Die historische vierte deutsche Meisterschaft in Folge scheint dem FC Bayern endgültig sicher. Die momentan aber eher durchschnittlichen Leistungen und der gefürchtete Spannungsabfall lassen einige Kritiker aber an den Chancen in der Champions League zweifeln. Dabei könnte man genauso gut das Gegenteil behaupten.

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Das dürfte es dann gewesen sein mit den letzten Dortmunder Meisterschaftshoffnungen - so sie denn überhaupt noch gehegt wurden.

Die Meisterschaft ist entschieden

Das Remis im Derby gegen Schalke lässt den Rückstand auf den FC Bayern wieder auf sieben Punkte anwachsen, preist man das um 16 Treffer bessere Torverhältnis der Münchener noch mit ein, sind es virtuell schon acht Punkte.

Borussia Dortmund hat wochenlang alles versucht, hat den Bayern keine Ruhe gelassen. Jetzt ist die Sache aber wohl endgültig entschieden.

"Seit Wochen ist die Gemengelage so, dass wir ständig am Sonntag spielen und die Bayern am Samstag vorlegen können. Man muss das einfach auch anerkennen: Es ist ein sehr realistisches Szenario, dass die Bayern Meister werden", hakt Trainer Thomas Tuchel den Titel ab.

Die Bayern und der BVB waren die einzigen beiden Mannschaften des Landes, die noch in allen drei Wettbewerben reelle Chancen auf Silberware hatten, jetzt hat der mit einer B-Elf im Derby angetretene BVB in der Liga durchaus kalkuliert abreissen lassen.

Für die Bayern sollten das schöne Nachrichten sein. Der vierte Titel in Folge, diese historische Meisterschaft, die der Klub vor der Saison als einziges Saisonziel wirklich greifbar formuliert hatte, ist im Prinzip nur noch Formsache.

Von den fünf noch ausstehenden Partien müssen die Bayern wenigstens drei gewinnen, und bei bislang 24 Siegen aus 29 Spielen muss man kein Rechenkünstler sein, um das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach Ende April als Termin der möglichen Meisterkrönung zu definieren.

Damit wären die Bayern erneut vor dem Monat Mai am Ziel. Immerhin würde es aber noch bis zum 32. Spieltag dauern und damit die "späteste" Meisterschaft unter Pep Guardiola sein.

In den drei Jahren davor wurden die Münchener bereits am 28., am 27. und am 30. Spieltag Turbo-Meister, also weit vor jenen Wochen, die gemeinhin als entscheidende Sequenzen einer Saison geführt werden.

Droht Bayern der Spannungsabfall?

Das hat auch schon zu einigen Problemen geführt und auch jetzt macht das unschöne Wort vom möglichen Spannungsabfall wieder die Runde. Derzeit tönen ohnehin immer mal wieder Stimmen durch, die den Bayern einen Leistungsknick anheften wollen.

Aus den letzten zehn Spielen gab es lediglich einen überzeugenden Sieg, das 5:0 gegen allerdings auch nicht wettbewerbsfähige Bremer. Dazu zuletzt drei 1:0-Siege in Folge und am Wochenende ein mühsames 3:1 in Stuttgart.

Thomas Müller und Robert Lewandowski, mit zusammen 44 Treffern das gefährlichste Duo der Bundesliga, haben zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison in drei Spielen in Folge nicht getroffen.

Das sind die wenigen Fakten, die manche Kritik befeuern. Dass in der Liga trotzdem alles nach Plan läuft, scheint nicht jeden zu interessieren.

Für einen Klub wie den FC Bayern gelten schliesslich andere Massstäbe. "Diese Diskussion kann es gerne geben", sagt Thomas Müller. "Dass wir vielleicht nicht überzeugen, aber Spiel für Spiel gewinnen, zeugt von Abgezocktheit und Cleverness, die grossen Mannschaften so gerne nachgesagt werden."

Bayern noch solide in der Spur

Das kann man so sehen. Jedenfalls sind die Bayern auch ohne die grossen rauschenden Feste noch immer solide in der Spur - was man im Hinblick auf die angeblich grössten Konkurrenten im Kampf um die Champions-League-Krone nicht eben behaupten kann.

Paris Saint-Germain steht nach dem 2:2 zu Hause gegen Manchester City ebenso vor dem Aus wie Real Madrid, das gegen Wolfsburg sogar einen Zwei-Tore-Rückstand aufholen muss. Dagegen kommt Bayerns 1:0 vor dem Rückspiel gegen Benfica wie ein dickes Polster daher.

Und der FC Barcelona? Hat zwar 2:1 gegen Atlético gewonnen, ist aber trotz des dünnen Sieges im Hinspiel weiter auf der Suche nach jener traumwandlerischen Form, die die "Blaugrana" zuvor durch die Wettbewerbe hat schweben lassen.

Der Niederlage im Clásico folgte ein 0:1 in San Sebastian, von acht Punkten Vorsprung sind nur noch drei geblieben und plötzlich zittert Barca um den längst sicher geglaubten Titel in der Primera Division. Dagegen nehmen sich Bayerns Probleme vergleichsweise klein aus.

Guardiola hat aus seinem Fehler gelernt

Die Münchener können sich auf der einen Seite fast schon sicher sein, dass sie die Meisterschaft holen werden, müssen auf der anderen Seite aber auch noch ein bisschen was dafür tun.

Diese ungewohnte Mischung aus Anspannung und Lockerheit könnte eine ganz gute Mixtur ergeben; sie ist auf alle Fälle schon mal gänzlich unterschiedlich zu dem, was in den letzten Jahren unter Guardiola zu erkennen war.

Den Fehler, eine Saison unterbewusst nur noch ausklingen zu lassen, um dann in den entscheidenden Duellen in der Königsklasse oder im DFB-Pokal nicht auf den Punkt zur Stelle zu sein, wird Guardiola nicht mehr begehen.

Insofern hilft ihm jetzt die halb geklärte Situation in der Liga eher, als dass sie ihm schaden könnte.

Und wenn die Bayern, die ja trotz ihres mitunter schleppenden Spiels derzeit immer noch genügend Torchancen produzieren, auch wieder kälter vor dem gegnerischen Tor werden, sind die einhundert Prozent fast wieder erreicht.

"Wir müssen die Effizienz steigern, aber wir sind da auf einem guten Weg", glaubt auch Thomas Müller.

Wenige Wochen vor dem Ende der Saison spielen die Bayern jedenfalls nicht am Limit und nicht ihren tollkühnsten Fussball. Sie sind in Lauerstellung, so, als wollten sie sich bereit machen für den grossen Sprung. "Wir haben noch Luft nach oben", sagt Matthias Sammer.

Das ist für den Moment keine befriedigende Erkenntnis, sagt sie doch aus, dass derzeit nicht alles reibungslos glatt läuft. Kitzeln die Bayern aber ihr brachliegendes Potenzial noch heraus, lässt das für die anstehenden Wochen Grosses erhoffen.

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