Jupp Heynckes soll den FC Bayern zum vierten Mal auf Linie trimmen. Uli Hoeness scheint damit ein echter Coup gelungen zu sein, auch wenn in der momentanen Lage durchaus heikle Fragen bleiben. Dennoch ist die Heynckes-Rückkehr vor allem eine Chance.
Aus der Reihe "Unnützes Wissen" stammt diese Statistik: Als
Mitten hinein in die hitzigen Diskussionen, wie schlecht es um den deutschen Vereinsfussball nach zuletzt sechs Niederlagen in Serie auf europäischer Bühne bestellt ist, platzte am Mittwochabend die Nachricht von der durchaus spektakulären Rückholaktion der Bayern.
Jupp Heynckes soll es ein viertes Mal richten beim Rekordmeister. Bis zum Saisonende habe man sich verabredet, es ist ein erneuter Gefälligkeitsdienst des mittlerweile 72-Jährigen für seinen Freund Uli Hoeness und jenen Klub, mit dem Heynckes die grössten Erfolge seiner Laufbahn feiern konnte.
Ein Rentner kehrt aus dem Ruhestand zurück
Nun haben die Bayern eine Lösung gefunden, die auf den ersten Blick ferner nicht hätte liegen können. Einen Rentner aus dem Ruhestand zu holen, der seit vier Jahren raus ist aus dem Geschäft und ihn in einer misslichen Lage wieder zu installieren, erscheint als Notlösung.
Aber im konkreten Fall - mit Heynckes und
Die Bayern haben offenbar mittlerweile selbst gemerkt, dass ihr Klub in einem Übergangsjahr steckt, das so einfach nicht zu meistern ist. Jedenfalls nicht von einem, dem sie es bis vor geraumer Zeit noch zugetraut hatten, den sie dann aber entlassen haben.
Jupp Heynckes soll den Kader bändigen
Heynckes gilt aber wie der geschasste
Der kennt den Kader in grossen Teile noch ganz gut, immerhin standen Manuel Neuer,
Es deutet einiges darauf hin, dass Heynckes vor allen Dingen deshalb geholt wurde, weil ihm am ehesten zugetraut wird, die Risse innerhalb der Truppe zu erkennen und zu kitten. Das hatte sich als grundlegendes Problem der letzten Wochen herausgestellt und hier gilt es für die Bayern anzusetzen.
Warum Heynckes und nicht Tuchel?
Andererseits haben die Bayern aber auch grosse Schwierigkeiten, so etwas wie einen definierbaren Spielstil auf den Rasen zu bekommen.
Unter Ancelotti war zuletzt vieles Wischiwaschi, keine klare Linie mehr erkennbar. Heynckes ist auch keiner, der Dinge einschleift und akribisch verbessert. Der so detailversessen arbeitet, dass er sich in Kleinigkeiten verlieren kann.
Sein Nachfolger
Und so einen hätten die Bayern wohl auch bekommen, wenn sie sich jetzt nicht für eine Übergangs-, sondern eine langfristige Lösung entschieden hätten.
Das hätte dieser Bayern-Mannschaft wohl auch ganz gut getan, wieder etwas über Fussball und konkrete Abläufe im Spiel zu lernen, sie im Training an ihre Grenzen zu bringen, um dann die einstudierten Mechanismen in den Spielen geradezu spielerisch aussehen zu lassen.
Aber die vielen Gerüchte aus Dortmund, Tuchels angebliche Schwächen in der Menschenführung und sein sperriges Gemüt haben ein Engagement verhindert. Denn, so hat es den Anschein, Heynckes ist ein Teil von Plan A.
Erst Heynckes, dann Nagelsmann?
Die Bayern wollen im Sommer offenbar Julian Nagelsmann holen. Einen Trainer, der sowohl ein Tüftler sein kann als auch einer, der in der Interaktion mit seiner Hoffenheimer Mannschaft glänzt.
Einer, der nach einer Phase des Umbruchs etwas aufbauen kann, der als gebürtiger Bayer eine gewisse Nähe zu München verspürt und, vielleicht am wichtigsten: Der die 1A-Lösung von Präsident Hoeness ist.
Sollte das der Plan sein, kann man den Bayern zur Übergangslösung Heynckes nur gratulieren. Auf den zweiten Blick konnte es keinen Besseren geben als Heynckes.
Dem wurden schon vor sechs Jahren, als er die Bayern ein drittes Mal übernahm, nachgesagt, er sei zu alt und zu ausgebrannt für diese Herkulesaufgabe, zu weit weg vom modernen Fussball. Zwei Jahre später holte Heynckes mit den Bayern das Triple und wurde Welttrainer des Jahres.
Heynckes gibt den Bayern Zeit
Für die Bayern geht es ja auch darum, die letzten Monate der goldenen Generation noch ein letztes Mal zu nutzen.
Mit Heynckes haben sie sich die grösstmögliche Respektsperson eingekauft, die man momentan als FC Bayern bekommen kann.
Die Bayern haben sich ein paar Monate Zeit erkauft, so scheint es. Sollte Nagelsmann hinter den Kulissen schon beschlossene Sache sein, hätten sie eine unangenehme und für sie völlig neue Situation zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison sauber gelöst.
Kaltstart für Heynckes
Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass Heynckes nun wie aus dem Nichts auftaucht und sich erst einmal wieder akklimatisieren muss. Hoeness hat die Freundschaft der beiden nun zum wiederholten Mal für einen SOS-Ruf genutzt, dem Heynckes auch gefolgt ist.
Aber die Vorzeichen im Vergleich zum letzten Engagement sind doch etwas anders: Heynckes hat damals einen Vertrag über zwei Jahre erhalten mit dem Auftrag, etwas zu entwickeln.
Und es gibt nicht wenige, die behaupten, ohne den GAU von 2012 mit Platz zwei, einer vernichtenden Niederlage im Pokalfinale gegen Dortmund und dem Drama im Finale dahoam wären die Bayern ein Jahr später nie in höchste Sphären aufgebrochen.
Jetzt gibt es diese beiden grossen Anreize nicht und auch der Kader hat sich, trotz einiger bekannter Gesichter, stark verändert und wirkt nicht so homogen und geschlossen wie damals.
Heynckes wird ein paar Versatzstücke moderieren und zusammenfügen müssen und es bleibt ihm als Welt-Übergangstrainer nicht viel Zeit.
Eine Vorbereitungsphase hat er nicht und der Kaltstart in den nächsten Wochen hat es in sich: Die Bayern spielen in den kommenden vier Wochen zweimal gegen Celtic in der Champions League, gegen RB Leipzig in der Liga und im Pokal und zu Abschluss das Spitzenspiel bei Borussia Dortmund.
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