Der FC Bayern wird unter Carlo Ancelotti ein anderer sein als unter Pep Guardiola. Der Italiener liebt nicht nur den Fussball, sondern auch das Leben. Was bedeutet das für den Rekordmeister? Und was für Pläne hat Ancelotti mit Raphael Varane und Gonzalo Higuain?
Nun sollte man generell einen Menschen nicht nach Äusserlichkeiten beurteilen. Aber vielleicht kann man in der Frage, ob und wie sich der FC Bayern unter
Der Italiener ist im Gegensatz zum asketischen Spanier
Das gilt für das Leben allgemein, das für den Italiener nicht nur aus Arbeit besteht, sondern auch aus Genuss, also einem gutem Essen, einem Glas Wein oder ab und an mal einer Zigarette. Das gilt aber auch für das Fussballspiel im Besonderen.
Was bedeutet das für den FC Bayern München?
Carlo Ancelotti ist weder Verfechter des "Guardiolaschen" Ballbesitzspiels noch des Konterfussballs. Ancelotti ist gewissermassen ein Verfechter dessen, was ihm situativ als die beste Lösung erscheint.
Der 56-Jährige lässt sich in keine Schublade stecken, was die taktische Ausrichtung betrifft. Deswegen werden die Münchner in der kommenden Saison schwerer auszurechnen sein als unter Guardiola.
Dieser hat zwar das Spiel nahezu perfektioniert, doch in der Champions League gegen Gegner auf Augenhöhe könnte sich Ancelottis Stil als effektiver erweisen.
Seine Bilanz ist jedenfalls beeindruckend: Neben vieler nationaler Titel gewann Ancelotti bereits drei Mal die Champions League. Zuletzt mit Real Madrid im Jahr 2014, als er mit einem 4:0 im Halbfinal-Rückspiel Guardiolas Bayern demütigte.
Carlo Ancelotti und die Lösungsoptionen
Ancelottis fussballtaktische Grundlagen fussen auf seinem einstigen Mentor beim AC Mailand, Arrigo Sacchi. Unter ihm feierte Ancelotti als zentraler Spielgestalter grosse Erfolge.
Sacchi liess in der Regel im kontrollierten 4-4-2-System spielen. Diese Ausrichtung präferierte Ancelotti auch lange. Doch im Laufe seiner langen Karriere bei Top-Klubs in Italien, Frankreich, England und Spanien passte er seine Idee des Spiels konsequent an die jeweilige Situation an.
In seiner 1997 veröffentlichten Facharbeit mit dem Titel "Die Zukunft des Fussballs" schrieb er: "Ich denke, dass sich der Fussball dahingehend entwickeln wird, dass vor allem die Lösungsoptionen im Angriffsspiel optimiert werden - allerdings unter Wahrung des Gleichgewichts von Verteidigung und Angriff."
Spielidee steht nicht über Akteuren
Die Wahrung des Gleichgewichts als oberstes Mantra spiegelt sich auch in Ancelottis Mannschaftsführung wider. Er gilt als genialer Moderator, der die Hierarchie eines Teams aufrechterhält, in dem er die Stars stärkt, ohne die anderen zu ignorieren.
Spieler wie Cristiano Ronaldo oder Zlatan Ibrahimovic schwärmen noch heute von Ancelotti. Im Gegensatz zu Guardiola steht bei ihm die Spielidee nicht über den Akteuren. Das Gegenteil ist der Fall, die Spieler sind seinem Verständnis nach in erster Linie für das Spiel verantwortlich.
Im Falle des FC Bayern könnte das bedeuten, dass Stars wie Thomas Müller oder Arjen Robben mehr Freiheiten bekommen als unter Guardiola. Bei seinen bisherigen Trainerstationen hat Ancelotti meisterhaft bewiesen, dass dadurch nicht der Gesamtauftritt seiner Teams leidet.
Zurückhaltung beim Engagieren neuer Spieler
Da Ancelotti die Balance wahren will, wird er mit der Forderung nach neuen Spielern behutsam sein. Ein paar könnten aber auf sein Zutun hin zum FC Bayern stossen.
So gilt der hochtalentierte französische Nationalspieler Raphael Varane als ein Musterschüler Ancelottis. Unter ihm reifte der Innenverteidiger zum Stammspieler bei Real Madrid. Bayern München klopfte bereits im vergangenen Sommer bei Real wegen Varane an. Mit Ancelotti als Trainer stünden die Chancen auf eine Verpflichtung gut - Kontakt zwischen Bayern und dem Franzosen scheint momentan aber nicht zu bestehen.
Ein weiterer Bekannter Ancelottis aus alten Zeiten ist der Argentinier Gonzalo Higuain. Der Angreifer steht derzeit beim SSC Neapel unter Vertrag und trifft verlässlich, in 17 Saisonspielen erzielte er 16 Tore. Ancelotti sagte vor wenigen Tagen der italienischen Zeitung "Gazzetta dello Sport": "Von all den ausländischen Spielern, würde ich Gonzalo Higuain am liebsten in meiner Mannschaft haben."
Sollte er den Argentinier tatsächlich nach München locken, könnte er gleich einmal zeigen, wie es um seine Fähigkeiten der Mannschaftsführung bestellt ist. Schliesslich haben die Münchner in Robert Lewandowski einen ziemlich ehrgeizigen und treffsicheren Stürmer in ihren Reihen.
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