RB Leipzig ist weiter nicht zu stoppen und hat zum FC Bayern aufgeschlossen. Längst glauben einige Beobachter, dass sich die Saison auf einen Zweikampf des Aufsteigers mit dem Rekordmister zuspitzen könnte. Der vermeintliche Erzrivale jedenfalls könnte schon bald für einen neuerlichen Leipziger Meilenstein sorgen.

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Jetzt ist offiziell, was viele Kritiker des Brause-Imperiums bereits befürchteten: RB Leipzig ist der beste Aufsteiger aller Zeiten.

Mit dem teilweise famos herausgespielten 3:1-Sieg über den FSV Mainz hat RB den Startrekord des MSV Duisburg aus der Saison 1993/94 überflügelt und immer mehr Experten und Fans fragen sich, wo das denn alles enden soll mit dieser Mannschaft, die alle Grenzen eines "normalen" Aufsteigers aufweicht und neue Massstäbe setzt.

"Wir hätten zweistellig verlieren können", sagt Mainz-Innenverteidiger Stefan Bell nach einem Spiel, das in der Tat gerne auch 1:7 oder 1:8 hätte enden können aus Sicht der völlig überforderten Gäste. Bei einem Sieg mit acht oder mehr Toren Differenz hätte Leipzig übrigens die Bayern in der Tabelle überholt. So stehen die Bullen jetzt "nur" punktgleich mit dem Rekordmeister auf Platz zwei.

Wie eine Dampfwalze rollte Leipzig auch über den nächsten Gegner, ist in der Bundesliga weiter ungeschlagen und hat jetzt seine letzten fünf Partien allesamt gewonnen. Jenen, die an einen euphorisch motivierten, aber nicht nachhaltigen Start geglaubt hatten, dürfte mittlerweile auch klar sein, dass es sich bei Leipzig nicht um ein kurzzeitiges Phänomen handelt. Sondern dass wirklich eine Kraft erwächst, die es mit den Grossen des Landes aufnehmen wird.

Leipzig war seinem Gegner erschreckend überlegen, spielte, rannte und dachte schneller als die Mainzer. Und hätte die Mannschaft ein wenig mehr Kälte vor dem gegnerischen Tor bewiesen und in der Gewissheit des sicheren Sieges nicht nach gut einer Stunde merklich das Tempo und die Intensität heruntergeschraubt, wäre es für Mainz tatsächlich zu einem Debakel gekommen.

Dass die Mannschaft grundsätzlich in der Lage ist, von der ersten bis zur letzten Sekunde volles Tempo zu gehen, hat sie längst bewiesen.

Naby Keita und Emil Forsberg überzeugen

Jetzt aber kommt auch die Passmaschine langsam besser ins Laufen, die Zuspiele werden schneller und noch exakter, die Umschaltmomente besonders von der Defensive auf die Offensive so flink, dass der Gegner kaum mit dem Staunen hinterher kommt. Und einzelne Spieler wie Rekord-Transfer Naby Keita oder Offensiv-Allrounder Emil Forsberg deuten an, welch grosses Talent sie besitzen und wie viel besser sie bereits in Leipzig geworden sind.

So sieht sich der Klub eben auch: Als Ausbildungsstätte grosser Talente, die den Schritt zu einem ganz grossen Klub in jungen Jahren noch scheuen und bei einem ambitionierten, konzeptionell absolut stringent arbeitenden Klub eine oder mehrere Entwicklungsphasen ihrer Karrieren absolvieren wollen. Um dann veredelt zu einem der Top-Klubs in Europa zu wechseln.

Keita, der für 15 Millionen Euro aus der Zentrale in Salzburg verpflichtet wurde, ist so etwas wie das Rollenmodell der gesamten Mannschaft. Der 21-Jährige verkörpert alles, was ein RB-Spieler haben muss: Er ist jung, dynamisch, technisch versiert, handlungsschnell, robust, willensstark, aggressiv und in höchsten Masse ambitioniert.

"Ich will der beste Spieler Afrikas werden", sagt Keita, der sich auch von einer Malaria-Erkrankung Anfang des Jahres nicht aufhalten liess, bei Red Bull Salzburg fleissig weiterspielte und die Meisterschaft sowie den Pokal gewann.

"RB macht der Liga Angst"

RB Leipzig wird von der Konkurrenz mittlerweile nicht mehr nur argwöhnisch beäugt oder respektiert, der Aufsteiger hat sich schon so fulminant in den Vordergrund gespielt, dass einige sogar schon das Wort "Angst" in den Mund nehmen.

"Mit diesen athletischen Fähigkeiten, die sie besitzen, machen sie der Liga gerade Angst. Das ist etwas ganz Neues. Bislang hat noch kein Team eine Lösung gefunden, um gegen diesen Hochgeschwindigkeitsfussball zu bestehen", sagte Berlins Trainer Pal Dardai in einem Interview mit der "Welt".

Leipzigs Trainingsmethoden verfolgen andere, neue Ansätze in der Leistungsdiagnostik, im koordinativen und kognitiven Bereich. Die Bedingungen sind am nagelneuen Trainingsgelände fantastisch, die handelnden Personen gehören auf ihren jeweiligen Spezialgebieten zu den Besten des Landes.

Im Hintergrund läuft die Maschine reibungslos - und samstags auf dem Platz liefert die Mannschaft den Beweis dafür, was mit einem durchdachten Konzept und dem nötigen Kleingeld alles möglich ist.

Ralph Hasenhüttl sieht kein Limit

Aktuell sehe er keine Grenzen für seine Mannschaft, sagte Trainer Ralph Hasenhüttl neulich in einem Interview mit der "FAZ". "Und ich weiss auch nicht, wo im Moment dieses Limit liegen sollte." Sicherlich sind solche offensiv formulierten Sätze ein wenig der aktuell beschwingten Situation geschuldet und könnten - oder werden - Hasenhüttl auch bald wieder mal auf die Füsse fallen.

Im Grunde ist es aber tatsächlich so, dass die Leipziger Mannschaft mit ihrem einfachen, aber eben perfekt umgesetzten Fussball kaum angreifbar für die Gegner ist. Keine Mannschaft, Hoffenheim im Eröffnungsspiel vielleicht ausgenommen, hat bisher ein Rezept gegen diese Art des Fussballspiels gefunden. So langsam stellt man sich die Frage, gegen wen dieses Team in der Hinrunde überhaupt noch verlieren könnte.

Dann landet man schnell bei den Bayern, drei Tage vor Weihnachten kommt es zum jetzt schon mit Spannung erwarteten Duell. Einen Wechsel an der Spitze könnte es in zwei Wochen schon geben

Nach der Länderspielpause reist RB nach Leverkusen, die zuletzt enttäuschenden Bayern müssen bei Borussia Dortmund ran - jenem Klub, der so etwas wie die Speerspitze der Anti-RB-Bewegung in Deutschland verkörpert. Der BVB könnte dann den Tabellenführer FC Bayern stürzen - und RB Leipzig damit erstmals zum Tabellenführer der Bundesliga machen.

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