Die Vorbereitung verlief nicht geräuschlos - und trotzdem erscheint der FC Bayern München wenige Tage vor dem Saisonstart hervorragend gerüstet. Auf dem Platz sollte beim Rekordmeister alles glatt laufen. Hinter den Kulissen lauern aber Probleme.

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Nun ist der AC Mailand seit ein paar Jahren keine furchteinflössende Grösse des europäischen Fussballs mehr. Auch Real Madrid verliert ohne Karim Benzema, Gareth Bale und natürlich Cristiano Ronaldo sehr viel von seinem Schrecken.

Der Triumph des FC Bayern München beim Audi Cup gegen eben jenes Mailand und Real und vor allen Dingen die Art und Weise, wie Pep Guardiolas Mannschaft jeweils den Gegner beherrscht und am Ende geschlagen hat, verdient trotzdem Beachtung.

Am Wochenende beginnt für den Rekordmeister die Pflichtspiel-Saison, im DFB-Pokal wartet der FC Nöttingen aus der Oberliga Baden-Württemberg. Zur Einstimmung auf den Fünftligisten hätte es die Motivationsspritzen gegen Mailand und Madrid wohl eher nicht gebraucht. Aber für einen Klub wie den FC Bayern ist eben nur ein Auftakt mit Silberware auch ein standesgemässer Auftakt. Und ein Fingerzeig dafür, wohin es in dieser Spielzeit gehen soll.

Es wird die dritte von Trainer Guardiola in München. Viele sagen, es sei seine letzte Chance, nach zwei Meistertiteln und einem Pokalsieg nun endlich auch die Champions League zu gewinnen. Die Personalie Guardiola wird den Klub treu durch grosse Teile der Vorrunde begleiten, bis dann im Herbst oder sogar erst im Winter die Gespräche anlaufen sollen, ob und wie sein bis Sommer 2016 datierter Vertrag in München verlängert wird. Oder eben nicht.

Vorbereitung nicht ohne Probleme

Guardiola selbst sorgte mit seiner abwartenden Haltung für das grösste Störfeuer einer ziemlich turbulenten Vorbereitung, der Verkauf von Klub-Ikone Bastian Schweinsteiger kam dazu sowie die Debatten um Mario Götze, der latent unzufrieden wirkt und über seine Zukunft allenfalls schwammige Angaben macht.

Es hätte durchaus einiges reibungsloser laufen können. Auch die Niederlage im Supercup gegen den VfL Wolfsburg wird nicht als Highlight in die Klubgeschichte eingehen. Danach ging es noch ein bisschen turbulenter zu als ohnehin schon an der Säbener Strasse. Der Gewinn des eigenen Testturniers konnte da einiges wieder glattbügeln.

"Es ist immer schön, wenn man Spiele gegen grosse europäische Mannschaften gewinnt", sagte Kapitän Philipp Lahm. "Auch weil wir den Supercup nicht gewonnen haben und dann gleich Unruhe da war. Diese beiden Siege geben uns Selbstvertrauen." Und sie lassen den Schluss zu, dass die Bayern den Saisonstart gar nicht mehr erwarten können.

Arturo Vidal und Douglas Costa schlagen ein

Das liegt nicht nur an den beiden Star-Zukäufen. Arturo Vidal und Douglas Costa haben sich in Windeseile integriert. Vidal deutete gegen Madrid seine Qualitäten im Pressing und in der Balleroberung mehrfach an, dazu bringt der Chilene auch eine ordentliche Geschwindigkeit für das Zentrum und eine gesunde Portion Führungspotenzial mit.

Xabi Alonso tut ein umtriebiger Geist wie Vidal an seiner Seite sehr gut, der Spanier kann sich vermehrt auf seine Akzente in der Spieleröffnung und den Pässen ins gegnerische Angriffsdrittel konzentrieren, ohne dabei stets die ordentliche Absicherung im Hinterkopf zu haben.

Mit ihm und Schweinsteiger waren die Bayern nicht selten sehr anfällig für schnelle Gegenstösse des Gegners, einer der grossen Schwachstellen der vergangenen Saison. Vidal gibt dem Zentrum offenbar eine Spur mehr Sicherheit. Und wenn dann noch Lahm zusätzliche ins Mittelfeld rutscht, dürften die Bayern nur noch schwer zu überrumpeln sein.

Und Douglas Costa? Der spielt einfach so weiter, als wäre er schon mehrere Jahre ein festes Mitglied dieser Mannschaft. Auch beim Audi Cup glänzte der Brasilianer mit atemberaubenden Dribblings und einer sehr selbstlosen Art. So sehr, dass er sich ein Extra-Lob seines Trainers verdiente. "Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen überrascht", sagte Guardiola, der gewiss nicht dafür bekannt ist, Einzelne aus dem Kollektiv herauszustellen. "Müller, Robben, Lewandowski werden mit ihm bessere Spieler. Seine Qualität im Eins-gegen-eins ist Wahnsinn", schwärmte der Trainer, der zudem noch Costas feine Defensivbewegung in Zusammenarbeit mit "Rückkehrer" David Alaba hervorhob.

Die Bayern haben mit Costa, Arjen Robben und Franck Ribéry nach dessen möglicher Rückkehr wieder eine ungeheuer starke Flügelzange, können wieder variabler spielen. Nicht mehr vorrangig durchs Zentrum, sondern über die Aussen. Das ist ein klarer Pluspunkt im Vergleich zu den wichtigen Spielen der vorherigen Saison, als den Münchenern solche Optionen nacheinander wegbrachen.

Mannschaft ist gierig

Dazu dürfte Robert Lewandowski ähnlich wie in seiner Zeit bei Borussia Dortmund im zweiten Jahr noch mehr aufdrehen. Die Mannschaft wirkt als Gruppe eingespielt und gefestigt. Natürlich wirkt der Verlust von Schweinsteiger immer noch nach und ganz sicher wird es auch Phasen geben, in denen der eine oder andere Fan dem Fussball-Gott nochmals hinterherweinen wird. Aber die Charaktere im Team und an der Seitenlinie werden in der Lage sein, das aufzufangen.

Und, was nach zwei eher enttäuschenden Jahren in der Königsklasse sehr wichtig sein wird: Die Mannschaft ist gierig. Leidtragende dürften in erster Linie die Klubs in der Bundesliga sein. Die Bayern haben längst gelernt, den Alltagsbetrieb seriös und teilweise sogar unterhaltsam zu gestalten, auch wenn vier, fünf oder sechs Stammspieler eine Pause einlegen dürfen. Für die deutsche Konkurrenz ist das kein gutes Zeichen und es müsste schon einiges passieren, wenn die Bayern nicht gleich wieder vom ersten Spieltag weg ganz vorne marschieren.

Kribbelig dürfte es erst zur Winterpause werden. Dann geht es im neuen Jahr auf dem Platz so langsam ans Eingemachte und an den Verhandlungstischen um die Zukunft des Trainers sowie einiger Spieler. Eine gewisse Unruhe können sich die Bayern im Prinzip nur selbst machen. Man muss sehen, wie Thomas Müller bis dahin wieder zu seiner totalen Lockerheit gelangt und ob sich Götze in seinem dritten Jahr endlich als Eckpfeiler etablieren kann.

Und in der Causa Pep dürfte es dann auch schon einige konkretere Hinweise geben. Als der Name des Trainers beim Endspiel des Audi Cups aufgerufen und sein Konterfei auf der Leinwand zu sehen war, gab es deutlich hörbare Pfiffe und Buhrufe. Und die kamen nicht alle nur von strammen Real-Madrid-Fans.

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