Der FC Bayern wollte am letzten Transfertag noch für Verstärkung im Kader sorgen. Stattdessen scheiterten gleich drei Deals auf der Zugangsseite. Das Aufgebot ist dünn, viele Fragen bleiben offen.
Es ist nie ein gutes Zeichen für eine gelungene Kaderplanung, wenn ein Klub am letzten Transfertag, dem so genannten "Deadline Day", noch in der Pflicht steht, einen oder gar mehrere Transfers zu tätigen. Dass Optionen, wenn sie sich kurzfristig ergeben, verfolgt werden müssen, steht ausser Frage.
Beim FC Bayern sah dies an besagtem Deadline Day aber anders aus. Am Vormittag, als die obligatorische Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel in Mönchengladbach anstand, teilte
Deadline Day beim FC Bayern: Drei Kandidaten, kein Vollzug
Zweifelsohne, Ideen hatte man beim Rekordmeister, wenn auch spät. Zum Last-Minute-Königstransfer sollte Joao Palhinha vom FC Fulham avancieren. Er galt als die ideale Lösung zu später Stunde, um den Wunsch Tuchels nach einem defensiven Mittelfeldspieler zu erfüllen. 65 Millionen Euro hätte der Portugiese kosten sollen, der am Freitag nach München flog, den Medizincheck absolvierte und schon mit dem Trikot in der Tasche in Richtung Säbener Strasse unterwegs war. Doch dann kam ein entscheidender Hinweis des abgebenden Klubs.
Fulham fand keinen Ersatz, der Deal platzte. Um kurz vor 18 Uhr war klar: Der FC Bayern wird keinen Mittelfeldspieler verpflichten. Die Laune von Tuchel war zu diesem Zeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon im Keller. Doch das war noch nicht alles. Nach den Abgängen von
Aus dem Chalobah-Transfer wurde auch nichts
Und wer dachte, die Posse um Palhinha wäre schon der Höhepunkt gewesen, wurde eines Besseren belehrt. Am Vormittag liefen die Gespräche mit Chelsea wegen Chalobah intensiv. Bayern wollte den Spieler ausleihen, Chelsea lieber verkaufen. Die B-Lösung, Bella-Kotchap, konnte sich gleichzeitig nicht mit Borussia Dortmund einigen, weswegen der FC Bayern an zwei Deals für die Abwehr gleichzeitig arbeitete. Entwicklungsschritt um Entwicklungsschritt wurde erledigt, ehe am frühen Nachmittag der Fokus auf Bella-Kotchap lag.
Der 21-Jährige sagte Bayern zu, der Medizincheck wurde in England angesetzt, Details mit Southampton waren noch zu klären. Just in diesem Moment öffnete Chelsea die Tür für eine Chalobah-Leihe, die der Rekordmeister wieder schloss, weil bei Bella-Kotchap alles in die richtige Richtung lief. Aus Chalobah wurde also nichts, aber die Einigung mit Southampton erfolgte nicht vor 18 Uhr. Drei Spieler standen auf der Liste des Rekordmeisters, keiner wechselte nach München. Ein Deadline-Day-Desaster.
FC Bayern: Kein Neuzugang, dafür weitere Abgänge
Der Kader des FC Bayern war schon vor dem Deadline Day auf der ein oder anderen Position sehr dünn besetzt. Dass es nicht gelang, auch nur einen neuen Spieler an die Säbener Strasse zu locken, dürfte auch Trainer Tuchel sauer aufgestossen haben. Das ist aber noch nicht alles, denn es verliessen auch noch Spieler den Klub. Die jungen Talente Arijon Ibrahimovic (Frosinone) und Paul Wanner (Elversberg) wurden ausgeliehen.
Die Krönung: Ryan Gravenberch wechselte für rund 40 Millionen Euro zum FC Liverpool. Und das am Abend, als bereits sicher war, dass es keinen Neuzugang geben wird. Rein wirtschaftlich ist an dem Verkauf nichts auszusetzen, aber die Alternativen werden immer weniger. Auch wenn der Niederländer zuletzt keine grosse Rolle spielte, aufgrund der Ausgangslage hätte er zumindest nicht weniger Minuten gesehen.
Die Bewertung des Transfersommers leidet enorm
Aufgrund der letzten Entwicklungen im Transfersommer des FC Bayern leidet die Bewertung enorm. Dabei war die Basis eine sehr solide.
Doch die Aufmerksamkeit, die dieser Deal erregte, kaschierte ein wenig die tiefergehenden Probleme. Ohne klare Struktur und mit einer "Taskforce" bestehend aus Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeness in Zusammenarbeit mit Marco Neppe und Trainer Tuchel wurden viele Ziele verpasst. Declan Rice wollte man, dieser wechselte zu Arsenal. Kyle Walker war lange ein Thema, doch der bleibt bei Manchester City.
Das alleine macht noch keinen schlechten Transfersommer aus, es ist vielmehr die Planlosigkeit, die Sorge bereitet. Denn es wurden nicht immer die gleichen Spielertypen für eine Position in das Visier genommen, sondern schier wahllos an Namen gearbeitet. Selbst wenn nur die Hälfte der Spieler, die mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht wurden, auch tatsächlich diskutiert wurden, drückt das den fehlenden Weitblick und mangelnde Kreativität im Scouting aus.
FC Bayern: Christoph Freund mit grosser Aufgabe
Im Endeffekt konnte der FC Bayern zwei grosse Namen nach München lotsen, aber verschlechterte sich im Sommer in der Breite. Bis zum Winter ist Noussair Mazraoui der einzige Rechtsverteidiger, nur drei Innenverteidiger stehen im Kader. Einen klassischen 6er gibt es überhaupt nicht, dafür müssen Raphael Guerreiro und Konrad Laimer gleich mehrere Positionen abdecken. Warum Josip Stanisic per Leihe nach Leverkusen abgegeben wurde, verstehe da, wer will. Lediglich in der Offensive sieht es in der Breite gut aus.
Für den neuen Sportdirektor Christoph Freund ist das natürlich alles andere als ideal. Er wird gerade eingearbeitet, hoffte darauf, zunächst die Strukturen kennenzulernen. Weil Kim, Mazraoui und Choupo-Moting im Winter Turniere mit ihren Nationalmannschaften spielen, wird der aktuell 18 Feldspieler umfassende Kader für eine Spiele noch einmal dezimiert. Es braucht mindestens einen Verteidiger und einen Mittelfeldspieler auf dem immer relativ komplizierten Markt im Winter.
Zudem muss er auch die Altersstruktur im Blick haben, einige junge Spieler wurden abgegeben. Talente verpflichten und heranführen gehört auch zu den Aufgaben, die Freund erfüllen muss. Es werden also hektische Wochen für die sportliche Führung des FC Bayern. Und diese Ausgangslage hätte man mit einem klaren Plan und früherem Handeln verhindern können.
Verwendete Quellen:
- Kerry Haus Twitter-Account: Entwicklung rund um Palhinha
- transfermarkt.de: FC Bayern Kader
- transfermarkt.de: FC Bayern Transfers aktuelle Saison
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