbst mal darüber nachdenken, den eigenen Spieler zur Räson zu rufen. Einige seiner Mitspieler hatten das kürzlich ja bereits versucht, ganz offenbar ohne den grossen Erfolg. Ein Klub wie der FC Bayern würde Grösse zeigen, würde er seinen Spieler intern sperren.
Respekt, Vorbildfunktion oder Fairplay bleiben ansonsten tolle Schlagworte, die vom Primus aber nicht entsprechend mit Leben gefüllt werden.

4. Lehre: Is' ja gut jetzt…

Wie lange soll das jetzt noch weitergehen? 34 Spieltage, 34 Mal mehr oder weniger tiefschürfender Protest gegen RB Leipig? Auch in Köln war das so. So mit Sitzblockaden und ein paar saftigen Statements auf den Tribünen, bis hin zu Dingen, die jenseits des normalen Protests zu verorten sind.

Ja, Leipzig ist ein olles Marketingprodukt und sehr vielen Fans geht das ziemlich auf die Nerven. Das muss man dann auch mal ansprechen dürfen. Aber jetzt jede Woche eine neue Aktion, die so aufregend und innovativ ist wie ein Nokia 6310? Naja. Irgendwann wird das alles doch auch langweilig.

Und wenn dann der Sponsor des FC den Gegner als Projektionsfläche für eine eigene Marketingidee nutzt, wirkt das alles nur noch komischer.

5. Lehre: Hallo, Schalke! Jemand zu Hause?

Vielleicht sollte Markus Weinzierl mal die Handynummer von Alexander Zorniger rauskramen und schnell in Kopenhagen durchklingeln. Der hatte letzte Saison mit dem VfB alles anders und besser machen wollen und war dann mit fünf Niederlagen aus den ersten fünf Spielen gestartet.

Weinzierl (und Christian Heidel) und Schalke: das sollte die ganz grosse Nummer werden, die Abkehr von der Skandalnudel der letzten Jahre, es sollte endlich wieder schön werden und heimelig und erfolgreich. Und jetzt: Fünf Niederlagen in Serie, 18. Platz.

Und immer noch stellen sich einige Spieler hin und verweisen auf Mönchengladbach in der letzten Saison, die genauso schlecht gestartet, später aber noch in die Champions League eingezogen sind. Nochmal zur Erinnerung: Ihr seid nicht Gladbach! Gladbachs Trainer ist damals zurückgetreten, die Mannschaft war eine vernünftig gewachsene Einheit mit Struktur und Hierarchie.

Schalke ist immer noch kaum mehr als ein Versprechen, der Trainer nach tollen Jahren in Augsburg ganz schön entzaubert - und der Sportdirektor stocksauer:

"Der Zeitpunkt ist gekommen, um ein paar Dinge festzustellen. Dem ein oder anderen ist offenbar noch nicht bewusst, wo wir zurecht stehen […] Das hat mit Mentalität und Charakter zu tun […] Es ist Zeit für eine Zäsur. Hier herrscht eine Lethargie. Aber das werden wir nicht länger zulassen. Dann spielen andere. Die, die dieses Phlegma haben, spielen dann nicht mehr. Dann kommen Leute rein, die malochen. So gut sind wir nicht. Momentan sind wir sogar ziemlich schlecht. Nach zwei Minuten sind die ersten schon wieder beim Essen. Ich kann nichts essen. Ich werde die Tabelle ausschneiden, sie vergrössern, und sie in die Kabine hängen."

Heidel und Weinzierl erleben gerade was es heisst, auf Schalke zu arbeiten. Wollen wir hoffen, dass sie da noch einiges geraderücken dürfen.

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