Die Bayern machen acht Tore offenbar zu ihrem neuen Standard und drohen der Liga schon beim ersten Spiel die nächste grosse Langeweile an.
Es war eine ziemliche Schnapsidee der Deutschen Fussball-Liga, im Eröffnungsspiel der neuen Saison den FC Bayern auf den FC Schalke loszulassen. Das konnte man im Vorfeld der Partie bereits erahnen
Den Beweis gab es dann am Freitagabend, als die mit weitem Abstand beste Mannschaft des Kalenderjahres die mit weitem Abstand schlechteste Mannschaft des Kalenderjahres, man muss das so hart sagen, zur Schlachtbank führte.
Das 8:0 war beste Werbung für die Überlegenheit den FC Bayern, für die Bundesliga hätten Spielverlauf und Spielausgang aber kaum mehr Schaden anrichten können.
Nur der FC Bayern entscheidet über die Meisterschale
Die DFL verweist ja gerne darauf, dass die Welt zuschaut beim ersten Spiel der Bundesliga, in rund 200 Ländern soll die Partie zu sehen sein. Also sah die Welt, dass die Bundesliga ein ziemlich kaputter Wettbewerb sein dürfte.
Jedenfalls ertappt sich wohl der eine oder andere selbst, ein Ergebnis dieser Art nur noch mit einem Achselzucken zur Kenntnis zu nehmen. Ja, schon irgendwie krass. Aber keine Sensation, es sind doch die Bayern...
Sollte es so etwas wie Vorfreude auf die Saison gegeben haben, vielleicht auch auf einen einigermassen spannenden Meisterschaftskampf - die Bayern haben diesen vagen Hoffnungen gleich mal den Stecker gezogen.
Nun wird der Titel auch in dieser 58. Auflage der Bundesliga nicht schon am ersten Spieltag vergeben, aber die Ansage der Bayern war absolut unmissverständlich: Nur wir alleine entscheiden, ob überhaupt eine andere Mannschaft an die Schale heranschnuppern darf.
Bayern wischt die Probleme einfach weg
Das 8:0 war der 22. Pflichtspielsieg der Bayern in Folge, eine jetzt schon monströse Zahl, die die Rekordjäger aus München weiter nach oben treiben wollen. Das ist die eigentliche Kunst und das grösste Verdienst der Mannschaft: Es ist noch keine vier Wochen her, da feierten die Bayern das Triple. Danach gab es ein paar Tage Urlaub, dann zehn Tage eine Art Vorbereitungsprogramm. Kein Trainingslager, dafür etliche Abgänge.
Am Freitag noch verliess Thiago, der derzeit wahrscheinlich beste Mittelfeldspieler der Welt, die Bayern Richtung Liverpool. Um
"Es lag schon auch am Gegner"
Natürlich gehört auch zur Wahrheit, dass der Schalker Auftritt schlicht unterirdisch war. "Es lag schon auch am Gegner", sagte Thomas Müller nach dem Spiel bei "DAZN". "Ich spreche selten über den Gegner, aber heute war ich auf dem Platz schon manchmal überrascht, wie leicht einige Pässe gespielt werden konnten."
Eine Viertelstunde lang zeigten die Gäste noch so etwas wie offensives Engagement und sogar ein paar gute Ansätze. Aber was genau der Plan in der Defensive sein sollte, warum Schalkes Abwehrkette nahe der Mittellinien herumturnte und damit einen Tiefenball nach dem anderen kassierte und in der Folge auch Gegentor um Gegentor, warum nicht wenigstens in der zweiten Halbzeit auf Schadensbegrenzung gegangen wurde und das Zentrum geschlossen?
Diese Fragen stehen im Raum und werden Schalke im Allgemeinen und Trainer David Wagner im Speziellen in der sehr langen kommenden Woche bis zum nächsten Spiel gegen Werder Bremen begleiten.
Das Problem ist aber nicht der FC Schalke 04 und seine Nichtleistung in München. Das Problem ist, dass man sich Partien dieser Geschmacksrichtung nun im Drei- oder Vier-Wochen-Takt gegen zwei Drittel aller Gegner in der Bundesliga vorstellen könnte.
Vielleicht lassen sich Dortmund, Leipzig oder Gladbach nicht komplett auseinanderschrauben, aber alle anderen? Augsburger, Mainzer, Stuttgarter, Bremer, Bielefelder und so weiter. Die Bayern-Fans werden sich daran nicht satt sehen können, der grosse Rest langweilt sich.
Selbst eine bessere U23 reicht
Den Kantersieg gegen Schalke erklärte Vorstandsmitglied
Dem neutralen Fan schiesst sofort die Ankündigung von Trainer Hansi Flick durch den Kopf, in den nächsten Wochen bis zum Ende der Transferperiode noch den einen oder anderen Zugang verpflichten zu wollen. Der sich dann ja wahrscheinlich auch zeigen will…
So wie die jungen Wilden, die Trainer Flick in der zweiten Halbzeit nach und nach ins Spiel warf. Am Ende stand eine bessere U23 auf dem Platz mit weitgehend eher unbekannten Spielern aus der zweiten Mannschaft. Die Überlegenheit der Bayern blieb trotzdem so frappierend, dass der erst 17-jährige Jamal Musiala ein Tor erzielen durfte und damit zum jüngsten Bayern-Torschützen überhaupt in der Bundesliga wurde. Einen Teil der Fans auf den Rängen wird‘s sehr gefreut haben. Wegen der Indzidenzzahlen waren keine "normalen" Zuschauer erlaubt, nur ein paar handverlesene Angestellte der Klubs.
Aufregung auf den Rängen
Bei den Bayern war dies die fast komplette Vorstandsriege, von Kahn bis zum Ehrenpräsidenten Uli Hoeness. Auf der Ehrentribüne wurde es richtig eng, die Herren sassen dicht an dicht ohne Abstand neben- und übereinander und einen Mund-Nasen-Schutz trug kein einziger.
Laut behördlicher Verordnung des bayerischen Gaststättenverbands ist das so in Ordnung, als Signal an die Welt da draussen aber nur fatal. In einer Stadt, in der am Samstag eigentlich die Wiesn hätte eröffnet werden sollen und wo nun stattdessen die Angst vor neuen Rekord-Fallzahlen umgeht. Und in einem Amüsierbetrieb, der sich doch immer so demütig gibt, um seine Pfründe zu sichern, der anders als Handballer, Basketballer oder die Eishockeyspieler sein Geschäft längst schon wieder am Laufen halten darf.
Dass es auch der kleinen Schalker Delegation offenbar an Platz im ansonsten komplett leeren Stadion mangelte, passte ins Bild. Dass darunter aber auch der zurückgetretene Clemens Tönnies sass, beim FC Schalke ohne offizielle Funktion, war ein anderer Tiefpunkt aus Schalker Sicht an diesem Abend. Wie selbstverständlich hatte Tönnies neben dem Technischen Direktor Michael Reschke Platz genommen und wohl nicht nur das Gros der Schalker Fans zu Hause fragte sich, ob dieser Klub, ob Tönnies, aus den letzten Wochen und Monaten überhaupt etwas gelernt habe. Die Antwort lautet: Nein.
Verwendete Quelle:
- dazn.com: David Wagner: „Wir haben uns naiv angestellt“
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.