Der nationale Fussball erwacht nach und nach aus seiner Sommerpause. Während Teams unterer Klassen bereits in die Saison 2021/22 gestartet sind, startet am Freitag, dem 13. August 2021 die 1. Bundesliga der Männer und zwei Wochen später die 1. Frauen-Bundesliga in die neue Saison. Zeit für einige Wünsche für die kommende Spielzeit in Deutschland.
Wunsch 1: Wertschätzung des Frauenfussballs
Seit dieser Saison werden alle Spiele der 1. Bundesliga live übertragen, wenngleich nicht im Free-TV. Was für Männerfussball bereits seit zwei Jahrzehnten möglich ist, kommt nun auch dem Frauenfussball zugute.
Doch Vorfälle bei Übertragungen der letzten Jahre lassen letzte Zweifel aufkommen: Da wurden ohne Vorwarnung Fussballspiele durch Übertragungen anderer Sportarten ersetzt. Bei der Übertragung des Champions League Finales (im Free TV) lief noch Werbung im Fernsehen, während das Spiel angepfiffen wurde und kurz danach das erste Tor fiel.
Statt einer Entschuldigung folgte eine Begründung, die deutlich zeigt: Werbung wird höher priorisiert als das Spiel selbst, denn sie finanziert es. Doch ist das im Männerfussball anders?
Der fade Beigeschmack bleibt, dass Medien vor allem aus Prestige- und Publicity-Gründen Frauenfussball zeigen, und nicht, um ihn bekannter zu machen und damit professionellere Strukturen zu ermöglichen.
Schön wäre es, wenn eine solche Sichtweise diese Saison ein Ende hat. Denn Fussball ist Fussball, egal, wer ihn kickt.
Wunsch 2: Gemeinsam spielen
Damit kommen wir direkt zum zweiten Wunsch: Was in den Niederlanden seit dieser Saison im Amateursport umgesetzt wird, ist auch beim DFB im Gespräch: Nicht nur im Junior*innen-Bereich, sondern im gesamten Amateurfussball können alle zusammen Fussball spielen.
Nicht das Geschlecht entscheidet, sondern das spielerische Können. Das birgt sicherlich Herausforderungen für alle Geschlechter, stärkt aber die kollektive Intelligenz der Teams und wirkt perspektiverweiternd.
Ein Modell, das hoffentlich im kommenden Jahr auch für Deutschland beschlossen wird.
Wunsch 3: Konsequenter Einsatz des Drei-Stufen-Plans bei jedweder Diskriminierung
Seit 2019 gibt es einen Drei-Stufen-Plan, der bei diskriminierendem Verhalten auf dem Platz oder den Rängen von dem Schiedsrichter oder der Schiedsrichterin eingefordert werden kann und soll. Doch in den beiden vergangenen Saisonen war das nur selten der Fall.
Queerfeindliche Sprüche auf dem Feld und am Spielfeldrand führten manchmal zu einer Geldstrafe. Das gleiche gilt für rassistische Äusserungen und dabei ist völlig unerheblich, ob Absicht vorlag oder nicht.
Tatsächlich gab es ein paar wenige Spiele, in denen die ersten Stufen des Plans beansprucht wurden. Am meisten im Gedächtnis geblieben ist uns allen jener Tag, an dem ein Spiel wegen diskriminierender Äusserungen gegen Dietmar Hopp unterbrochen wurde.
Eine Welle der Entrüstung folgte und stellte die Verhältnismässigkeit in Frage: Warum wird hier der Plan so konsequent durchgeführt, nicht aber bei queerfeindlichen oder rassistischen Vorfällen?
So bleibt der Wunsch, dass in der kommenden Saison auch andere und gesellschaftlich problematischere Themen zur Anwendung des Drei-Stufen-Plans führen. Denn dafür wurde der Plan ursprünglich eingeführt.
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Wunsch 4: Nachbesserung der Corona-Vorgaben
Keine Frage: Die Voraussetzungen im Herbst und Winter 2021 sind andere als noch ein Jahr zuvor. Mehr als jede zweite Person in Deutschland hat einen vollständigen Impfschutz. Und dennoch wären bessere und auch konsequentere Massnahmen im Fussball sinnvoll.
Kommt nach ein oder mehreren positiven PCR-Tests das gesamte Team in Quarantäne oder nur die Erkrankten und Personen, zu denen nicht ausreichend Abstand gehalten wurde? Und wenn ein Spiel auf Grund dieser Quarantäne nicht möglich ist, wird es verschoben oder abgesagt und damit als verloren gewertet?
Je nach Liga gibt es unterschiedliche Prozedere, die im Fall einer Corona-Erkrankung in einem Fussballteam greifen. Doch warum sind hier nicht die gleichen Massstäbe möglich?
Ein Ungleichgewicht, das vorrangig aus wirtschaftlichen Gründen entsteht und irritiert: Steht die Gesundheit aller nicht an erster Stelle? Schon allein aus Akzeptanzgründen wäre eine einheitliche Regelung für Profi- und Amateursport nötig.
Wunsch 5: Neue Führungsriege im DFB
Die Querelen rund um die Interims-Doppelspitze des DFB rissen in der Sommerpause kaum ab. Ausgerechnet während der Europameisterschaft stellte die Führung mehrere Weichen und besetzte beispielsweise den Ethikrat neu, konnte aber nicht vermeiden, dass im Zuge dessen neue, irritierende Einzelheiten im Fall Koch/
Beinahe hätte es kaum jemand bemerkt.
Zuletzt war im Gespräch, dass Bibiana Steinhaus-Webb Kochs Posten übernimmt und zusammen mit Peter Peters die Geschäfte leitet.
Doch vielleicht waren es nur Gerüchte, da die ehemalige Schiedsrichterin künftig ihre Erfahrungen in die Ausbildung und Weiterentwicklung von Schiedsrichterinnen einbringt - jedoch nicht in Deutschland, sondern in England als Teil der Schiedsrichtervereinigung PGMOL. Schade, denn auch in Deutschland haben wir grossen Bedarf an einer besseren Unterstützung für Schiedsrichterinnen.
Es bleibt der Wunsch, dass am Ende der Saison ein oder zwei neue Gesichter den DFB vertreten, die den Verband nachhaltiger, fortschrittlicher und diverser machen. Ein Konzept hat bereits in der vergangenen Spielzeit die Initiative Fussball Kann Mehr geliefert, der auch Bibiana Steinhaus-Webb angehörte.
Wunsch 6: Gesundheit der Spieler*innen ernst nehmen
Im Frühjahr 2021 wurde vom IFAB (International Fooball Assosciation Board) der Startschuss für ein Experiment gegeben, dem ab Sommer fünf Länder folgen und ein Experiment umsetzen: In England, Japan, den USA, der Niederlande und in Portugal werden bei möglichen Kopfverletzungen weitere Wechsel nach einem festgelegten Prozedere möglich ("Concussion protocol").
Deutschland beteiligt sich nicht an dem Experiment, doch es wäre wünschenswert, wenn sich die Teams an sechs Worte des Protokolls halten: "If in doubt, sit them out" (sinngemäss: "Wenn es Zweifel gibt, wechsle lieber aus", Anm. d. Red). Eine Aussage des Spielers oder der Spielerin reicht nicht aus, um die Spielfähigkeit zu bestimmen.
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