Nach dem Rauswurf von Carlo Ancelotti rücken auch Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeness wieder in den Fokus. Bayerns Alphatiere sollten schnell wieder auf einer Linie agieren, will der Klub den Anschluss an die Spitze nicht verpassen.

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Es ist jetzt eine Woche her, da sprach Karl-Heinz Rummenigge folgenden Satz: "Bei uns steht Carlo Ancelotti gar nicht in der Kritik."

Das war allerdings noch vor den beiden Spielen gegen Wolfsburg und Paris, die dann ja auf wundersame Weise eine Kehrtwende bedeutet hatten. Sofern man Rummenigges Aussagen als die reine Überzeugung werten wollte und nicht bloss als klassischen PR-Sprech.

Uli Hoeness hat sich in den letzten Tagen und Wochen nur selten zum ehemaligen Trainer geäussert und auch jetzt hat es den Anschein, als liesse der Präsident lieber die andere Hälfte der Bayern-Spitze sprechen. Immerhin war Ancelotti ja auch Rummenigges Wahl, als Hoeness noch Häftling und nicht wieder der mächtige Mann beim FC Bayern war.

Hoeness machte nur eine, aber dafür sehr gravierende Ausnahme bisher: Während Rummenigge Ancelotti "als Freund" verabschiedete, hatte Hoeness am Donnerstagabend nichts Besseres zu tun, als besonders brisante interne Informationen auszuplaudern.

"Die Tatsache, dass der Trainer aus meiner Sicht in den letzten Tagen fünf wichtige Spieler - der Coman ja auch, den hat er auch nicht spielen lassen - auf einen Schlag gegen sich aufgebracht hat, das hätte er niemals durchgehalten", sagte Hoeness dem Radiosender FFH. Und weiter: "Du darfst als Trainer nicht die prominentesten Spieler gegen dich haben."

Zwei Alphatiere, zwei Meinungen

Der befremdliche Umgang mit Ancelotti, dessen sehr frühe Entlassung sowie ein paar widersprüchliche Aussagen in der jüngeren Vergangenheit samt diskutabler Personalentscheidungen rücken nun auch die beiden Alphatiere in den Fokus.

Vergangene Woche erschien im "Kicker" ein Interview mit Hoeness, in dem er unter anderem noch einmal klipp und klar Stellung bezog zum Wahnsinn auf dem Transfermarkt und der Rolle seiner Bayern.

"Ein Spieler für 100 Millionen Euro ist für den FC Bayern nicht akzeptabel", sagte Hoeness in diesem. Im selben Magazin, nur ein paar Seiten weiter, antwortete Rummenigge auf die Frage, ob die Bayern-Obergrenze von 100 Millionen Euro für einen Spielertransfer in Stein gemeisselt sei: "In Stein gemeisselt sind nur die zehn Gebote."

Rummenigge hat sich in Hoeness' Abwesenheit zum starken Mann bei den Bayern aufgeschwungen und es war bereits bei Hoeness' Wiederwahl eine der grossen Fragen, wie die beiden Grosskopferten in Zukunft würden zusammenarbeiten können und wer am Ende tatsächlich das Sagen hat. Derzeit sieht es nicht oft danach aus, als würden beide in eine Stossrichtung agieren.

Die Bayern schlingern auch deshalb so durch die Gegend, weil wichtige Entscheidungen nur noch selten einhellig beschlossen werden und vielmehr Konsensentscheidungen sind, bei denen einer zurückstecken muss.

Wie etwa in der Transferfrage, als sich Hoeness durchgesetzt hat - während Rummenigge eine Reise wie die im Sommer nach Asien, die Hoeness schwer kritisierte, im Sinne der aggressiven Internationalisierungsstrategie des Klubs durchaus für angebracht hielt.

Diskutable Personalentscheidungen

Intern soll es zwei Lager geben, Rummenigge gab kürzlich erst im Interview mit "Eurosport" zu, dass die beiden "noch nicht wieder geheiratet" hätten.

Als Matthias Sammer seinen Rücktritt bekanntgab, herrschte Uneinigkeit darüber, ob, und wenn ja wie, der Posten nachbesetzt werden sollte.

Jeder hatte seine Kandidaten, am Ende wurde die Suche nach einem Sportdirektor zu einer Farce, Philipp Lahm zog sich zurück, Max Eberl sagte ab und es wurde völlig überraschend Hasan Salihamidzic, eine Bauchentscheidung, die offenbar über Nacht gereift war.

Dafür musste, mindestens ebenso überraschend, der stets hoch gelobte Kaderplaner Michael Reschke gehen.

Salihamidzic ist wie der jetzige Interimstrainer Willy Sagnol ein Hoeness-Mann, böse Zunge behaupten schon länger, der Patron habe beide auch deshalb installiert, dass sie dem italienischen Trainerteam etwas genauer auf die Finger schauen konnten.

Hoeness forciert eher das bayerische Mia san Mia, die Folklore auf dem Land, hält Kontakt zur Basis. Rummenigge sieht die Bayern in erster Linie als Global Player, aufgrund seiner Vita und seiner Engagements - unter anderen als Chef der Europäischen Klubvereinigung - hat er Kontakt in alle Winkel der Fussballwelt.

Da treffen im wahrsten Sinne des Wortes immer mal wieder Welten aufeinander, auch wenn Hoeness natürlich mit einigen Entscheidungen Rummenigges mitgeht, etwa in der Frage nach der Erschliessung neuer Märkte in Fernost.

"Wir haben hin und wieder auch unterschiedliche Meinungen", sagt Rummenigge. "Das ist aber auch fruchtbar für den Klub. Es ist wichtig, dass wir am Ende des Tages zu einer gemeinsamen Gefechtslage finden." Genau daran scheiterte es aber in jüngster Vergangenheit auch zu oft.

Eine Neuausrichtung ist gefragt

Als Hoeness vor knapp einem Jahr wiedergewählt wurde, stand der Audi Dome Kopf. 97,7 Prozent der Wahlberechtigten in der Halle kürten den Patron wieder zum obersten Anführer der Bayern.

Hoeness ist der Mann fürs Volk und die Seele. Neben den vielen Technokraten im Klub strahlt Hoeness immer auch gelebte Fannähe aus. Die letzten elf Monate haben aber Spuren hinterlassen, auch bei den Fans.

Nicht mehr alle sind felsenfest davon überzeugt, ob die neuerliche Amtszeit von Hoeness - gerade im Zusammenspiel mit Rummenigge - den Klub für die Ausrichtung auf einem schwieriger gewordenen Markt auch wirklich gut vorbereitet.

Die Zeiten haben sich verändert, neue Konkurrenten sind unterwegs, die Bayern sind offenbar nicht nur finanziell derzeit kaum in der Lage, da immer mitzuhalten.

Es braucht neue Konzepte und Ideen, der Neubau des Nachwuchsleistungszentrums kann da nur ein erster kleiner Schritt sein - der zudem noch mit Leben gefüllt werden muss.

Aber für eine Neuausrichtung wäre es auch dringend ratsam, mit einer Stimme zu sprechen. Sonst dreht man sich im Kreis. Das dürfte die grösste Baustelle sein, die die Bayern nun zu bearbeiten haben. Das Mia san Mia muss wieder zu einem Mia san Eins werden.

Carlo Ancelotti, FC Bayern, Julian Nagelsmann

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