Sportvorstand Max Eberl gaukelt Gelassenheit vor. Aber es ist schon wahr: Die Bayern haben nicht den Kandidaten Xabi Alonso und Julian Nagelsmann abgesagt, sondern die Trainer den Bayern. Nur Zufall?
Nun kehrt
Dafür sollte man Nagelsmann aus zwei Gründen loben
Erstens: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Fussballtrainer auf das höhere Millionengehalt bei einem Spitzenverein verzichtet, um sich persönlich und regelmässig dem Urteil von 80 Millionen Besserwissern auszusetzen. Nominierungen und Startaufstellungen sowie Spielweise und Ergebnisse sind immer eine nationale Angelegenheit.
Zweitens: Nagelsmann geht volles Risiko. Wenn die Heim-EM schiefläuft, ist sein DFB-Job in Gefahr; eine entsprechende Kündigungsklausel soll es geben. Die Ausfahrt Säbener Strasse wäre dann jedoch geschlossen. Mit seinen dann 37 Jahren wird Nagelsmann zwar keine Schwierigkeit haben, einen neuen Arbeitsplatz irgendwo in Europa zu finden. Aber halt nicht vor der Haustür in München.
Die Bayern wollten ihn nicht, jetzt bekommen sie ihn auch nicht
Bemerkenswert ist, dass der DFB offensichtlich gute Argumente zum Verbleib gefunden hat. Eines wird Rudi Völler als Sportdirektor gewesen sein; er garantiert in den zwei Jahren Orientierung. Ein anderes lieferte der FC Bayern selbst. Das letzte Bekenntnis zu Nagelsmann hat gefehlt; nicht jeder wollte ihn. Eine schöne Genugtuung für Nagelsmann, wenn man dann einfach "Nein!" sagen kann.
Der neue Sportvorstand
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Der FC Bayern hat viele grosse Namen vorzuweisen – wer reiht sich als nächstes ein?
Von Carlo Ancelotti bis Thomas Tuchel hatten über Jahre Weltklassetrainer beim FC Bayern mit Widerständen und Vorbehalten, Gequengel und Aufplustern zu hantieren. Und gingen vorzeitig. Sogar Hansi Flick, der sechs Titel in einem Jahr gewann. Die Branche registriert das genau: Im Fegefeuer der Eitelkeiten arbeitet kein Trainer gerne. Der neue Bayern-Coach wird wissen müssen, was er tut.
Wenn der neue Bayern-Trainer Zinedine Zidane heisst, wird jeder rufen: Wow! Der französische Weltmeister von 1998 hat mit Real Madrid viermal die Champions League gewonnen und ist über jeden Zweifel erhaben. Kommt dagegen Robert De Zerbi vom englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion, wird die Begründung defiziler: Er ist ein Monk (heisst: Besessener), aber noch kein Erfolgstrainer.
Alle anderen Kandidaten, von denen Eberl immer spricht, liegen irgendwo dazwischen und sind nicht mehr als ein Versprechen, dass sie aus dem "zweitbesten Kader in Europa" (Ex-CEO Oliver Kahn) das Maximale herausholen. Was jeder weiss: Erste Wahl waren sie offenbar nicht. Das muss nichts heissen, nur so viel: Komplizierter war die Suche nach einem neuen Bayern-Trainer wohl selten.
Über den Autor
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Verwendete Quellen
- sport.sky.de: Sky Info: Geheime Klausel in neuem Nagelsmann-Vertrag!
- faz.net: Das Signal des DFB für Nagelsmann
- sport.de: Zinédine Zidane: Erfolge
- transfermarkt.de: Roberto De Zerbi
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