Bayern München gegen Borussia Dortmund, das Spiel der Spiele, der deutsche "Germanico". Doch obwohl der BVB so gut wie nie in eine Saison gestartet ist, sind die Bayern klarer Favorit. Die gesamte Liga hofft auf einen Dortmunder Sieg gegen die Langeweile - der momentan fast einer kleinen Sensation gleich käme.

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Die Bundesliga goes Asien. Und Nordamerika. Und Südamerika. Und Russland. Die Deutsche Fussball Liga (DFL) wird es freuen zu hören, dass für den Kracher zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund offenbar ganze Heerscharen gut betuchter Fans aus aller Welt einen Trip nach München wagen. Klar, das letzte Wiesn-Wochenende spielt da sicherlich auch eine Rolle.

Dass sich ein Japaner aber neulich eine Eintrittskarte für ein handelsübliches Bundesligaspiel satte 1100 Euro kosten hat lassen und dass es zudem hochpreisige Anfragen auch aus Südkorea, Thailand, den USA, Brasilien, Chile und eben Russland gibt - das ist dann doch neu und vielleicht auch ein wenig gewöhnungsbedürftig.



Der "Germanico", in Anlehnung an den spanischen "Clasico" zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona, elektrisiert die Massen. Und die Massen erwarten nicht weniger, als eine Partie auf Weltniveau, mit den beiden ausserirdischen Torjägern Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang. Ein Spiel mit allem Pomp und Getöse, jeder Menge Folklore und natürlich mit zwei gleichstarken Teams - was dann aber womöglich schon wieder zu bezweifeln wäre.


Dortmund mit kleinen Problemen

Der BVB hat einen fulminanten Saisonstart hingelegt, mit elf Pflichtspielsiegen in Folge, einer runderneuerten Mannschaft und einem Spiel, das sich endlich losgelöst hat vom dechiffrierten Überfallfussball der Ära Klopp. Pierre-Emerick Aubameyang hat in jedem der bisher sieben Bundesligaspiele mindestens einmal getroffen, das ist ein neuer Rekord.

Aber dann: Ein Remis in Hoffenheim, eins zu Hause gegen Aufsteiger Darmstadt. Die Punkteteilung in der Europa League gegen Saloniki ist nicht repräsentativ, der BVB hat wichtige Spieler eben für jenen Klassiker gegen die Bayern geschont und ein Remis dafür in Kauf genommen. Es gibt ein paar innerbetriebliche Dissonanzen, dazu eröffneten die Bosse Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc kleinere Nebenkriegsschauplätze.

Und die Bayern? Jagen und zerstören schon wieder ihre eigenen Bestmarken. Zehn Spiele, zehn Siege, 21 Punkte und ein Torverhältnis von plus 20. Robert Lewandowski hat neben seinem aberwitzigen Fünferpack gegen den amtierenden Vizemeister Wolfsburg auch sonst noch neun Tore erzielt und kommt somit auf 14 Pflichtspieltreffer. Der Pole läuft auf Hochtouren, seine Mannschaft auch. Es könnte keinen ungünstigeren Zeitpunkt für den BVB geben, in München vorstellig zu werden.



Borussia Dortmund befindet sich andererseits alles andere als in einer Mini-Krise, nur weil zwei Bundesligaspiele nicht gewonnen und eines im Europapokal geopfert wurde. Die Mannschaft wirkt gefestigt, der Trainer hat in kurzer Zeit viele Variationen einstudieren lassen, die sein Team flexibel und variabel machen.

Einzelne Profis spielen ihre beste Saison überhaupt (Aubameyang, Henrikh Mkhitaryan) oder sind raus aus dem grossen Leistungsloch (Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Matthias Ginter, Ilkay Gündogan). Die Voraussetzungen für einen Erfolg sind eigentlich so gut wie selten zuvor. Aber auf der anderen Seite stehen halt die Bayern. Und die kratzt in dieser Saison noch nicht einmal der Ausfall der einst unverzichtbaren Arjen Robben und Franck Ribery.


Die Bayern sind ein Wirbelsturm

Der Rekordmeister besitzt so viele Angriffsoptionen wie kaum eine andere Mannschaft in Europa. Das Ballbesitzspiel bildet lediglich nur die Grundlage aller Facetten des Fussballs. Trainer Pep Guardiola hat da einen Wirbelsturm geschaffen, der die Gegner im Laufe einer Partie regelmässig vom Platz fegt. Rückschläge in Form von Gegentoren und Rückständen steckt die Mannschaft wie selbstverständlich weg.

Der Vorsprung auf den einzig verbliebenen Verfolger aus Dortmund beträgt jetzt schon vier Punkte, bei einem Sieg wären es sieben und so etwas wie eine Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft. Und das alles am achten Bundesliga-Spieltag.

Die Formkurve zeigt nach den beiden etwas glücklichen Siegen gegen Hoffenheim und Augsburg (jeweils 2:1) rechtzeitig zum grossen Spiel wieder steil nach oben, während der BVB nun beweisen muss, wie er mit einer schwächeren Phase umgehen und gegen den ersten Gegner auf absolutem Topniveau bestehen kann.



Die Liga hofft auf den BVB

Die Ansprüche und Erwartungen der eigenen Fans sind nach dem starken Start merklich gestiegen, das müssen derzeit auch die Verantwortlichen und Trainer Thomas Tuchel erfahren. Dass seine Mannschaft zudem zwei Tage weniger Regenerationszeit und ein paar Reisestrapazen zu bewältigen hat, könnte mit zunehmender Spieldauer noch ein wichtiges Kriterium werden.


Borussia Dortmund wird nicht weniger abrufen müssen als ein perfektes Spiel, um bei den Über-Bayern überhaupt eine Chance zu haben. Fehler und Unachtsamkeiten werden die Münchner sofort eiskalt bestrafen.

Das Gros der neutralen Fans dürfte am Sonntag dem BVB die Daumen drücken. Einen vierten langweiligen Alleingang der Bayern in Richtung Meisterschale kann sich niemand ernsthaft wünschen, auch wenn selbst die Konkurrenz quasi schon Spalier steht. "Die Bayern sind meilenweit weg, wahrscheinlich werden sie schon im Februar wieder Meister", befürchtet Frankfurts Trainer Armin Veh.



Die Hoffnungen der Liga ruhen auf Borussia Dortmund, dieser drögen Aussicht auf Langeweile entschieden entgegenzuwirken. Aktuell gibt es allerdings nicht viel, das Anlass zu aussichtsreicher Hoffnung gibt.

Vielleicht hilft deshalb ein Blick in die Geschichtsbücher.

Die Oktoberfest-Bayern haben zuletzt fast auf den Tag genau vor fünf Jahren zur Wiesn-Zeit ein Spiel verloren. Damals setzte es ein 0:2. Der Gegner hiess Borussia Dortmund.


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