Die Asienreise des FC Bayern wird nun sogar von den Bossen selbst kritisch gesehen. Der Spagat zwischen Marketinginteressen und einer vernünftigen Vorbereitung ist jedenfalls so gross wie noch nie beim Rekordmeister.

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So ist das eben, wenn man von Miesbach bis Malaysia ein bunter Hund sein will. Oder halt der grosse FC Bayern München.

Der Rekordmeister weilt immer noch in Fernost, tausende Kilometer entfernt von der Säbener Strasse gibt es mal wieder neue Märkte zu erschliessen und es gilt den Asiaten zu zeigen, wie glamourös der FC Bayern sein kann.

Uli Hoeness hat den Gegenwert dieses Glamours vor ein paar Wochen in markigen Worten umrissen und mit ein paar Zahlen garniert, die aufhorchen liessen.

Hoeness sprach da von einem chinesischen Spieler, der irgendwann beim FC Bayern spielen werde. Und "wenn dieser Chinese bei uns spielt, wird der eine irre Nachfrage erzielen".

Hoeness' einfache Rechnung ging so: "Wenn wir am Samstag dann wahrscheinlich um zwei Uhr spielen, damit in Shanghai oder Peking in Primetime live übertragen werden kann, drücken 300 Millionen Chinesen auf ihr Smartphone und zahlen je einen Euro." Dann, so der 65-Jährige, könne man sich in etwa vorstellen, wohin das führen würde.

Hoeness: "Das ist sicherlich grenzwertig"

Zunächst mal führt das die Bayern nach China und Singapur. Beim International Champions Cup präsentieren sich die Bayern als Klub zum Anfassen, nehmen Sponsorentermine war, hetzen von einem Ort zum nächsten - und zwischendurch darf die Mannschaft dann auch mal gegen hochkarätige Gegner zu Testspielen antreten. Oder sollte man es eher Show-Events nennen?

Neulich haben die Münchener solch ein Spiel mit 0:4 gegen den AC Milan verloren. Die Italiener haben nach dürren Jahren gewiss wieder eine ordentliche Mannschaft zusammen und sind vielleicht auch auf dem Weg, wieder an die europäische Spitze heranzuschnuppern. Aber ein 0:4, drei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel der Saison?

Es war wohl nicht nur diese Partie gegen die Rossoneri, die die Bosse ein wenig aufgeschreckt hat.

Hoeness selbst hat sich jetzt im Rahmen eines Pressetermins auf der Reise überraschend kritisch und auch selbstkritisch geäussert.

"Das ist sicherlich grenzwertig, was wir gemacht haben bis jetzt. Wir werden sicherlich weiter diese Reisen machen. Aber ob man unbedingt vier Spiele in zwölf Tagen machen sollte mit einer Reise in ein anderes Land noch, das wird sicherlich auf den Prüfstand kommen", sagte der Präsident am Montag.

Die Bayern tanzen aus der Reihe

Die Bayern reisten von China nach Singapur, offenbar auf ausdrücklichen Wunsch des Veranstalters.

Nach zwei Spielen in China stehen nun noch zwei Partien in Singapur an, unter sehr extremen klimatischen Bedingungen.

Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit machen der Mannschaft ebenso zu schaffen wie die langen Reisen.

Dem Veranstalterwunsch habe man dieses Mal entsprochen, so Hoeness. "Aber ob das für alle Zeiten gelten muss, wage ich sehr zu bezweifeln."

Nun ist das nicht die erste Reise nach Fernost der Bayern und die Münchener teilen ihr "Schicksal" schliesslich auch mit einer ganzen Reihe an Spitzenklubs, die unter denselben Bedingungen spielen, reisen und trainieren müssen.

Aber selbst bei den Bayern, die so gern als Global Player gesehen werden und sich - siehe Hoeness - berechtigte Hoffnungen auf einen noch jungen, wenig erschlossenen aber dafür umso zahlungskräftigeren Markt machen dürfen, keimen Zweifel.

Im Sinne einer gezielten Saisonvorbereitung ist der Trip nicht zu sehen. Während das Gros der Bundesligisten praktisch vor der Haustüre in den europäischen Alpenregionen trainiert und schwitzt, in einem gemässigten Klima unter besten Bedingungen und nahezu ohne Reisestress, haben die Bayern das genaue Gegenteil zu absolvieren.

Keine Ausreden für die Liga

"Dass es so heiss ist, überrascht natürlich", sagte Karl-Heinz Rummenigge nach der Klatsche gegen Milan. "Man hat schon gemerkt, dass die Mannschaft müde war gestern. Gegen Milan war der tote Tag. Man hat die Strapazen gemerkt." Hoeness sprach von einem "Tiefpunkt der Kraft".

Immerhin: "Marketingtermine werden jetzt ein Stück weniger", so Rummenigge. "Aber das Wetter ist leider, wie es ist. Jetzt müssen wir schauen, dass wir in Singapur zwei gute Spiele haben."

Dass unter den Asien-Wochen mit insgesamt rund 22.000 Flugkilometern jetzt aber die Leistung in der Bundesliga leiden könnte, will Rummenigge nicht gelten lassen. "Man darf nicht vergessen: Wenn wir zurückkommen, sind immer noch drei Wochen bis zum ersten Bundesligaspiel. Deswegen sehe ich da überhaupt keine Problematik."

Auch zu Hause bleibt es stressig

Allerdings hetzen die Bayern auch in der Heimat von einem Termin zum nächsten: Erst der eigene Audi-Cup, dann der Supercup gegen den BVB, dann die erste Runde im Pokal und dann der Auftakt in der Liga.

In München werden die Termine nicht weniger - sie werden nur anders priorisiert.

Von den gewünschten sportlichen Zielen konnten die Bayern in Fernost offenbar nur ein paar umsetzen.

Die erstaunliche Frühform, die die Bayern beim ersten von drei Vorbereitungsturnieren, dem Telekom-Cup, gezeigt hatten, war offenbar nicht so leicht zu konservieren.

Der Mannschaft fehlen in China und Singapur die Verletzten Manuel Neuer, Jerome Boateng und Arjen Robben sowie die Confed-Cup-Nachzügler Joshua Kimmich, Niklas Süle, Sebastian Rudy und Arturo Vidal.

Ein echtes Teambuilding wird auch erst wieder zu Hause in München möglich sein.

Das sind eben die Unwägbarkeiten, mit denen Carlo Ancelotti klarkommen muss. Und mit denen der Italiener offenbar auch gar keine Probleme hat.

Von einem grossen Ballast will Ancelotti vor den beiden letzten Spielen gegen Chelsea und Inter jedenfalls nichts wissen. "Wenn ich jetzt schon Druck hätte, wäre ich zu Saisonbeginn tot."

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