Die Bayern kaufen den nächsten Hochkaräter, während die Konkurrenz ihre wichtigsten Spieler verliert. Der Dominanz der Bayern scheinen in der Liga keine Grenzen gesetzt - mit fatalen Folgen.
In dieser Saison hat es 1899 Hoffenheim heftig erwischt. Nach der überragenden letzten Spielzeit mit der Qualifikation für die Champions League ist die Mannschaft von Julian Nagelsmann ein wenig ausgeblutet. Bereits im letzten Winter wurden die anstehenden Transfers von Niklas Süle und Sebastian Rudy zum FC Bayern publik.
Vor wenigen Wochen holten sich die Bayern dann auch noch
Nun gehört das zum Geschäft und Hoffenheim hat oder wird sich im Gegenzug auch wieder bei anderen Klub bedienen, um die Lücken irgendwann zu schliessen. Es bleibt aber der Eindruck, dass die Bayern mal wieder zufällig bei der Konkurrenz gewildert hätten, um sich auf der einen Seite zu verstärken und als netten Nebeneffekt auch einen potenziellen Konkurrenten zu schwächen.
So liest sich zumindest das entsprechende Klischee. Tatsache ist aber auch: Von den sechs Zugängen dieser Saison holten die Bayern nur zwei aus dem Ausland, Corentin Tolisso und James. Die anderen vier wurden in der Bundesliga eingekauft. Und Nummer fünf für den Sommer schon angekündigt.
"Sehr positiv für die Bundesliga"
Mit Leon Goretzka holt der Rekordmeister einen Spieler vom Markt, der auch international heiss begehrt war. Mit dem Transfer sei "gewährleistet, dass
So viel Selbstlosigkeit muss man den Bayern aber nicht abnehmen. Für den Wohltäterdienst an der Liga taugen die Münchener nur bedingt, weshalb
Inwieweit die Umwälzungen in der Liga wirklich gut sind für das Produkt, ist eine sehr entscheidende Frage. Die Bayern haben gerne die Kommunikationshoheit, auch über diese für den deutschen Fussball sehr wichtige Frage. Kürzlich hatte Rummenigge angemahnt, dass unter anderem die Bundesliga zu langweilig geworden sei.
"Das ist ein Prozess in ganz Europa, der mir Sorgen macht. Fussball ist Emotion. Wenn ein Klub zu weit von den Tabellenplätzen zwei, drei, vier, fünf entfernt ist, leidet die Emotion." Das ist insofern eine erstaunliche Erkenntnis, da es seine Bayern sind, die die Liga seit Jahren problemlos dominieren.
Matthias Sammers Bonmot, die Kontrahenten sollten sich gefälligst noch mehr anstrengen, um mit den Bayern mithalten zu können, ist in Anbetracht von Rummenigges Einschätzung geradezu legendär. Das Problem sind nämlich nicht nur die Transfers, die der FC Bayern offenbar problemlos innerhalb der Bundesliga durchziehen kann, sondern auch die Tatsache, dass es sich ausser den Bayern kein anderer deutscher Klub leisten kann, seine Topstars über einen grösseren Zeitraum auch zu halten.
Alle verlieren ihre wichtigsten Spieler
Borussia Dortmund hat seit den erfolgreichen Klopp-Jahren ein halbes Dutzend seiner Stützen verloren, erst Nuri Sahin und Shinji Kagawa, dann Mario Götze, dann Robert Lewandowski und danach Mats Hummels, Henrikh Mkhitaryan und Ilkay Gündogan im Paket.
Während sich die Bayern wieder verstärken, verlieren die schärfsten Konkurrenten ihre besten Spieler. Schalke muss bald ohne Goretzka auskommen, der BVB ohne den Toptorjäger der letzten fünf Jahre. Und bei RB Leipzig wird ab Sommer kein Naby Keita mehr durch die gegnerischen Abwehrreihen pflügen.
Das sind im Sinne des Wettbewerbs innerhalb der Liga alarmierende Signale. Natürlich wird Dortmund einen neuen Angreifer finden und Leipzig bedient sich zur Not mal wieder beim Schwesterklub in Salzburg. Und Schalke scheint auch ohne Goretzka auf einem ordentlichen Weg.
Aber mit jedem Abgang eines zentralen Spielers verändern sich auch die Strategien innerhalb der Klubs. Goretzka hätte auf Schalke eine Ikone werden können, das Gesicht einer neuen Generation. Das Fehlen der Ein-Mann-Armee Keita wird Leipzigs Statik grundlegend verändern.
Und Aubameyangs Torquote war trotz aller Nebengeräusche stets überragend. Immerhin hat Dortmund mit Peter Stöger schon sein Spielsystem so angepasst, dass es nicht mehr so sehr auf die Schnelligkeit seines zentralen Angreifers zugeschnitten ist.
Kein Grund für Risiko
Für die Bundesliga und am Ende auch automatisch für die Bayern könnten aber ein paar sehr negative Effekte eintreten. DFL-Boss Christian Seifert hat zuletzt immer mal wieder den Begriff "Durchschnitt" in den Mund genommen.
Mit der totalen Dominanz einer Mannschaft innerhalb einer Liga nähert man sich automatisch dem Durchschnitt: Weil die Konkurrenz im Titelrennen längst kapituliert und sich auf andere Ziele fokussiert. Entsprechend werden zum Beispiel auch die Investitionen nicht mehr für einen Meisterschaftskampf ausgelegt, sondern für das Erreichen des internationalen Wettbewerbs.
Dortmund hat nicht nur durch den Dembele-Verkauf im Sommer so viel Geld wie noch nie zur Verfügung. Aber warum sollte der BVB nun ein hohes Risiko auf dem Transfermarkt gehen, wenn die Aussicht, die Bayern wirklich mal wieder zu kitzeln, verschwindend gering ist?
Also haben sich die Dortmunder zuletzt darauf spezialisiert, den Bayern wenigstens die Toptalente wegzuschnappen, um die dann gewinnbringend zu veräussern. Die echten Topstars will der BVB nicht und er bekäme sie im Zweifel wohl auch nicht.
Wo kein Wettbewerb ist, da bleiben auf lange Sicht auch die Zuschauer weg. Noch kann sich die Bundesliga rühmen, die Liga mit dem grössten Zuschauerzuspruch in Europa zu sein. Erste Tendenzen waren an den letzten Spieltagen aber nicht nur wegen der kalten Witterung zu erkennen.
Nur die Bayern haben ihre Arena bisher immer ausverkauft bekommen, in Dortmund waren vier von neun Heimspielen, auf Schalke drei von zehn Heimspielen ausverkauft. Der HSV hat es sogar geschafft, erst für eine Partie alle Karten loszubekommen: Für das Heimspiel gegen die Bayern.
Die Liga zerbricht in 17 und 1
Immer öfter bleiben ganze Blöcke leer. Zum Teil wegen wenig zugkräftiger Gastmannschaften, die dann auch noch wenige Zuschauer mitbringen. Der andere Teil der Wahrheit heisst aber, dass die Bundesliga derzeit an Strahlkraft einbüsst.
Derzeit ist es so, dass der Tabellenzweite so viel Rückstand auf die Bayern hat, wie er Abstand auf den ersten Abstiegsplatz hat. Zwischen den Bayern und Leverkusen liegen ebenso 16 Punkte wie zwischen Leverkusen und dem Hamburger SV. Mit 31 Punkten nach 19 Spieltagen wäre man in der letzten Saison auf Rang acht gelegen, jetzt reicht es für die imaginäre Vizemeisterschaft. Die Liga zerbricht in zwei Teile: Die Bayern und der ganze Rest.
Das wird irgendwann auch für die Bayern zu einem Problem. Seit sechs Jahren muss der Rekordmeister ab März die Spannung hochhalten, um für die K.o.-Spiele der Champions League gerüstet zu sein. In der Liga ist da längst immer alles entschieden.
Das gefährdet die eigenen internationalen Ambitionen. Und der Rest schaut zu und zuckt resigniert mit den Schultern. Dann kommt es zu Totalausfällen der europäischen Mitstreiter wie in den jüngst beendeten Gruppenphasen in Königsklasse und Europa League.
Die Bundesliga wird den Anschluss an die Premier League oder die Primera Division nicht so schnell wieder herstellen, wenn sie nicht wenigstens wieder zu einem sportlichen Dualismus zurückfindet.
Davon ist die Liga derzeit aber meilenweit entfernt.
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