- Danny Galm soll beim FC Bayern München die Top-Stars von morgen ausbilden.
- Er trainiert seit dem vergangenen Jahr die U19 des FC Bayern.
- Im Interview mit unserer Redaktion spricht er über das Nachwuchskonzept des FC Bayern, das schwache Abschneiden der deutschen Vereine in der UEFA Youth League und die Stolpersteine auf dem Weg zum Fussball-Profi.
Herr Galm, Sie waren bis zum Jahre 2021 Jugendtrainer bei der TSG Hoffenheim und sind nun seit Sommer 2021 für die U19 des FC Bayern München verantwortlich. Unterscheidet sich die Nachwuchsarbeit beim Rekordmeister von der bei einem normalen Bundesligisten wie die TSG Hoffenheim?
Danny Galm: Ich hatte eine gute Zeit bei der TSG Hoffenheim. Auch dort wird eine gute Jugendarbeit betrieben. Daher konnten die Jugendmannschaften der TSG in den letzten Jahren auch immer mit dem FC Bayern und anderen Top-NLZs (Nachwuchsleistungszentren, Anm.d.Red.) konkurrieren. Der grösste Unterschied zwischen den beiden Vereinen ist das ganze Drumherum. Der FC Bayern hat als weltweit bekannter Verein eine sehr grosse Strahlkraft.
Andererseits ist es für Nachwuchsspieler beim FC Bayern München schwieriger, sich später zwischen all den Weltstars bei den Profis durchzusetzen, oder?
Ich glaube, dass sich ein guter Spieler bei jedem Verein durchsetzt, sofern er neben dem Talent auch die richtige Einstellung mitbringt. Natürlich haben wir in unserer Profimannschaft absolute Weltklasse-Spieler. Aber es gibt immer wieder Beispiele dafür, dass es trotzdem einige Talente schaffen können. Wir haben einen sehr guten Draht in Richtung Profiabteilung. Mit Halil Altintop gibt es jetzt einen Koordinator, der genau für diese Verbindung zuständig ist. Wir wollen nicht nur alle paar Jahre einen Spieler fest zu den Profis bringen, sondern regelmässig.
Haben Sie regelmässig einen Austausch mit
Ja, natürlich. Julian und sein Trainerstab werden regelmässig von Halil, unserem sportlichen Leiter Holger Seitz oder von mir geupdatet. Auch Marco Neppe (technischer Direktor, Anm.d.Red.) und
Nicht nur die Profis des FC Bayern München bestreiten am heutigen Mittwoch das Champions-League-Spiel beim tschechischen Verein Viktoria Pilsen. Zuvor treten Sie in der UEFA Youth League bei der U19 von Pilsen an. Welchen Wert hat dieser europäische Jugendwettbewerb, wenn man den zeitlichen Aufwand berücksichtigt?
Als ich vor einigen Jahren selbst U19-Spieler beim VfB Stuttgart gewesen bin, hätte ich mir gewünscht, dass es bereits damals diesen Wettbewerb gegeben hätte. Der Reiz liegt darin, sich international mit den besten Teams und besten Spielern zu messen. Natürlich gibt es einen zeitlichen Aufwand. Die Jungs müssen von der Schule freigestellt werden und den Unterrichtsstoff später nachholen. Aber für die Spieler ist es ein tolles Erlebnis. Zumal sie am Abend dann gemeinsam sich im Stadion das Champions-League-Spiel der Profis anschauen.
Deutsche Vereine taten sich in der Youth League vielfach schwer. Vergangene Saison belegten drei der vier Mannschaften den letzten Platz in der Gruppe, auch Ihre Mannschaft. In der laufenden Spielzeit warten Sie noch auf Ihren ersten Sieg. Wo sehen Sie die Gründe dafür, dass deutsche Vereine sich in der Youth League eher schwertun?
Ich kann nicht beurteilen, wie die Situation in Dortmund, Leipzig, Leverkusen oder Frankfurt ist. Grundsätzlich sind wir froh, dass wir diesen Wettbewerb aufgrund der Erfolge unserer Profis jedes Jahr spielen können. In der vergangenen Spielzeit waren unsere Spieler vielfach zwei, drei Jahre jünger als die Gegenspieler, weil wir bereits viele U19-Spieler sehr früh zur 2. Mannschaft in der Regionalliga hochgezogen haben. Das war natürlich mit dem Risiko verbunden, dass die Spiele in der Youth League für die junge Mannschaft eine sehr grosse Herausforderung werden.
In dieser Saison sind wir konkurrenzfähiger. Leider haben die Ergebnisse bisher nicht gestimmt. Gegen Inter Mailand hätten wir gewinnen müssen, gegen Viktoria Pilsen in der vergangenen Woche ebenfalls. Dadurch fehlen uns fünf Punkte.
Die U19 des FC Bayern München ist praktisch eher eine U18. Ältere Spieler werden frühzeitig zur 2. Mannschaft des FC Bayern hochgezogen, um sich in der Regionalliga weiterzuentwickeln. Was erhoffen Sie sich von diesem Konzept?
Wir sind überzeugt von den Jungs und wissen, dass sie gute Fussballspieler sind. Ansonsten wären sie nicht beim FC Bayern. In der Regionalliga geht es darum, dass sie lernen, gegen ältere Gegenspieler einen körperlichen Fussball zu spielen. Nichtsdestotrotz ist auch die U19-Bundesliga eine tolle Liga, in der sich junge Spieler entwickeln können. Daher ist es immer wichtig, von Spieler zu Spieler individuell zu entscheiden, was der richtige nächste Schritt für ihn ist.
All Ihre Jugendspieler träumen von der Bundesliga und wollen sich empfehlen. Droht dadurch die Gefahr, dass das Zusammenspiel auf der Strecke bleibt und jeder selber glänzen möchte?
Ein gewisses Ego ist für einen Leistungssportler ganz wichtig. Trotzdem ist es auch ein Teil der Entwicklung, dass die Jungs ihr eigenes Ego nicht über die Mannschaft stellen. Natürlich will jeder Profi werden. Klar ist aber auch, dass das nicht jedem gelingen wird. Dazu gehört nicht nur Talent, sondern auch das Miteinander und auch, dem Mitspieler etwas gönnen zu können.
Woran scheitern grosse Talente besonders häufig?
Ein Talent bei uns muss wissen, dass er sich als Jugendspieler des FC Bayern München in einer guten Position befindet, aber noch nichts erreicht hat. Die Jungs müssen demütig bleiben und sich auf das Wesentliche fokussieren. Das heisst: Sie müssen sich auf das Training konzentrieren, besser werden wollen und regelmässig ihre Bestleistung abrufen. Sie müssen einfach bereit sein, alles in die Waagschale zu werfen, um ihren Traum vom Profifussball zu realisieren.
Das bedeutet, dass einige Top-Talente vielfach zu früh glauben, bereits etwas erreicht zu haben?
Ja, es gibt einige Beispiele dafür, dass junge Talente zu früh bereits zufrieden und nicht mehr bereit waren, die Extra-Trainingseinheit zu machen oder Widerstände zu überwinden. Wer eine Einheit bei den Profis absolviert oder sein Bundesligadebüt absolviert hat, ist noch lange kein Bundesligaprofi. Erst wenn man sich dort dauerhaft behauptet und ein gewisses Standing hat, darf man sich Bundesligaspieler nennen.
Das ist für junge Spieler nicht immer einfach zu verstehen, weil sie heutzutage bereits früh eine grosse mediale Aufmerksamkeit erhalten, die durch die sozialen Medien nochmal multipliziert wird. Umso wichtiger ist es, dass wir als Trainer und Verein darauf achten, wie die Jungs den plötzlichen Rummel auch als Mensch verarbeiten und auf dem Boden bleiben.
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