Der Titelkampf in der Bundesliga ist so spannend wie lange nicht mehr. Während der FC Bayern beim VfL Wolfsburg strauchelt, marschiert Eintracht Frankfurt an die Tabellenspitze. Das Wichtigste zum sechsten Spieltag.
Eintracht Frankfurt marschiert in der Bundesliga an die Spitze, der FC Bayern München patzt beim VfL Wolfsburg. Hinzu kommen zwei Überraschungsteams und schon ist der Meisterschaftskampf so spannend wie lange nicht mehr.
Darüber hinaus hat der sechste Spieltag ein weiteres Lehrbeispiel dafür geboten, wo sich der Fussball der Frauen noch weiterentwickeln kann und muss. Das Wichtigste zum Bundesliga-Wochenende.
Der Taktikkniff: VfL Wolfsburg zurück im Geschäft
Der VfL Wolfsburg ist zurück im Kampf um die Deutsche Meisterschaft. Mit 2:0 konnten sie den FC Bayern München schlagen und so den Abstand auf zwei Punkte verkürzen. Hauptgrund für den Erfolg war eine sehr disziplinierte Defensivleistung des gesamten Teams. Tommy Stroot griff zu einer Taktik, die ihm selbst nicht gefiel, aus seiner Sicht aber erfolgversprechend war – er liess sein Team recht tief verteidigen.
Ausserdem agierte Wolfsburg gegen den Ball mit einer Fünferkette. Auf die Nachfrage von DAZN, warum er sich dafür entschieden habe, sagte der Trainer: "Einerseits aus einem Überraschungsmoment heraus, dass Bayern nicht weiss, dass das der Plan ist." Andererseits habe man "viele Spiele von den Bayern gegen Fünferketten gesehen" und sich "die Arbeit gemacht" genauer hinzuschauen.
Wolfsburg konnte so seine grössten Stärken in der Physis und im offensiven Umschaltmoment ausspielen. Dinge, die man zuletzt nicht so in den Fokus rücken konnte, weil man selbst das Spiel gestalten musste. Hier liegt auch das grosse Problem für die Zukunft. So wichtig der Sieg gegen die Bayern war, so herausfordernd wird es, die notwendigen Entwicklungsschritte in der Spielgestaltung zu gehen.
Hier war die Saison bisher eher enttäuschend. "So passiv, wie wir dann verteidigt haben, wir sind immer noch der VfL Wolfsburg, das ist keine Art und Weise, die auf Dauer zu uns passt", gab auch Stroot zu. Für den Moment hat diese Art und Weise dazu geführt, dass man die Meisterschaft noch nicht abhaken muss. Recht kurzfristig muss jetzt aber auch das eigene Spiel gegen tiefe Abwehrketten besser werden. Sonst wird man zwangsweise weitere Punktverluste erleben.
Die Spielerin des Spieltags: Janina Minge
Ein Grund dafür, dass der VfL bisher eher holprig in die Saison gestartet ist, ist natürlich der mindestens mittelgrosse Umbruch. Man hat viele Schlüsselspielerinnen verloren, andere kommen in ein Alter, in dem die Formkurve etwas nach unten zeigt. Neuzugänge müssen sich entsprechend erstmal einfinden.
Gegen die Bayern waren es aber gerade die Neuen, die auf sich aufmerksam machen konnten. Vivien Endemann traf sehenswert zum 1:0, die eingewechselte Lineth Beerensteyn erhöhte zum 2:0-Endstand. In einem starken Wolfsburger Team ragte aber
Minge agierte gegen den Ball im Zentrum der Fünferkette und schob von dort immer wieder aggressiv nach vorn, wenn Pernille Harder bei den Bayern im Zehnerraum angespielt wurde. Dadurch konnte sich die laufintelligente Stürmerin nie richtig drehen und kam nur selten zu guten Aktionen. In Ballbesitz agierte Minge dann auch mal im Mittelfeld. Ihre flexible Rolle war ein wichtiger Schlüssel für den Sieg.
Die Enttäuschung: FC Bayern kann Ausfälle nicht kompensieren
Auf der anderen Seite stand ein Trainer, der die Partie gedanklich möglichst schnell abhaken wollte. Und seine Argumente hatte natürlich ihre Berechtigung. Immer wieder verwies Alexander Straus darauf, dass er zwei ungeplante Wechsel habe vornehmen müssen: Jovana Damnjanovic, die in der ersten Halbzeit nach einem schweren Zusammenprall mit Marina Hegering verletzt rausmusste und Tuva Hansen, die wegen Oberschenkelproblemen früh in der zweiten Halbzeit nicht mehr weitermachen konnte.
Hinzu kommen ständige Ausfälle in der Abwehr, die Langzeitverletzungen von Lena Oberdorf und Katharina Naschenweng und angeschlagene Spielerinnen wie Lea Schüller, die in den vergangenen Wochen mal mehr, mal weniger fit war. Und doch war die Hoffnung bei den Bayern gross, dass man nach der starken zweiten Halbzeit gegen Arsenal unter der Woche und dem 5:2-Sieg in Fahrt kommen kann.
Doch gegen tiefstehende Teams tun sich die Münchnerinnen weiterhin schwer. Es fehlt an Tempo, Kreativität und Lösungen. Ist Pernille Harder aus dem Spiel, gibt es nur wenige gute Ideen. Bisher stimmten die Ergebnisse, weil gute Phasen oder Standardsituationen ausreichten. Spätestens nach dem Wolfsburg-Spiel muss aber die Frage gestellt werden, ob der Kader in der Breite ausreicht.
Auch hier hat Straus in der Vergangenheit mehrfach betont, dass man mit den englischen Klubs und deren Investoren nicht mithalten könne. Doch Teil der Wahrheit ist auch, dass abseits der Top-Transfers in den vergangenen Jahren viele Spielerinnen geholt wurden, die den Durchbruch bei Bayern zu mindestens einer hilfreichen Rotationsspielerin nicht geschafft haben. Darunter unter anderem Samantha Kerr oder Jill Baijings, die aktuell verliehen ist. Der zweite Anzug sitzt nicht. Und das ist auf diesem Niveau ein Problem.
Die Tabellenführung ist jetzt erstmal weg. Eintracht Frankfurt krönte einen starken Start in die Saison mit einem 6:0-Sieg gegen den SC Freiburg. Es wird spannend zu sehen, ob die SGE in der Lage ist, in dieser Saison konstant auf diesem Level zu agieren. Das Potenzial für eine besondere Saison scheint da zu sein.
Das viel zu seltene Highlight: Rekordkulisse in Bremen
In Bremen zeigte man mal wieder, wie Fussballspiele in der Bundesliga der Frauen hin und wieder aussehen können: 22.721 Fans waren in der Länderspielpause bereit, das Duell mit Leverkusen im Weserstadion zu verfolgen. Es war ein neuer Vereinsrekord für die Frauen von Werder.
Die Kulisse ist abermals ein gutes Beispiel dafür, was in den wenigen Slots möglich ist, in denen der Vereinsfussball der Männer pausiert. Gleichzeitig führt sie vor Augen, dass diese Slots viel zu selten genutzt werden. Mal aus finanziellen Gründen, mal aus Bequemlichkeit oder weil die Bemühungen rund um den Fussball der Frauen dann doch wieder etwas eingeschlafen sind.
Auch mehr als zwei Jahre nach der EM, die riesige Begeisterung hierzulande entfachte, tut man sich schwer damit, diese Begeisterung aufrechtzuerhalten. Ein Grund, weshalb die Klubs der ersten Liga zuletzt eine Taskforce gründete, um die Zukunftsplanungen in Schwung zu bringen. Bis dahin muss man sich wohl an den wenigen Highlightspielen erfreuen. Wie jetzt in Bremen.
Was noch?
Die Partie zwischen Bremen und Leverkusen ging übrigens 1:1 aus. Weil RB Leipzig zudem gegen Carl Zeiss Jena gewann, mischen Leverkusen und RB weiterhin im Konzert der Grossen mit. Das hat nach sechs Spieltagen – immerhin schon 27 Prozent der gesamten Saison – durchaus eine kleine Aussagekraft. Beide werden sicher nicht um den Titel spielen, taugen aber für weitere Überraschungen.
Eine Überraschung würde auch Potsdam gern mal hinbekommen. Doch die Turbinen verloren auch ihr sechstes Spiel in der Bundesliga ohne eigenes Tor. Die SGS Essen war zu stark und nahm einen 3:0-Auswärtssieg mit. Köln gelang nach einem starken Auftritt in München vergangene Woche nicht die Wende im Ergebnistrend. Gegen die TSG Hoffenheim hagelte es eine 0:3-Niederlage.
Wie geht es jetzt weiter?
Am kommenden Spieltag gibt es kein Montagsspiel. Die Bayern schliessen den Spieltag am Sonntag um 18:30 Uhr auswärts bei Leverkusen ab – eine grosse Herausforderung für den amtierenden Meister. Auch Freiburg gegen Leipzig und Essen gegen Wolfsburg versprechen interessant zu werden.
Im Tabellenkeller können Carl Zeiss Jena und Köln im direkten Duell wichtige Punkte einfahren, während Potsdam auswärts bei Hoffenheim maximal Aussenseiterchancen hat. Frankfurt empfängt zudem Werder Bremen.
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