Der FC Bayern München ist Deutscher Meister und der SV Meppen steigt ab. Der letzte Spieltag sorgte für wenig Überraschungen. Doch die Bundesliga-Spielzeit insgesamt hatte es in sich. Fünf Erkenntnisse zum Abschluss der Saison.
Der FC Bayern München ist Deutscher Meister und der SV Meppen steigt ab in die zweite Bundesliga. Am letzten Spieltag gab es keine grossen Überraschungen mehr, stattdessen war in der Abschlusskonferenz nach wenigen Minuten schon alles entschieden. Die Saison als Ganzes hatte aber viel zu bieten. Hier kommen fünf Erkenntnisse zur ersten Spielzeit nach der grossen EM-Euphorie im vergangenen Sommer.
Meisterschaftskampf: Aufbruch für den FC Bayern München, Motivation für Wolfsburg
Als der FC Bayern München 2021 die Deutsche Meisterschaft gewann, konnte die Leistung im Folgejahr recht deutlich nicht bestätigt werden. Auf eine starke Saison folgte eine durchschnittliche. Regression statt Aufbruch. Das war absehbar, weil das Team unter Jens Scheuer bereits das Maximum erreicht hatte und nicht in der Lage war, sich fussballerisch weiterzuentwickeln.
Auch im Jahr 2023 ist der FCB nun Deutscher Meister. Doch anders als 2021 wirkt es so, als würde das erst der Anfang sein und als könne man in allen Bereichen noch besser werden. "Wir werden in der kommenden Saison viel stärker sein als in dieser", kündigte Alexander Straus bei "Magenta Sport" zum wiederholten Male an. Man befinde sich in einem Prozess. Tatsächlich konnten sich die Bayern unter ihrem neuen Trainer im Saisonverlauf steigern. Jetzt soll der Kader in allen Bereichen nochmal verstärkt werden.
Für den VfL Wolfsburg sind das gute Nachrichten – und schlechte. Einerseits könnte das Dauerabo auf die Meisterschaft endgültig beendet sein. Andererseits hilft der Ansporn durch den FC Bayern dabei, selbst auf höchstem Level zu agieren. Die kommende Saison verspricht im Kampf um die Meisterschaft abermals spannend zu werden.
Eintracht Frankfurt vor richtungsweisendem Sommer
Und wer weiss? Vielleicht kann sogar ein drittes Team eingreifen. Fast schon unter dem Radar hat Eintracht Frankfurt in dieser Saison 54 Punkte eingesammelt. In den letzten zehn Jahren hätte das fünfmal zur Vizemeisterschaft gereicht. Nach dem frühen Schock in der Qualifikation zur Champions League, als Ajax in letzter Sekunde für das Aus vor der Gruppenphase sorgte, konnte die SGE nochmal einen Zahn zulegen.
Vor allem im Bundesliga-Alltag haben die Frankfurterinnen grosse Schritte nach vorn gemacht. Wo früher die spielerische Qualität fehlte, um tiefstehende Gegnerinnen an jedem Spieltag zu knacken, hat die Eintracht in dieser Spielzeit souverän und konstant gute Leistungen gezeigt. Defensiv stabilisiert und offensiv mit grosser individueller Qualität ausgestattet, sicherte man sich frühzeitig und verdient den begehrten dritten Platz.
In der kommenden Saison gibt es also die nächste Chance, sich für die Gruppenphase zu qualifizieren. Doch ob Frankfurt die Lücke zu Bayern und Wolfsburg wirklich schliessen kann, hängt auch davon ab, ob sie ihren Kader zusammenhalten können. Sjoeke Nüsken wird zu Chelsea wechseln, Camilla Küver geht zum VfL Wolfsburg und auch Laura Feiersinger wird die Eintracht verlassen. Andere Spielerinnen haben ebenfalls das Interesse zahlreicher Topclubs geweckt.
Je grösser der Umbruch wird, desto schwieriger wird es auch, diese erfolgreiche Bundesliga-Saison zu wiederholen. Anschluss zur Spitze wird man nur halten können, wenn die Schlüsselspielerinnen des Kaders davon überzeugt werden können, den Weg mit Frankfurt weiterzugehen. Kommen sinnvolle Verstärkungen hinzu, kann die SGE womöglich für eine kleine Überraschung an der Spitze sorgen.
SGS Essen: Der letzte seiner Art
Für Fussballromantiker und -romantikerinnen war es keine gute Saison. Mit Turbine Potsdam verabschiedet sich nicht nur eine einstige Champions-League-Siegerin in die zweite Bundesliga, sondern auch einer von zwei verbliebenen Klubs, die vorrangig im Fussball der Frauen zu Hause sind.
Die SGS Essen ist also der letzte verbliebene Verein seiner Art und wird auch in der kommenden Saison um sein Überleben kämpfen. Anders als bei der Konkurrenz ist es ihm nicht möglich, ein Minus in Millionenhöhe durch die Einnahmen der Männerfussballabteilung auszugleichen. Wieder werden zahlreiche junge Talente das Team verlassen. Das ist die Realität der letzten Jahre und letztendlich auch die Strategie. Eine, die bisher erfolgreich ist.
Essen zählt zu den besten Ausbildungsorten im Fussball der Frauen. Auch in dieser Saison haben sich wieder zahlreiche Talente wie Beke Sterner, Sophia Winkler oder Vivien Endemann hervortun können. Endemanns Wechsel zum VfL Wolfsburg steht bereits fest.
Der Bundesliga tut Essen gut. "Die Realität ist leider, dass es für solche Vereine schwierig wird", stellte Bianca Rech bei "Magenta Sport" fest. Das sei eben die Entwicklung des Fussballs der Frauen. In Essen weiss man darum, wird sich aber dennoch im Stich gelassen fühlen. Wie lange sie sich mit ihrer wichtigen Arbeit in der Talenteentwicklung noch in der Bundesliga halten können, bleibt abzuwarten.
Bundesliga: Die Schere geht weiter auf
So viele Zuschauerinnen und Zuschauer wie nie und ein insgesamt wachsendes Interesse am Fussball der Frauen – das Fazit zur Bundesliga-Saison ist ein Positives. Und doch bereiten einige Entwicklungen Sorgen. Beispielsweise die bereits aufgegangene Schere zwischen Spitze und Tabellenkeller. Zwischen dem vierten und dem fünften Platz klafft eine Lücke von 18 Punkten. Bayer Leverkusen hat als Fünfter weniger Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz (13) als nach oben.
TV-Gelder, Aufstockung von internationalen Wettbewerben und damit verbundene Einnahmen, die nationale Wettbewerbe auf Dauer uninteressant machen könnten – viele Entwicklungen gleichen jenen, die im Fussball der Männer bereits zu einer Zweiklassengesellschaft geführt haben.
Warum sollte es bei den Frauen anders laufen? Entscheidungen darüber treffen jene Verbände, die auch bei den Männern das Zepter in der Hand haben. Es ist also absehbar, dass eine Antwort auf diese Frage gar nicht erst gesucht wird. Das wird die meisten nationalen Ligen schwächen – und wenige Topclubs stärken.
Berichterstattung im Fussball der Frauen weiter ausbaufähig
Auch in der Berichterstattung hat sich nach der Europameisterschaft in England einiges getan. Der Fussball der Frauen bekommt mehr Aufmerksamkeit, Interviews drehen sich zunehmend auch um sportliche Themen statt nur um Stichwörter wie "Equal pay". Doch der Weg ist nach wie vor weit.
Falsche Namen, Fehler in Aufstellungsgrafiken, Probleme mit der Aussprache von Namen, fehlendes Wissen zur Geschichte, Verfügbarkeit von Statistiken – Desinformation und Zugang bleiben Thema. Darüber hinaus steht die Wertschätzung weiterhin im Fokus. Beispielsweise wurde der letzte Spieltag in München durch die Themen überschattet, die die Männerabteilung am Tag zuvor aufgemacht wurden.
Herbert Hainer sollte im Halbzeit-Interview mit "Magenta Sport" drei Fragen zur Abberufung von Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn beantworten, dann ging es in die Werbung. Kein Wort zu den Frauen, die dabei waren, die Meisterschaft zu gewinnen. Im BR lief das Halbzeitgespräch mit Linda Dallmann grundsätzlich besser. Eine Frage dazu, wo sie das Meisterschaftsfinale der Männer verfolgt habe, beantwortete sie damit, dass sie im Zoo war und deshalb nichts mitbekam. Danach ging es ausschliesslich um ihr Team.
Allerdings war sich auch der öffentlich-rechtliche Sender nicht zu schade, einen Grossteil der Halbzeit mit einem Bericht über die Männer zu füllen. Ein Thema, das sicher omnipräsent war und ist, das aber an dieser Stelle einfach unangebracht war. Es ist nachvollziehbar, dass Redaktionen die Möglichkeit von Interviews möglichst effizient nutzen wollen. Und das betrifft eben solche reichweitenstarken Themen. Doch die Art und Weise, wie mit dem Fussball der Frauen häufig umgegangen wird, ist wenig wertschätzend.
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