Strich drunter. Der Transfersommer ist endgültig vorbei. Zeit für den FC Bayern München, eine kritische Bilanz zu ziehen. Haben sich für die Münchner alle Wünsche erfüllt oder bleiben Baustellen zurück? Antworten gibt es im grossen Transfer-Zeugnis.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es war für die Bayern mit Sicherheit eines der aufregendsten Transferfenster der jüngeren Vergangenheit. Nicht nur wegen Ausgaben in Höhe von rund 143 Millionen Euro, sondern weil Bayern-Präsident Uli Hoeness den öffentlichen Fokus früh auf die Transferbemühungen des Rekordmeisters lenkte.

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"Wenn Sie wüssten, was wir schon alles sicher haben", sagte Hoeness im Frühjahr im "Doppelpass" auf Sport1. Ein Satz, der inzwischen Kultpotenzial besitzt. Denn danach passierte erstmal sehr lange: gar nichts!

Der Sommer zog sich und zog sich. Am Ende strahlten die Verantwortlichen aber viel Zufriedenheit aus. Der Wunsch-Kader sei nun beisammen, so der allgemeine Tenor, der durch das jüngste 6:1 des FCB gegen Mainz 05 ordentlich Rückenwind erfuhr. Doch der Blick auf die einzelnen Mannschaftsteile zeigt insgesamt ein gemischtes Bild.

Die Defensive

80 Millionen Euro für Lucas Hernandez, 35 Millionen Euro für Benjamin Pavard. Die Münchner leiteten in der Defensive mit der Verpflichtung von zwei französischen Weltmeistern entschlossen einen Umbruch ein.

Der Abgang von Edel-Backup Rafinha stand schon länger fest. Eigentlich schien klar, dass auch der zum Ende der vergangenen Saison extrem unzufriedene Jerome Boateng den Verein verlassen würde, doch letztlich war es Führungsspieler Mats Hummels, der das Weite suchte. Boateng bleibt. Trotz eines Last-Minute-Versuchs von Juventus Turin, der am Ende jedoch scheiterte.

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Der unglaublich bewegliche Hernandez (23) hat alle Qualitäten, um in München zum absoluten Weltklasse-Verteidiger zu reifen. Ausnahmespieler wie Liverpools Virgil van Dijk sind für ihn der Massstab. Pavard (23) muss sich beweisen, hat sich bisher aber sowohl auf Rechts, als auch in der Innenverteidigung ordentlich präsentiert.

Bayern geht in der Defensive gut aufgestellt und vor allem etwas variabler in die neue Saison. Dass die Münchner Mats Hummels ausgerechnet zum direkten Konkurrenten nach Dortmund ziehen liessen, gibt im Gesamtbild allerdings Abzüge in der B-Note.

Note: 2

Das Mittelfeld

Gemischter fällt das Urteil im Mittelfeld aus. Coutinho (auf Leihbasis) und Cuisance (12 Millionen Euro Ablöse) kamen. Missverständnis Renato Sanches (nach Lille) und James Rodriguez (zurück zu Real) verliessen den Verein.

Viele Beobachter verstanden nicht, warum Niko Kovac anders als Vorgänger Heynckes mit James nie so richtig warm wurde. Der torgefährliche Kolumbianer fand nie eine richtige Position im Kovac-System und kam häufig von der Bank.

Verpflichtet wurde stattdessen ein neuer Superstar im gleichen Alter mit ganz ähnlichem Profil. Coutinho vom FC Barcelona wurde der Bigshot, den die Bayern ihren Fans versprochen hatten. Ein Zehner, für den Kovac nun seine Formation von 4-3-3 auf 4-2-3-1 umstellen muss, damit seine Stärken optimal zur Geltung kommen können. Ob er allerdings ein deutliches Upgrade im Vergleich zu James ist, muss sich zeigen.

Gleichzeitig erhöhte die Verpflichtung von Coutinho den Druck, einen weiteren Sechser als Partner für Spielmacher Thiago zu verpflichten. Die Bayern überlegten lange und entschieden sich am Ende gegen einen weiteren Hochkaräter.

Mit Mickael Cuisance kam dafür ein spannender Perspektivspieler für die Mittelfeldzentrale. Kimmich könnte nun dauerhaft die Rolle neben Thiago übernehmen.

Mittelfristig wird die Bewertung dieses Transfersommers für den FC Bayern sehr stark an die Personalie Coutinho geknüpft sein. Er war der Hauptpreis in diesem Sommer. Ob er den hohen Erwartungen standhalten kann? Mal schauen.

Note: 3

Der Angriff

Hier erwarteten alle den grössten Angriff auf dem Transfermarkt. Mit dem Abschied von Arjen Robben und Franck Ribéry ging eine Ära zu Ende und die Bayern wollten auf den offensiven Flügeln ein Zeichen setzen. Selbst die 100-Millionen-Marke für einen einzelnen Transfer schien auf einmal realistisch.

Doch Nicolas Pépé, der inzwischen die Premier League aufmischt, entschied sich für den FC Arsenal. Ousmane Dembélé wurde offenbar diskutiert, aber verworfen. Callum Hudson-Odoi spielte beim FC Chelsea auf einmal doch eine grosse Rolle und wollte bleiben. Und Leroy Sané? Der entwickelte sich zum absoluten Top-Favoriten - dann verletzte sich Sané schwer am Knie.

Am Ende kam Ivan Perisic (30). Für fünf Millionen Leihgebühr von Inter Mailand. Perisic ist ein solider Offensivallrounder, der in der Lage ist, zehn bis 15 Bundesliga-Tore zu erzielen und den man in der Champions League guten Gewissens aufstellen kann. Ein Superstar ist er nicht.

Auch der von Robert Lewandowski vehement geforderte Backup für das Sturmzentrum kam nicht. Ob Jann-Fiete Arp, der vom HSV kam, in diese Rolle reinwachsen kann, ist mehr als offen. Thomas Müller muss hier im Zweifel aushelfen.

Insgesamt sind die Bayern vorne nach dem Robbéry-Abgang etwas schwächer aufgestellt als im Vorjahr.

So blieb der Grossangriff im Angriff ein nicht eingelöstes Versprechen.

Note: 4,5

Fazit zu den Transfers des FC Bayern

Insgesamt also Licht und Schatten beim Rekordmeister. Eine Drei im Schnitt. Das ist ok. Niko Kovac hat am Ende der Transferperiode einen Kader beisammen, der Favorit auf die Deutsche Meisterschaft ist und in der Champions League austesten muss, wie weit es gehen kann.

Schlägt Superstar Coutinho voll ein, sind die Diskussionen des Sommers ohnehin schnell vergessen.

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