Der niederländische Ex-Profi und heutige Sky-Experte Erik Meijer verrät im Interview mit unserer Redaktion, Details zu Bayern-Gegner Feyenoord Rotterdam, wer die Top-Favoriten in der Champions League sind und wie er die Entwicklung von Leroy Sane bewertet.
Herr Meijer, Sie kennen den niederländischen Fussball gut. Auf was für eine Mannschaft muss sich der FC Bayern München einstellen, wenn sie am Mittwochabend (21:00 Uhr) auf Feyenoord Rotterdam treffen?
Erik Meijer: Der Verein hat nach dem Abgang von Trainer Arne Slot im vergangenen Sommer zum FC Liverpool noch nicht seine Identität wiedergefunden. Die Mannschaft befindet sich auf der Suche nach sich selbst. In den vergangenen Jahren spielten sie einen stabilen und guten Fussball. Dadurch haben sie vielen Vereinen Probleme bereitet. Der aktuelle Trainer Brian Priske hat es noch nicht hinbekommen, der Mannschaft ein eigenes Gesicht zu geben. Sie haben ein sehr starkes Mittelfeld. Vorne hat sich allerdings immer wieder viel verändert, weil einige Spieler entweder verletzt waren oder nicht gut gespielt haben.
Gibt es bestimmte Spieler, auf die der FC Bayern besonders achten muss?
Es gibt nicht diesen einen Unterschiedsspieler. In den vergangenen Jahren war die grosse Qualität dieser Mannschaft das gute Kollektiv. Der FC Bayern ist auf jeder Position qualitativ im Vorteil. Bayer Leverkusen hatte dort bereits nach der 1. Halbzeit mit 3:0 geführt und 4:0 gewonnen.
Das heisst…
Ich denke, dass der FC Bayern dort ähnlich aufspielen wird. Die Bayern sind momentan sehr stark und von ihrem Spielstil überzeugt. Ich erwarte dort null Probleme.
Was für eine Atmosphäre ist im Stadion von Rotterdam zu erwarten?
Das ist ein richtig geiles Fussballstadion mit einer heissen Stimmung. Die Fans sind sehr laut. Rotterdam ist eine Hafenstadt. Dort ist es ein bisschen rauer, es geht hart her. Aber schlussendlich wollen sie nur das Beste für ihren Verein. Das De Kuip ist ein Traditionsstadion – eine alte Hütte, die über die Jahre ein bisschen gepflegt und geklebt wurde. Aber man spürt noch immer die alte Historie.
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Sprechen wir über den FC Bayern: Ist das der Top-Favorit auf den Sieg der Champions League?
Es gibt einige sehr gute Vereine in der Champions League. Bayern gehört auf jeden Fall dazu. Es ist schön zu sehen, dass sie sich nach einem unglaublich schlechten Saisonstart in der Champions League so gut gefangen haben. Ich bin der Überzeugung, dass sie weit kommen werden.
Wer zählt ansonsten noch zum Favoritenkreis?
Der FC Liverpool ist für mich ebenfalls ein Top-Favorit. Vom Spielstil sind sie dem FC Bayern sogar ähnlich. Liverpool spielt ebenfalls mit einem hohen Druck, einer hohen Intensität und viel Laufleistung. Das sind für mich momentan die beiden besten Mannschaften.
Beim FC Bayern war allerdings mehrfach zu beobachten, dass sie mit ihrem hohen Pressing und den hochstehenden Verteidigern sehr konteranfällig sind…
Klar, das ist kein Geheimnis. Wenn du sehr hoch stehst, ist viel Platz hinter dir frei. Das ist ein kalkuliertes Risiko.
Auch wenn der FC Bayern viel Qualität in der Mannschaft hat: Hängt nicht spätestens in der K.o.-Phase der Erfolg sehr davon ab, dass Harry Kane und
Ich finde, wir haben gerade gesehen, dass der FC Bayern auch ohne Jamal Musiala gut ist. Wenn er verletzt ist, kommen andere Spieler umso mehr zum Vorschein. Es ist meiner Meinung nach übertrieben, alles auf die Schultern zweier Spieler zu legen. Die ganze Mannschaft ist geprägt von Qualität und hat den Spielstil vom Trainer bis ins Blut übernommen. Das ist wichtig. Man sieht auch, wie viel Spass die haben, wie sie untereinander jubeln – das ist ein Indikator. Natürlich gibt es immer zwei, drei Spieler, die die Spiele entscheiden. Aber auch die Jungs drumherum müssen ihre Sachen machen.
Führen Sie die gute Stimmung auf Vincent Kompany zurück?
Naja, das hat natürlich auch sehr mit dem Gewinnen zu tun. Wenn man viele Spiele gewinnt, dann ist die Stimmung von alleine gut (lacht).
Aber Kompany ist auch mit den Niederlagen sehr gut umgegangen…
Das stimmt. Er ist ein sehr gutes Aushängeschild, ist sehr ruhig und sachlich, auch wenn er bei uns bei "Sky" vor der Kamera steht. Man sieht einen Trainer, der von seiner Vision überzeugt ist. Und er sagt nur zu den Dingen etwas, zu denen er auch etwas zu sagen hat. Andere Themen interessieren ihn nicht. Das ist auch gut so.
Leistung unter Druck: Was von Sané erwartet wird
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Er hat vor einer Woche gegen die TSG Hoffenheim zwei Tore gemacht. Aber ich würde ihn gerne jede Woche in einer prominenteren Rolle sehen. Er ist jetzt 29 Jahre alt geworden. In dem Alter ist man kein Talent mehr. Man muss jede Woche Leistung abliefern. Das gelingt ihm nicht so gut – oder wir erwarten zu viel von ihm. Ich würde es einmal so sagen: Ich habe nicht gesehen, dass er seit seinem Wechsel von Manchester City zum FC Bayern noch einen Schritt nach vorne gemacht hat. Er ist auf einem gewissen Niveau hängen geblieben.
Der FC Bayern hat nun bekanntgegeben, dass der 19-jährige Tom Bischof im kommenden Sommer von der TSG Hoffenheim zum FC Bayern wechselt. Was halten Sie von dieser Verpflichtung?
Er ist ein sehr guter Spieler und bringt alles mit, was man als junger Spieler haben muss. Er hat auch den Vorteil, ein Linksfuss zu sein. Was man allerdings nicht kaufen kann, ist Erfahrung. Er muss spielen. Und ich bin mir nicht sicher, ob er die Spielzeit direkt bei Bayern München bekommen wird. Die Konkurrenz auf seiner Position im Mittelfeld ist sehr stark.
Über den Gesprächspartner
- Erik Meijer (Jahrgang 1969) spielte in seiner aktiven Zeit unter anderem für Bayer 04 Leverkusen, den Hamburger SV und den FC Liverpool. Im Jahre 2006 beendete er seine aktive Laufbahn und war zunächst Co-Trainer bei Alemannia Aachen, später auch Geschäftsführer Sport. Heute ist er als Experte und Analyst für den TV-Sender Sky aktiv.
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