Borussia Dortmund wirbelt derzeit nur so durch die Wettbewerbe, die Offensivpower des BVB ist beeindruckend. Der Sieg in Wolfsburg offenbarte aber auch erhebliche Schwächen in der Defensive. Auf Dauer und im Kampf gegen die Bayern könnten die zu einem grossen Problem werden.

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Am Ende standen einige Rekorde. Gut, Borussia Dortmund hatte es tatsächlich gewagt, nach zwei 6:0-Siegen nicht schon wieder ein halbes Dutzend Tore folgen zu lassen. Beim VfL Wolfsburg gab es "nur" ein 5:1, so vermessen könnte man mittlerweile schon argumentieren.

Auf der anderen Seite hat zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Bundesliga eine Dortmunder Mannschaft in drei Pflichtspielen in Folge fünf oder mehr Tore erzielt. Ousmane Dembele durfte gegen Wolfsburg auch einen Treffer erzielen. Es war der erste eines Franzosen überhaupt für die Borussia.

Und weil jetzt auch noch Dembele endlich den Ball ins Tor geschossen hat, durften sich bereits nach wenigen Wochen der noch jungen Saison alle Sommer-Transfers des BVB mindestens einmal als Torschütze feiern lassen.

Thomas Tuchels Änderungen greifen

Borussia Dortmund hat sich vom Ausrutscher in Leipzig gut erholt. Die Mannschaft hat gezeigt, dass es sich beim 0:1 gegen den Aufsteiger tatsächlich nur um einen Betriebsunfall gehandelt haben muss und bringt seinen Hochleistungsmotor gerade erst so richtig in Fahrt.

Die meisten erzielten Tore, die beste Passquote der Liga, das sauberste Passspiel in der gegnerischen Hälfte, die beste Verwertung von Grosschancen, die stärkste Zweikampfquote: Derzeit führt der BVB viele der relevanten Statistiken an. Vor dem Champions-League-Spiel in Warschau, es war wenige Tage nach der Niederlage von Leipzig, hatte Thomas Tuchel einen kleinen Paradigmenwechsel angekündigt.

Er habe in Leipzig viel über seine runderneuerte Mannschaft erfahren. Für die nächsten Spiele kündigte Tuchel deshalb eine etwas abgeänderte Strategie an: Sein Team solle ab sofort wieder einfacher spielen, die Abläufe entkrampfen, dafür die Schlagzahl an Aktionen besonders in der gegnerischen Hälfte erhöhen. So würde Sicherheit entstehen und Zutrauen in die eigene Stärke. So entstanden ein 6:0, ein 6:0 und ein 5:1.

Die Neuen schlagen ein

Dass die Borussia im Prinzip - wie die Bayern - zwei komplette Kader zur Verfügung hat, um in dieser Saison zu Erfolgen zu kommen, ist lange bekannt. Die neuen Spieler sind schnell integriert, einige bisher gute Verstärkungen, andere wie der Portugiese Raphael Guerreiro sind aus dem Stand zu fast schon unverzichtbaren Leistungsträgern geworden.

Das spricht zum einen für das Scouting der Borussia und zum anderen dafür, wie schnell Tuchel in der Lage ist, aus Versatzstücken und Einzelteilen ein funktionierendes Konstrukt zu formen. Eines, das trotz der überzeugenden Ergebnisse zuletzt noch lange nicht angekommen ist am Maximum.

Denn, das darf bei allem Lob und bei aller Euphorie und der Freude über den vorübergehenden Tabellenplatz eins nicht vergessen werden: In Wolfsburg hatte der BVB auch schwierige Phasen zu überstehen, einen starken Torhüter und jede Menge Glück. "Es hat sich lange nicht nach so einem klaren Ergebnis angefühlt. Wir haben trotz der 2:0-Führung auch viel leiden müssen und zu viele hochkarätige Chancen zugelassen", räumte Tuchel ein.

Probleme in der Defensive

Fast eine Halbzeit lang hatte der BVB grosse Probleme mit seinem Defensivspiel und es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass dies die schwächste Defensivleistung der bisherigen Dortmunder Saison war.

Besonders über die Aussen wurde Dortmund immer wieder aufgerissen, Wolfsburg kam zu einer Vielzahl von Flanken und entsprechend auch zu vier, fünf Grosschancen und zum Anschlusstor durch Daniel Didavi. Dass dieser Schockmoment dann wieder die Kehrtwende einleitete, war zumindest bemerkenswert.

"Das Anschlusstor hat die Statik des Spiels verändert", erklärte Tuchel und wollte einen Wandel bei seinem Team erkannt haben. "Wir wurden griffiger und haben die Chancen sehr effektiv genutzt. Am Ende ist das ein unglaubliches Ergebnis."

Die Offensivpower des BVB ist gewaltig, Tuchels Optionen sowohl personeller als auch inhaltlicher und spieltaktischer Natur fantastisch. Aber reicht das, um die Bayern in dieser Saison auf dem Weg zum fünften Titelgewinn in Folge auch aufzuhalten?

Die Defensivbewegung offenbarte nicht nur gegen Wolfsburg noch einige Probleme und eine Schwächephase wie gegen die Wölfe, als das Spiel der Dortmunder trotz der schnellen 2:0-Führung bedenklich auf der Kippe stand, haben sich die Bayern gefühlt vor fünf Jahren zuletzt erlaubt.

Die kleinen Spiele entscheiden

Es sind die kleinen Spiele, in denen die Meisterschaft entschieden wird. In der vergangenen Saison hat der BVB trotz seiner vielen Rekorde genau hier die minimale Chance auf den Titel verspielt, durch Punktverluste gegen Mannschaften wie Hoffenheim, Darmstadt, Köln, Hamburg oder Frankfurt.

Das passiert den Bayern schon lange nicht mehr. Und wenn, dann erst, wenn sie längst als Meister feststehen und sich auf grössere Dinge in der Champions League konzentrieren. Hierin wird der Schlüssel liegen für den BVB. Insofern war die Partie in Wolfsburg - gerade nach dem Leipzig-Ausrutscher - ein Schritt in die richtige Richtung. Aber auch nicht mehr.

Thomas Tuchel weiss das. Deshalb stimmte er nach dem Spiel in Wolfsburg auch nicht in den allgemeinen Tenor mit ein. "Wir hatten auch Glück. Mit den beiden klaren Siegen davor hatte dieses Spiel nichts zu tun." Vielleicht ist auch das eine Chance: Dass der Trainer als Mahner und kritischer Beobachter noch eine Spur aggressiver geworden ist. Nur so könnte es was werden mit Borussia Dortmund als echtem Bayern-Jäger.

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