Dayot Upamecano und Min-jae Kim galten in der vergangenen Saison als die grossen Unsicherheitsfaktoren des FC Bayern München, haben sich allerdings in ihren Leistungen stabilisiert. Dies scheint nicht zuletzt mit dem Führungsstil von Trainer Vincent Kompany zusammenzuhängen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Jensen sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

"Was heisst Patzer?" Dieses Wort kannte Trainer Vincent Kompany nicht, als er bei einer Pressekonferenz auf die Vergangenheit von Dayot Upamecano und Min-jae Kim angesprochen wurde. "Fehler", antwortete ihm der Pressesprecher Dieter Nickels von der Seite. Wäre er schon länger beim FC Bayern München, hätte er das Wort sicherlich gekannt.

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Die Innenverteidiger Upamecano (25) und Kim (27), die zusammengerechnet eine Ablöse von rund 92,5 Millionen Euro gekostet haben, waren nämlich für ihre Fehleranfälligkeit bekannt. Upamecano spielt bereits seit Sommer 2021 für den FC Bayern und ist an guten Tagen dazu in der Lage, gegnerische Stürmer komplett aus dem Spiel zu nehmen. Allerdings unterliefen ihm in regelmässigen Abständen die besagten Patzer.

Kim, der im Sommer 2023 vom SSC Neapel nach München kam, war in seinen Leistungen ebenfalls nicht konstant. Der Tiefpunkt: Im Champions-League-Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid verschuldete er zwei Gegentore. Beide Spieler verloren im Verlaufe der Saison 2023/24 ihren Stammplatz an Matthijs de Ligt und Eric Dier. Die Situation hat sich nun allerdings geändert. De Ligt wurde an Manchester United verkauft, Dier ist nur noch Reservist.

Upamecano und Kim haben sich Stammplatz zurückerkämpft

Upamecano und Kim sind in der Innenverteidigung wieder gesetzt und strahlen viel Sicherheit aus. Im Top-Spiel gegen Bayern Leverkusen (Endstand 1:1) liessen sie lediglich drei Schüsse auf das eigene Tor zu. Eine Woche zuvor, als sie bei Werder Bremen mit 5:0 siegten, bekam der Gegner keinen einzigen Torschuss zustande.

Für Kompany ist das ein sicheres Anzeichen dafür, dass die komplette Truppe gut funktioniert. "Es ist nicht nur wegen der Abwehr, dass wir eine gute Leistung in der Verteidigung machen. Das ist immer die Mannschaft. Und als Mannschaft haben wir das in den letzten Spielen gut gemacht", erklärte er. "Ich habe viel Vertrauen in den Kader."

Torwart Manuel Neuer lobte nach dem Spiel gegen Leverkusen die Hintermannschaft: "Unsere Defensivreihe ist in den Zweikämpfen immer da gewesen, war sehr aggressiv und hat die Hoheit gehabt." Und Upamecano selbst sagte: "Wir haben sehr, sehr gut gespielt. Wir haben einfach zusammengespielt. Das war ein schönes Spiel. Leider haben wir nicht gewonnen. Aber trotzdem haben wir einen Punkt und wollen weitermachen."

Effenberg hebt Führungsstil von Kompany hervor

Dass der Führungsstil des Trainers ein Grund dafür ist, dass die Innenverteidigung derzeit gut funktioniert, glaubt auch Stefan Effenberg. "Wichtig ist die Kommunikation zwischen Kompany und den Spielern – das Offene und Ehrliche, aber interne. Ich glaube, damit hat er direkt die Spieler gefangen", sagte der frühere Bayern-Spieler im Doppelpass von "Sport 1".

"Mit das wichtigste Beispiel dafür ist Kim und Upamecano, die oft in der Kritik standen. Aber er (Kompany) hat ihnen das Vertrauen ausgesprochen und hat gesagt: Auch wenn ihr einen Fehler macht, ich halte an euch fest, ihr seid meine gesetzten Innenverteidiger."

Unter dem Vorgänger Thomas Tuchel wäre dies nie der Fall gewesen: "Da wurde permanent rotiert in der Innenverteidigung. De Ligt hat mal gespielt, dann Upamecano raus, dann Kim wieder rein. Niemals hatte ein Innenverteidiger wirklich das Vertrauen vom Trainer gespürt. Und das Vertrauen spüren sie gerade. Deshalb performen die beiden – die möchte ich einmal herausheben – extrem gut in den ersten Spielen bei Bayern München."

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Kimmich lobt: "Brutal, was die da wegbügeln"

Und das ist gar nicht so selbstverständlich: Denn das Spielsystem von Kompany stellt die Verteidiger vor eine Herausforderung, weil die gesamte Mannschaft nach vorne verteidigt und daher im Rücken der Abwehrspieler ein grosser Raum entsteht. Mittelfeldspieler Joshua Kimmich, der direkt vor den beiden Verteidigern agiert, kann die Leistung von Upamecano und Kim gut einschätzen.

"Es ist brutal, wie die beiden in den letzten Wochen gespielt haben, was die da wegbügeln. Die müssen unfassbare Räume verteidigen", sagte er. Es sei eine besondere Aufgabe, "wenn man als Verteidiger 50, 60 Meter vor dem eigenen Tor verteidigt und so einen riesigen Raum im Rücken hat. Da muss man schon eine extrem grosse Qualität haben."

Zwar gab es auch in dieser Saison bereits Szenen, in denen die Verteidiger Fehler machten. Doch Kompany hält zu seinen Spielern, wie Kimmich am Beispiel Upamecano und Kim festmacht: "Nach dem Spiel in Wolfsburg standen beide wieder ein bisschen in der Kritik. Der Trainer hat beide stark gemacht – innerhalb der Mannschaft stark gemacht und nach aussen stark gemacht. Das zahlen sie jetzt komplett zurück. Beide waren in den letzten Wochen in einer herausragenden Form."

Wenn die beiden Verteidiger diese Form beibehalten, braucht Kompany sich das Wort Patzer möglicherweise gar nicht erst zu merken.

Verwendete Quellen:

  • Pressekonferenzen des FC Bayern München
  • Interviews in der Mixed Zone
  • Sport 1 Doppelpass, 29.09.2024
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