Wer wird Deutscher Meister bei den Frauen? Die Bundesliga startet am 26. Januar in das neue Jahr und mit dem VfL Wolfsburg (25 Punkte), dem FC Bayern München (24 Punkte) und Eintracht Frankfurt (20 Punkte) sind noch drei Teams im Rennen. Wir machen den grossen Check.
Eintracht Frankfurt: Zurück als Herausforderer
So lief es bisher
Wo würde Eintracht Frankfurt in der Tabelle stehen, hätten sie zum Auftakt in diese Saison nicht zweimal unnötig gegen die SGS Essen und formschwache Wolfsburgerinnen gepatzt? Selbst beim 0:0 in der Allianz Arena gegen den FC Bayern München war mehr drin. Doch ausgerechnet dieses recht biedere Remis war der Ausgangspunkt einer beeindruckenden Serie.
Die Eintracht holte seitdem fünf Siege und ein Unentschieden, schoss dabei 17 Tore und kassierte nur vier. Die Belohnung: In der Tabelle sind es nur noch fünf Punkte Rückstand auf die Tabellenführerinnen aus Wolfsburg und vier auf den FC Bayern. Die TSG Hoffenheim dahinter wurde bereits auf drei Punkte distanziert.
In den vergangenen beiden Spielzeiten wurde die SGE mehrfach dafür kritisiert, dass keine fussballerische Weiterentwicklung zu erkennen war. Gerade mit längeren Ballbesitzphasen tat sich das Team von Niko Arnautis sehr schwer, fand kaum kreative Lösungen gegen tiefstehende Abwehrketten. Das ist in dieser Saison deutlich besser.
Das sagen die Daten
Frankfurt erspielte sich laut Opta-Daten bisher die drittmeisten Abschlüsse aus dem Spiel heraus (106) und kommt dabei auf beeindruckende 15,35 Expected Goals – Liga-Bestwert!
Expected Goals sind eine Metrik, die die Torerzielungswahrscheinlichkeit anhand der abgegebenen Abschlüsse errechnen. Einberechnet werden unter anderem Position des Balles, Körperteil, Winkel zum Tor und vieles mehr.
Dass die SGE die meisten Expected Goals aus dem Spiel heraus auf dem Konto hat, ist eine kleine Überraschung. Wolfsburg kommt nur auf 12,75, die Bayern auf 15,01. Es unterstreicht den Fortschritt der Eintracht.
So geht es weiter
Kann Frankfurt die starke Form der letzten Wochen und Monate in die zweite Saisonhälfte transferieren, sind sie durchaus ein Überraschungskandidat auf den Meistertitel. Schliesslich haben weder Wolfsburg noch die Bayern bisher gänzlich überzeugt.
Allerdings: Die Doppel- und Dreifachbelastung wird auch der SGE zu schaffen machen. In der Gruppenphase treffen die Adlerträgerinnen Ende Januar auswärts auf den FC Barcelona und daheim auf Rosengard. Mit dem dritten Platz in der Gruppe und drei Punkten Rückstand auf Benfica haben sie zwar theoretische Chancen auf das Viertelfinale, doch das wird kompliziert. Scheiden sie aus, könnten sie sich aber voll auf die Bundesliga konzentrieren. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
FC Bayern München: Zurück zu sich selbst
So lief es bisher
Die Bayern stolperten mit zwei Unentschieden und zwei Siegen in die neue Spielzeit, kämpften sich aber zurück und eroberten mit konstanten Ergebnissen die Tabellenführung. Fünf Siege aus fünf Spielen holten die Münchnerinnen – ehe ein unerwartetes 1:1 in Nürnberg die Stimmung trübte.
Nun ist man wieder in der Position der Jägerinnen. Fussballerisch war die bisherige Hinrunde ebenso wechselhaft wie die Ergebnisse. Bayern tat sich vor allem im Angriffsdrittel schwer damit, Chancen herauszuspielen und diese dann zu nutzen.
Der grosse Fokus des Trainerteams wird also auf der Offensive liegen. Denn defensiv kann sich Bayern mit nur vier Gegentoren kaum einen Vorwurf machen. In jenem Trainerteam gab es übrigens einen Wechsel: Moritz Volz ist neu als Co-Trainer von Alexander Straus an Bord, Marco Knirsch hat die Bayern am Ende des Jahres 2023 verlassen.
Auch im Kader gab es bereits Bewegung: Lina Magull, bis zum Sommer 2023 noch Kapitänin, ist zu Inter Mailand gewechselt.
Das sagen die Daten
Bayerns Offensivprobleme lassen sich auch an den Expected Goals ablesen. Zwar erspielte man sich mit 15,01 bisher die meisten erwarteten Tore aus dem laufenden Spiel heraus – was für eine hohe Chancenqualität spricht. Doch zwölf tatsächliche Treffer sind daraus schlicht zu wenig.
Oder in anderen Worten: Bayerns Chancenverwertung ist eine der schwächsten ligaweit. Nur ein weiteres Team hat weniger Tore aus dem Spiel heraus geschossen, als es sich Expected Goals erspielt hat: der 1. FC Nürnberg (drei Tore, 3,75 Expected Goals).
Immerhin: Bei Standardsituationen sind die Bayern nicht zu toppen: Sechs Tore sind Bestwert in der Bundesliga, 5,26 Expected Goals ebenso. Und auch defensiv macht den Bayern kaum jemand etwas vor. Aus dem Spiel heraus liessen sie erst 3,09 Expected Goals zu, nach Standards 0,57. Elfmeter sind in diesen Daten nicht mit einbegriffen.
So geht es weiter
Die Bayern haben auf dem Papier die kompletteste Spielanlage. Sie erspielen sich Chancen, stehen defensiv meist sicher und haben eine dominante Ausrichtung, mit der sie Partien auch dann kontrollieren können, wenn es nicht gut läuft.
Damit sind sie trotz des Mini-Abstands zum VfL Wolfsburg favorisiert auf den Titel. Schlagen können sie sich fast nur selbst. Das allerdings haben sie schon oft getan. Die Bayern müssen zurück zu sich selbst finden. Dann geht der Titel nur über sie.
Schon in den ersten Wochen des neuen Spieljahres geht es für den FCB allerdings um alles: Zwei wichtige Champions-League-Spiele gegen die Roma (auswärts) und daheim gegen Paris Saint-Germain entscheiden über den Einzug ins Viertelfinale. Zwischendrin steht ein schweres Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim auf dem Programm. Schon nach diesen drei Spielen kann vieles (vor-)entschieden sein.
VfL Wolfsburg: Zurück an die Spitze
So lief es bisher
Auch der VfL Wolfsburg startete holprig in die neue Saison, gewann allerdings immerhin seine vier ersten Spiele. Es folgten ein glückliches 2:2 daheim gegen Hoffenheim sowie eine 1:2-Niederlage in München, die auch deutlicher hätte ausfallen können.
Rund um diese Zeit gab es zahlreiche Diskussionen. Alles wurde von aussen infrage gestellt: Kader, Trainer, Zukunft. Wolfsburg aber fand die beste Antwort: Vier Siege in den vergangenen vier Bundesliga-Spielen brachten den VfL wieder an die Tabellenspitze.
Das sagen die Daten
Und doch bleiben Zweifel: Wie nachhaltig ist das? Wolfsburg tut sich vor allem schwer damit, Spiele zu kontrollieren und Gegner mit Chancen zu erdrücken. 12,75 Expected Goals aus dem Spiel heraus sind nur der vierte Platz in der Bundesliga.
Allerdings ist das Team von Tommy Stroot gnadenlos effizient. Im Vergleich zu den Bayern nutzen die Wölfinnen ihre wenigen guten Chancen deutlich besser, erzielen viele Tore sogar aus Halbchancen. 17 Treffer aus dem Spiel heraus sind gemeinsam mit Frankfurt hinter Hoffenheim (19) der zweitbeste Wert.
Um nachhaltig erfolgreich zu sein, muss die Qualität der Chancen aber steigen. Wolfsburg hat die meisten Abschlüsse aus dem Spiel heraus (129), kommt dementsprechend aber auch nur auf 0,09 Expected Goals pro Schuss. Frankfurt und die Bayern (beide 0,14) sind da deutlich besser.
So geht es weiter
Bisher verlässt sich der VfL zu sehr auf die Kopfballstärke von Alexandra Popp, die geradezu einem Dauerfeuer aus Flanken ausgesetzt ist, und auf Ewa Pajor, die enorme Qualität bei Dribblings und Tiefenläufen hat.
Teamtaktisch ist im Spiel mit dem Ball aber noch viel Luft nach oben. Hier muss sich Wolfsburg strecken, um am Ende unter Beweis stellen zu können, dass man in Deutschland nach wie vor die Nummer eins ist.
Schlüsselspiele für den VfL, aber auch die beiden Konkurrenten sind neben den direkten Duellen auch die Spiele, in denen die TSG Hoffenheim involviert ist. Wolfsburg hat im Moment noch den Vorteil, dass sie an der Spitze das einzige Team ohne internationale Belastung sind. Auch das könnte sich aber bald ändern.
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