RB Leipzig gastiert am Samstagabend zum Topspiel bei Bayer Leverkusen. Vor dem Bundesliga-Kracher sprach Nationalspieler David Raum mit unserer Redaktion über Freundschaft unter Rivalen und die Stunden vor dem Anpfiff.

Ein Interview

Herr Raum, die EM 2024 liegt jetzt ein paar Wochen zurück. Wie präsent ist bei Ihnen noch das Viertelfinal-Aus gegen Spanien?

Mehr News zur Bundesliga

David Raum: Klar, hört man auch noch von Leuten, wie bitter das Ausscheiden war. Ich denke aber weniger an die bitteren Momente zurück, sondern an die schönen Momente, die wir gemeinsam hatten. An das Trainingslager, an die Zeit, die wir über das Turnier miteinander verbracht haben. Und an die Resonanz, die wir vom Land erfahren haben.

Raum erzählt von seiner Freundschaft zu Kimmich und Andrich

Was den Fans in Erinnerung geblieben ist, ist Ihre enge Freundschaft zu Joshua Kimmich vom FC Bayern. In der Bundesliga sind Sie Rivalen.

Es war nicht nur mit Joshua Kimmich so, auch Robert Andrich war dabei. Wir waren ein ganz lustiges Dreieck. Jo war immer einer, zu dem ich aufgeschaut habe. Er legt immer eine Top-Einstellung an den Tag und gibt in jedem Training alles. Ich habe mich ein bisschen in ihm gesehen, weil auch ich immer einhundert Prozent gebe. Bei der EM haben wir viel Zeit miteinander verbracht und es hat einfach gepasst. Dann kam noch Rob Andrich dazu. Da ist eine Freundschaft entstanden, unsere Familien haben sich kennengelernt. Klar, sind wir in der Bundesliga Rivalen, aber man kann privat trotzdem befreundet sein.

Und heute schreiben Sie sich Nachrichten, wenn der Andere ein Spiel hatte?

Wir haben eine WhatsApp-Gruppe. In dieser haben wir zum Beispiel Rob zum Supercup gratuliert. Hin und wieder haben wir in der Gruppe Kontakt und quatschen ein bisschen.

Das ganz grosse Ziel haben Sie bei der Heim-EM mit dem DFB-Team verfehlt, den Titel. Welche Ziele haben Sie sich mit RB Leipzig gesetzt?

In erster Linie will ich meine vergangene Saison bestätigen. Ich hatte ein gutes zweites Jahr, nachdem ich im ersten Jahr etwas Anlaufzeit gebraucht habe. Bei RB Leipzig ist alles ein bisschen grösser. Es ist ein Champions-League-Verein. Letzte Saison habe ich meine Leistung auf den Platz gebracht und konnte mit meinen Scorerpunkten helfen. Ich bin mit 26 in einem guten Fussballer-Alter, in dem ich schon was erlebt habe. Ich komme an die 100 Bundesliga-Spiele ran und habe über 20 Länderspiele. In einer jungen Truppe, wie wir sie haben, versuche ich, mit meiner Mentalität und meiner Einstellung voranzugehen.

Meisterkandidat RB Leipzig? David Raum beschwichtigt

Sie sprechen viel von Einstellung. Wie pushen Sie sich vor einem Spiel?

Ich bin vor dem Spiel nicht komplett verbissen und nicht nur im Tunnel. Ich versuche, das zu geniessen, was ich gleich machen darf. Ich verdiene mein Geld mit Fussballspielen, was immer mein Traum war. Und das darf ich auf höchstem Niveau machen. Und ich darf für mein Land spielen. Das ist ein grosses Privileg.

Lesen Sie auch

Und wie lenken Sie sich am Spieltag ab?

Vor einem Spiel schreibe ich mit meinen Freunden und schaue mir auf dem Handy Videos an, was ich mit meinen Freunden erlebt habe. Oder ich höre mir Musik an, die mich an eine coole Zeit erinnert. Das lockert auf. In der Kabine versuche ich, viel mit meinen Mitspielern zu kommunizieren und ihnen ein gutes Gefühl zu geben. Ich baue hier und da einen lustigen Spruch ein, wenn die Jungs vielleicht etwas zu verbissen sind. Aber ich erinnere sie auch daran, dass wir gleich zusammen auf dem Platz stehen werden. Wenn nach einem Spieltag die Spannung abfällt, gehe ich ganz gerne golfen.

Nochmal zur Meisterschaft: Sky-Experte Lothar Matthäus hatte im Gespräch mit unserer Redaktion RB Leipzig als Meisterkandidaten genannt.

Ich bin auch im Privatleben kein Mensch, der zu viel plant oder den zweiten Schritt vor dem ersten Schritt macht. Die Saison ist noch sehr jung. Wir haben den Luxus, dass wir Champions League spielen dürfen. Unser Team hatte durch Transfers nicht so einen grossen Umbruch wie in den letzten Jahren, stattdessen sind viele Spieler eng zusammengeblieben. Wenn wir unsere Neuzugänge so einbinden können wie bereits bei Antonio Nusa der Fall, und wenn Spieler wie Xavi Simons und Lois Openda weiter so abliefern, können wir jeden schlagen. Dann ist diese Saison viel möglich.

Bayer Leverkusen gegen RB Leipzig: David Raum will "Spiel stören"

Neuzugang Antonio Nusa, der vom FC Brügge kam, hat in seinen ersten zwei Pflichtspielen zweimal getroffen. Was zeichnet ihn aus?

Seine Unbekümmertheit. Er ist ein sehr junger Spieler (19 Jahre, d.Red.), der gerne ins Eins-gegen-Eins geht. Er kann links vorbei, rechts vorbei, hat ein brutales Tempo und ein gutes Dribbling. Der Junge kam hier an, war komplett offen. Er ist mutig auf dem Platz. Er hat es bei uns aber auch leicht, direkt Anschluss zu finden, weil wir ihm das bestmögliche Ambiente bieten wollen. Dass er in zwei Spielen direkt zweimal trifft, ist natürlich ein perfekter Einstand. Wir geben ihm aber die Zeit, dass er weiter in das System reinkommt, das wir spielen wollen.

An diesem Samstag spielen Sie in Leverkusen. Wie wollen Sie den Meister bezwingen?

Gegen eine Topmannschaft ist es wichtig, ihr Spiel zu stören. Dass sie ihre Abläufe nicht ins Rollen bringen. Das müssen wir umsetzen. Leverkusen kommt über Ballbesitz und Kreativität, schmeisst offensiv alles rein. Wir müssen schauen, dass sie ins Verteidigen kommen, dass wir vorne draufgehen. Es geht darum, welche Mannschaft besser auf das System des Gegners reagiert. Da müssen wir wach sein.

Den Bogen zum DFB gespannt: Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Thomas Müller und Manuel Neuer sind zurückgetreten. Was haben Sie sich abgeschaut?

Die Ausstrahlung, die Manuel Neuer auf die eigenen Mitspieler hat, ist brutal. Er strahlt immer Sicherheit und Selbstvertrauen aus. Thomas Müller zu beschreiben, da würden wir noch eine Stunde hier sitzen. Ich habe ihm bei der Nationalmannschaft gesagt: "So einen wie dich wird es nie wieder geben." Er ist als Typ so einzigartig in diesem Fussballgeschäft. Er hat Spiele so schnell analysiert und war einer der intelligentesten Fussballer, mit denen ich je zusammengespielt habe.

Über den Gesprächspartner

  • Der gebürtige Nürnberger David Raum (26) wurde in der Jugend der SpVgg Greuther Fürth ausgebildet, für die er mit 18 Jahren sein Profidebüt in der 2. Liga gab. 2021 stieg er als Stammspieler mit den Franken in die Bundesliga auf. Nach einem Jahr bei 1899 Hoffenheim wechselte der Linksverteidiger im Sommer 2022 zum Topklub RB Leipzig. Mit den Sachsen holte Raum 2023 den DFB-Pokal. Sein Debüt für die Nationalmannschaft gab er im September 2021.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.