Thomas Müller hat beim FC Bayern keine gute Laune mehr, in Leipzig ärgern die Mitspieler einen Torschützen und Gladbachs Trainer Dieter Hecking sorgt schon wieder für Verwirrung: Die (wie immer nicht ganz ernst gemeinten) Lehren des Bundesliga-Spieltags.
1. Lehre: Dankbarkeit? Fehlanzeige!
Es gibt Sätze, auf die sollte man vielleicht besser nicht ehrlich antworten.
"Schatz, findest du, ich habe zugenommen?"
"Mein lieber Schwiegersohn, schmeckt das Essen?"
"Kind, gibt es bei deiner Oberstufenparty etwa harten Alkohol?"
In manchen Momenten ist eine Notlüge eben doch die bessere Antwort. Es sei denn, man hat grosse Lust auf Streit.
In einer Fussballmannschaft gelten solche Benimmregeln oder der Hang zu Freundlichkeitsfloskeln nicht. RB Leipzig hat das am Wochenende wieder einmal eindrucksvoll bewiesen. Denn dort wurde eine Frage überaus direkt beantwortet:
"Was denken Sie über den fehlenden Zahn von Diego Demme?"
Der Mittelfeldspieler hatte gerade das erste Bundesligator seiner Karriere geschossen und für den Treffer einen Schneidezahn geopfert, weil ihn Freiburgs Nicolas Höfler beim Torabschluss unglücklich im Gesicht getroffen hatte.
Zum Dank gab's Hohn und Spott vom eigenen Team. "Ich glaube nicht, dass Diego heute noch aus dem Haus geht. Es sieht schon gewöhnungsbedürftig aus", sagte Mitspieler
Trainer
Immerhin konnte dem Mittelfeldspieler ein guter Zahnarzt vermittelt werden. Am Sonntag tauchte Demme nämlich schon wieder ohne Zahnlücke beim Mannschaftstraining auf - ein klein wenig Dankbarkeit hatte dann wohl doch noch irgendjemand für ihn übrig ...
2. Lehre: Immerhin ist Dieter Hecking zufrieden ...
Erinnern Sie sich noch an letzte Woche? Dieter Hecking, der Trainer von Borussia Mönchengladbach, lieferte den Lacher des Spieltags. Er redete gegen den 1. FC Köln wie verrückt auf
Am Samstag, nach der Partie in Hoffenheim, sorgte Hecking erneut für Verwunderung. "Ich habe meiner Mannschaft gerade zur tollen Leistung gratuliert", sagte er.
Tolle Leistung? Kann man so sehen. Muss man aber nicht.
Denn die Gladbacher haben in Hoffenheim nicht nur 3:5 verloren, sondern hatten dabei noch jede Menge Dusel – weil Schiedsrichter Christian Dingert es gut meinte mit den Gästen. Zuerst schenkte er den Gladbachern den Ausgleich (Hofmann spielte vor dem 2:2 klar mit der Hand), dann verwehrte er den Hoffenheimern einen Strafstoss (Vestergaard traf Kramaric), um anschliessend Dahoud nach einem hässlichen Foul an Demirbay nicht mit Rot vom Platz zu stellen – der dann prompt auch noch ein Tor erzielte.
Hecking störte all das nicht. Er war zufrieden mit dem Gesehenen. Na denn: Herzlichen Glückwunsch zur 3:5-Niederlage, Borussia Mönchengladbach!
3. Lehre: Julian Nagelsmann weiss, wie man besonders gut schreit
Vielleicht kann sich Hecking ja ein paar Tipps bei Julian Nagelsmann einholen. Der Trainer von 1899 Hoffenheim war am Samstagabend im "Sportstudio" des ZDF zu Gast und erzählte dort recht sympathisch von seiner steilen Karriere.
Der 29-Jährige, der aussieht wie 19, aber souverän wie mit 49 wirkt, berichtete im Studio, dass er mit einer Stimmbandrandkantenverdickung zu kämpfen hatte. Noch einmal: Stimmbandrandkantenverdickung.
Wir konnten über Ostern leider keinen Mediziner erreichen, der uns hätte erklären können, ob das die Vorstufe einer Stimmbandrandkantenzerrung oder gar eines Stimmbandrandkantenrisses ist. Wenigstens hat Nagelsmann selbst erläutert, was das Problem ist: Er schreit zu oft. Das ist nicht gut für die Stimme.
Eine Logopädin habe ihm geholfen zu lernen, wie man auf gesunde Art und Weise brüllt. Damit sei das Problem gelöst.
Zu hoffen ist, dass er diese Fähigkeit zu Hause nicht anwenden muss. "Die Beziehung, die du als Trainer zu deinen Spielern hast, ist ähnlich wie auch zu deiner Frau. Da ist Langeweile nicht förderlich für eine gute Beziehung", sagte er nämlich auch im ZDF.
Womit nur eine Frage unbeantwortet bleibt: Was hätte der feinfühlige Nagelsmann wohl zu Demmes Zahn-Fauxpas gesagt?
4. Lehre: Thomas Müller hat einen neuen Job
Nun, in der bis dahin schwierigsten Woche der Saison, hat Müller plötzlich teamintern einen neuen Job gefunden – und spielt den Miesepeter. Nach der bitteren 1:2-Niederlage gegen Real Madrid und dem Remis in Leverkusen war der Nationalspieler angefressen. Richtig angefressen. "Ich bin stinkig", blaffte er bei Sky ins Mikrofon. Und erklärte dann, warum er die miserable Chancenauswertung seines Teams nicht so einfach akzeptieren könne.
Das ist durchaus bemerkenswert, weil gerade der bis zur Vorsaison so treffsichere Müller ein ziemliches Sorgenkind der Bayern-Offensive ist.
Vor dem so wichtigen Champions-League-Viertelfinal-Rückspiel in Madrid hat Müller keine Lust mehr auf die Rolle als Spassvogel. Es dürfte der grösstmögliche Weckruf für seine Mitspieler sein. Wenn sogar Thomas Müller die gute Laune verloren hat, sollte auch der letzte Beteiligte in München begriffen haben, wie ernst die Lage ist.
Womöglich war Müllers Gemecker daher auch nur ein ziemlich genialer Trick, um der Mannschaft mal ordentlich in den Hintern zu treten.
Am Dienstag gegen 22.35 Uhr wissen wir vermutlich mehr ...
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.