Trotz dreier Siege in Folge weist der FC Bayern München noch einige Baustellen auf. Der Rekordmeister nimmt die Gegner nicht mehr spielerisch auseinander, sondern muss sich die Punkte hart erkämpfen.

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Auf den ersten Blick scheint es so, als sei die Bayern-Krise beendet: Sie haben drei Pflichtspiele in Folge gewonnen, sind auf den 2. Tabellenplatz vorgerückt und befinden sich in Schlagdistanz zu Spitzenreiter Borussia Dortmund. Steht uns also die Rückkehr der "Über-Bayern" bevor?

Nicht unbedingt: Die jüngsten Ergebnisse übertünchen lediglich die weiterhin vorhandenen Baustellen. Die Zeiten, in denen die Mannschaft spielerisch jeden nationalen Gegner dominierte, sind momentan in weiter Ferne.

Nicht ohne Grund sprach Trainer Niko Kovac vergangenen Samstag nach dem 2:1 in Mainz von einem "Arbeitssieg". Momentan ist das Spiel der Bayern geprägt von: viel Kampf, wenig Glanz!

"Es stimmt schon, wenn wir sagen, man muss sich jeden Sieg hart erarbeiten. Spielerisch ist es sicher nicht so, dass wir durch die Liga flattern", sagte Thomas Müller.

Ähnlich sieht es Joshua Kimmich, der auf der Vereinswebseite feststellte: "Man merkt, dass es uns noch nicht so leicht von der Hand geht. Wir können auf jeden Fall noch eine Schippe drauflegen."

Laut Kovac ist es völlig normal, dass die kürzlich durchlebte Krise mit vier Pflichtspielen ohne Sieg Spuren hinterlassen habe: "Wir können nach der kleinen Delle, die wir hatten, nicht erwarten, dass wir von jetzt auf sofort filigran spielen."

Das schwerfällige Passspiel

Doch was genau fehlt den Bayern noch zur alten Dominanz? Sowohl in Athen wie auch in Mainz war festzustellen, dass die Münchner den Ball nicht mehr so sicher und klug laufen lassen wie in früheren Zeiten.

Das Passspiel ist schwerfällig, es fehlen Tempo und Ideen, ungewohnt oft kommt es zu Ballverlusten. Auch weite Abschläge ins Nichts sind keine Seltenheit mehr.

Der Trainer hat das Problem erkannt: "Wir arbeiten tagtäglich daran, dass unser Passtempo, unsere Passschärfe auf einem hohen Niveau ist. Ein Pass ist schwer zu verteidigen, wenn er mit 50 km/h gespielt wird, aber umso leichter, wenn er nur mit 10 km/h gespielt wird."

Kovac lässt zwar häufig Pässe trainieren. Dabei soll es sich aber meist um einfache Kurzpass-Übungen handeln. Laut der Bild-Zeitung würden die Profis lieber komplette Spielzüge einüben.

Aussprachen mit Boateng und Lewandowski

Überhaupt soll es innerhalb des Vereins Unstimmigkeiten gegeben haben. Stürmer Robert Lewandowski und Verteidiger Jerome Boateng kritisierten in den vergangenen Wochen öffentlich fehlende Rückendeckung der Vereinsbosse.

Laut Informationen der Sport Bild gab es daher Aussprachen der beiden Spieler mit Uli Hoeness, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic. Boateng sagte gegenüber der Sport Bild: "Es war ein gutes Gespräch. Wir alle wollen das Gleiche: Erfolg mit dem FC Bayern. Dafür tun wir alles, was wir können."

Damit sind allerdings noch nicht alle Missstimmungen beseitigt. Mittelfeldspieler James Rodriguez soll zum Beispiel sauer sein, weil er unter Kovac nicht den gleichen Sonderstatus geniesst wie zuvor unter Jupp Heynckes.

Bayern fehlt Tempo, Geschwindigkeit oder Coman

Möglicherweise haben die Bayern momentan auch nicht den einen Spieler, der mit seiner individuellen Qualität den Unterschied ausmacht. Das glaubt jedenfalls Sky-Experte Dietmar Hamann.

"Den Bayern fehlt - und das kann man nicht oft genug sagen: Tempo, Geschwindigkeit oder einfach nur Kingsley Coman. Den vermissen sie an allen Ecken und Kanten", schrieb der Ex-Profi in seiner Kolumne auf sport.sky.de.

Dass die Flügelspieler Arjen Robben und Franck Ribery mit ihren 34 beziehungsweise 35 Jahren ins Alter gekommen sind, ist laut Hamann zu spüren: "Beide machen es immer noch sehr gut. Aber es ist für sie unmöglich in Sachen Geschwindigkeit mit zehn Jahren Jüngeren mitzuhalten."

Höchste Gegentor-Flut seit zehn Jahren

Nicht nur in der Offensive, sondern auch in der Defensive gibt es Probleme. Zehn Gegentore gab es in neun Bundesligaspielen – für Bayern der höchste Wert seit zehn Jahren.

Torwart Manuel Neuer strahlt noch nicht die Souveränität wie vor seiner Verletzung aus. Auch die Innenverteidiger Jerome Boateng, Niklas Süle und Mats Hummels agieren nicht auf Top-Niveau.

Mit dem Pokalspiel beim Regionalligisten SV Rödinghausen (heute, 20:45 Uhr) und den Heimspielen in der Bundesliga gegen den SC Freiburg (3. November) und in der Champions League gegen Athen (7. November) stehen drei machbare Aufgaben bevor.

Dortmund wird der Prüfstein

Spätestens am 10. November, wenn die Bayern auswärts beim Tabellenführer Borussia Dortmund antreten, wird der amtierende Meister allerdings voll gefordert sein.

Es bleibt also nicht viel Zeit, die verbleibenden Baustellen zu beseitigen.

Quellen:

  • Fcbayern.com: Harte Arbeit der Bayern zahlt sich aus
  • Sport Bild vom 30.10.2018: Bayern-Bosse: Aussprache mit Boateng und Lewandowski
  • Sport.sky.de / Hamann: Sehe beim BVB kein Limit
  • Weitere Stimmen von Pressekonferenzen und aus der Mixed-Zone
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