Philipp Lahm soll offenbar in zwei Jahren die Nachfolge von Matthias Sammer als Sportvorstand übernehmen. Das überrascht nicht, bringt Lahm doch alle Qualitäten mit, die dieses Amt einfordert. Und: Er dürfte nicht der Letzte sein, der seine Spielerkarriere bei den Bayern mit einer im Management tauscht.

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Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist Philipp Lahm nun beim FC Bayern München. Vom Stadtteilverein FT Gern ging es im Alter von elf Jahren zu den grossen Bayern. Mit Ausnahme einer kurzen Stippvisite beim VfB Stuttgart dient Lahm seinem Klub nun seit vier, fünf Spielergenerationen.

Mit den Bayern hat er alles gewonnen, manches sogar mehrfach. Und Deutschland hat er vor zwei Jahren als Kapitän zum Weltmeistertitel geführt. Man könnte wohl sagen: Philipp Lahm ist der wichtigste und prominenteste Kopf der neuen, deutschen Welle, die nach dem Debakel bei der EM 2000 eingesetzt hat.

"Grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen"

Dieser Umstand und die innige Beziehung zu seinem FC Bayern bilden die Grundlage dafür, dass die Bosse beim Rekordmeister auch über Lahms aktive Zeit als Profi hinaus fest mit ihm planen. Und, wie Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge jetzt durchblicken liess, haben sie wohl auch schon ein passendes Betätigungsfeld gefunden.

Philipp Lahm soll in zwei Jahren den Posten von Matthias Sammer übernehmen. Der war vor einigen Wochen aus gesundheitlichen Gründen bei den Bayern ausgeschieden, die Arbeit Sammers solle "auf mehrere Schultern verteilt" werden, wie Rummenigge damals sagte.

Mit der sehr wahrscheinlichen Rückkehr von Uli Hoeness ins Präsidentenamt und wohl auch an die Spitze des Aufsichtsrats richten sich die Bayern nach einer gewissen Übergangszeit voll auf die Zukunft ein - mit Lahm als einem entscheidenden Puzzlestück. "Es hat noch keine Gespräche gegeben, aber grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen", sagte Lahm neulich auf die Frage, ob er sich Sammers Posten irgendwann vorstellen könne.

Intelligent, eloquent, loyal

Die entsprechenden Fähigkeiten bringt der 32-Jährige dafür definitiv mit. Lahm ist im und ausserhalb des Klubs hoch angesehen, er ist intelligent und eloquent, dabei aber auch zielstrebig und absolut verlässlich. In 15 Jahren im Profigeschäft kennt Lahm so gut wie jeden wichtigen Protagonisten des Weltfussballs und alle kennen ihn.

Er hat als Spieler gezeigt, wie lernwillig er ist und dass er sich höchst professionell auch auf widrige Umstände einlassen und damit umgehen kann. Der einhundertprozentige Fokus auf seinen Beruf geht so weit, dass er selbst nach Champions-League-Spielen nachts um ein Uhr im Hotel mindestens eine halbe Stunde Yoga macht, um sich mental und körperlich perfekt zu regenerieren. Das macht Lahm freiwillig - weil er weiss, dass es seinem Körper gut tut. Und dass er den unweigerlich eintretenden körperlichen Einbussen als 32-Jähriger so am besten begegnet.

Lahms Karriereplan dürfte schon lange einen Job bei den Bayern vorsehen. In Absprache mit seiner Frau trat Lahm unmittelbar nach dem Gewinn des WM-Titels aus der Nationalmannschaft zurück, um endlich mehr Zeit für die Familie zu haben und sich voll auf seine letzten Jahre bei den Bayern konzentrieren zu können. In zwei Jahren dürften die dauernden Reisen dann noch mehr abnehmen - eines seiner grossen Ärgernisse als Profi.

Matthias Sammer wurde immer auf die Rolle des Dauer-Mahners zurückgestuft. Dabei entsprach das eigentlich gar nicht dem Anforderungsprofil. Sammer wurde nach dem verlorenen "Finale dahoam" geholt. Auch, um eine gewisse Erfolgsaura zu verbreiten. Faktisch wer er als "Vorstand für Lizenzspielerangelegenheiten" für Dinge wie die Kaderplanung, die Jugendabteilung oder das Scouting zuständig.

Das öffentliche Bild zeichneten besonders Samers antizyklische Tiraden. So streng und überkritisch dürfte sich Lahm in Sammers Rolle nicht der Presse präsentieren. Lahm ist kein Lautsprecher, Dinge, die es zu regeln gilt, dürften bei ihm ausschliesslich intern behandelt werden.

Erste Schritte als Manager hat Lahm bereits mit seiner eigenen Firma "Sixtus" gemacht. Und er hat bewiesen, dass er einen guten Mittelweg finden kann im dichten Gedränge der Grosskopferten bei den Bayern: Lahm ist weder zu zurückhaltend, noch zu fordernd. Er vertritt eine starke Meinung, auch gegen grössere Widerstände.

Lahm wird nicht der Letzte sein

Uli Hoeness hat Lahm einst zu einer Strafe von 50.000 Euro verdonnert, weil der in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" gegen die Klubkommunikation verstossen habe. Hoeness, wie der gesamte FC Bayern, mussten damals Stärke zeigen und auch mit Lahms Berater Roman Grill gab es heftige Differenzen. Aber das ist längst vergessen und Hoeness wird registriert haben, wie sich Lahm in der Steuerangelegenheit seines Präsidenten verhielt: nämlich höchst zurückhaltend und loyal.

Der FC Bayern war schon immer ein Klub, der grossen Wert auf den Stallgeruch seiner Mitarbeiter gelegt hat. Von den ranghohen bis hinunter zum Schreibwarenlieferanten, von Hoeness bis "Katsche" Schwarzenbeck: Überall dienen oder dienten ehemalige Spieler und Funktionäre dem Klub. Das soll auch in Zukunft weiter ein wichtiger Pfeiler der Klubphilosophie bleiben. Und genau deshalb ist anzunehmen, dass Lahm nicht der einzige bleiben wird, der nach der aktiven Karriere eine Heimat bei den Bayern findet.

Jens Jeremies, Willy Sagnol und Hasan Salihamidzic sind derzeit als Leiter des neuen Nachwuchsleistungszentrums im Gespräch. Für Bastian Schweinsteiger, so wiederholten die Bayern-Bosse zuletzt, stehe die Tür für eine Rückkehr in den Klub jederzeit offen. Auch Oliver Kahn, momentan unter anderem als TV-Experte ganz gut unterwegs, bleibt rund um die Säbener Strasse immer ein Thema. Vielleicht sind die grossen Bayern-Legenden, die den Klub in den vergangenen Jahren auf dem Platz so geprägt haben, ja eines Tages wieder beim FCB vereint - nur dann in anderen Funktionen.

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