Ehrenpräsident Hoeness bekommt viel Zuwendung, aber auch Pfiffe. Mazraoui kriegt für seinen Palästinenser-Post einen Denkzettel. Der 100-Millionen-Euro-Transfer von Kane hat sich gelohnt, soll aber nicht zur Regel werden. Die Jahreshauptversammlung des FC Bayern brachte einige Erkenntnisse.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die Jahreshauptversammlungen des FC Bayern München waren oftmals unruhige Veranstaltungen. Ein Tiefpunkt ereignete sich im November 2021, als es haufenweise Pfiffe, Buhrufe und Ärger um Katar-Anträge gab. Am heutigen Sonntag ging die Jahreshauptversammlung des FC Bayern gesitteter vonstatten. Gleichwohl brachte die Veranstaltung einige interessante Erkenntnisse.

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1. Die meisten Mitglieder lieben Uli Hoeness – aber nicht alle

Als der Präsident Herbert Hainer die Jahreshauptversammlung eröffnete und einen besonderen Gruss an Ehrenpräsident Uli Hoeness richtete, gab es zwar viel Beifall, aber auch ein paar wenige Pfiffe. Einige Mitglieder des FC Bayern haben die Kontroversen der Vergangenheit offenbar nicht vergessen.

Der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen, der als Liebling der Fans gilt, bekam hingegen fast nur Applaus. Auch Trainer Thomas Tuchel sowie die anwesenden Spieler Matthijs de Ligt, Raphaël Guerreiro und Jamal Musiala wurden gefeiert.

2. Bayern-Präsident Hainer macht eine Ansage an die Konkurrenz

Hainer stellte unmissverständlich klar, was er von der Mannschaft erwartet. "Elf Mal Deutscher Meister. Wir arbeiten an einem Rekord für die Ewigkeit. Da lege ich mich fest. Denn nur wir selbst können uns übertreffen", sagte er und richtete eine Woche nach dem überragenden 4:0 gegen Borussia Dortmund eine Spitze an den Konkurrenten: "Es gibt nur eines, das schöner ist als ein Sieg des FC Bayern - zum Beispiel einen Sieg über Borussia Dortmund."

Auch Vereinsboss Dreesen lobte den Triumph gegen Dortmund: "Zurückzukehren nach einer solchen Niederlage wie in Saarbrücken, ist eine grosse Qualität und zeigt die Stärke dieses Klubs. Mia san Mia ist keine Floskel. Mia san Mia ist eine Haltung!"

Bezüglich der nächsten Vorhaben bezog Hainer die Anhänger mit ein: "Unser Ziel für 2024 ist klar. Die 12. Meisterschaft in Serie. Denn die 12 steht für Euch liebe Mitglieder, für eure Unterstützung. Lasst uns weiter Geschichte schreiben." Dass der FC Bayern in der 2. Runde des DFB-Pokals am 1. FC Saarbrücken gescheitert ist, habe den Verein laut Hainer nicht erschüttert: "Nicht jede Niederlage muss gleich zur Krise erklärt werden. Das trifft im Übrigen auch auf ein Pokal-Aus in Saarbrücken zu, so schmerzlich es war."

3. Thomas Tuchel bekommt für seine Experten-Kritik Rückendeckung

Als Thomas Tuchel rund um das Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund die Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann kritisierte, sorgte das tagelang für Schlagzeilen. Bei der Jahreshauptversammlung wurde klar, dass der Verein in diesem Aspekt voll hinter Tuchel steht.

"Es ist absolut verständlich, seinem Ärger auch einmal Luft zu lassen", sagte Hainer und fügte hinzu: "Wir im Club sind uns da alle einig. Diese Experten, die vertragen auch mal ein richtiges Contra." Der grosse Beifall der Mitglieder zeigte, dass die Anhänger dies offenbar genauso sehen. Trainer Tuchel liess sich dabei keine Emotionen anmerken.

4. Rekord-Umsatz, Rekord-Mitgliederzahl: Der FC Bayern ist wirtschaftlich stark

Der FC Bayern München (die AG, der Konzern und die Basketball GmbH) haben den Umsatz von 690 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf einen neuen Rekordwert von 882 Millionen Euro gesteigert. Hainer sagte: "Mit solchen Kennziffern kann die Zukunft kommen – im Fussball wie im Basketball."

Zur Einordnung: Bislang lag der Rekord-Umsatz des FC Bayern bei 715,8 Millionen Euro (Saison 2018/2019). Dass die Einnahmen zwischenzeitlich sanken, hing mit der Corona-Pandemie zusammen. Auch die Mitgliederanzahl von 316.000 ist höher als je zuvor.

5. Noussair Mazraoui bekommt einen Denkzettel

Bayern-Verteidiger Noussair Mazraoui hatte Ende Oktober in den sozialen Netzwerken ein Video verbreitet, in dem den Palästinensern im Konflikt mit Israel ein Sieg gewünscht wird. Dass der FC Bayern den Spieler dafür nicht scharf sanktionierte oder sogar suspendierte, sorgte für viel Kritik. Der Präsident nahm nun Stellung dazu.

"Beim Post von Noussair Mazraoui hat sich unser Vorstand so verantwortungsbewusst wie nur möglich mit dieser komplexen Thematik befasst", sagte Hainer und schickte gleich im nächsten Atemzug eine Warnung an den Marokkaner: "Noch einmal darf so etwas nicht passieren. Ganz generell gilt, Antisemitismus hat in unserer Welt keinen Platz."

Dreesen erklärte, dass Mazraoui in Gesprächen klargestellt habe, kein menschenverachtendes Gedankengut in sich zu tragen. Aber auch Dreesen stellte klar: "Wenn es in Zukunft Verfehlungen gibt, wird es auch entsprechende Sanktionen geben." Der Beifall der Mitglieder bewies, dass sie genau das zukünftig erwarten.

6. 100-Millionen-Euro-Transfers sollen nicht zur Regel werden

Der FC Bayern ist laut Dreesen für die Verpflichtung von Harry Kane, "ein Stück weit all in" gegangen. Dies hat sich bislang voll ausgezahlt. Mit 17 Toren in seinen ersten elf Bundesligaspielen stellte der Engländer einen Rekord auf. Auch beim 4:2 gegen den 1. FC Heidenheim am Samstag gelang ihm ein Doppelpack.

Trotzdem ist der FC Bayern nicht dazu bereit, Jahr für Jahr so viel Geld für einzelne Spieler zu bezahlen. "100-Millionen-Transfers sind nicht die neue Tagesordnung", stellte Dreesen klar.

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