Mit Thomas Müller wird der vorletzte Triple-Sieger von 2013 den FC Bayern nach der Saison womöglich verlassen. Den Vertrag mit dem deutlich verletzungsanfälligeren Manuel Neuer haben die Münchner hingegen verlängert. Das wirft Fragen auf.
Manuel Neuer und
Elf Meisterschaften, fünf Pokalsiege, die Champions-League-Siege 2013 und 2020 sowie den Weltmeistertitel 2014 feierten Neuer und Müller zusammen, genauso wie sie 2018 und 2022 bei zwei Weltmeisterschaften in der Vorrunde ausschieden. In der Nationalmannschaft konnten sie ihren Karrieren mit der EM 2024 im eigenen Land ein gemeinsames Ende setzen. Doch bei ihrem langjährigen Verein, dem FC Bayern, werden sich ihre Wege wohl zukünftig trennen.
Wie der "kicker" berichtet, plant der FC Bayern, den im Juni endenden Vertrag von Müller nicht zu verlängern. Nicht einmal ein Angebot habe man dem langjährigen Angreifer vorgelegt, heisst es laut "Bild" – Müller soll sich deshalb vor den Kopf gestossen fühlen.
Ein ganz normaler Prozess, wenn sich die Karriere eines grossen Spielers dem Ende zuneigt, könnte man argumentieren. Die Verdienste aus vergangenen Tagen spielen bei Verhandlungen für einen neuen, sicherlich gut bezahlten Vertrag eben keine Rolle mehr und Beispiele für Teams, die zu lange an ihren alternden Führungsspielern festhielten, gibt es einige. Müller spielt beim FC Bayern in der Offensive keine zentrale Rolle mehr, hinter Spielern wie
Auf der anderen Seite ist da eben Müllers langjähriger Teamkollege Neuer. Dessen Vertrag wurde erst kürzlich noch um ein weiteres Jahr verlängert – und das, obwohl seine Position im Bayern-Tor längst nicht mehr unumstritten ist. Die Worte, mit denen sich Bayerns Sportvorstand
Müller ist immer noch eine gute Stütze
Denn Neuer ist in der Saison 2024/25 zwar offiziell noch Stammtorwart, doch sieht man ihn in dieser Saison fast schon öfter in der Verletzungspause als im Bundesligator. Mit Daniel Peretz, Jonas Urbig und Sven Ulreich haben die Bayern mittlerweile drei "Ersatz"-Torhüter um Neuers Verletzungsanfälligkeit herumgebaut – eine alles andere als ideale Situation für eine Position, auf der normalerweise Konstanz herrschen sollte.
Anders sieht die Situation bei Müller aus. Der gehört zwar längst nicht mehr zum Stammpersonal der Bayern-Offensive und hat auch ein wenig von seiner früheren Torgefahr einbüssen müssen. Doch Müller ist da, wenn man ihn braucht. In 35 Pflichtspielen stand er in dieser Saison auf dem Platz. Seine Tore in der Champions League gegen Slovan Bratislava (zum 1:0) und Shakhtar Donetsk (zum 2:1) waren der Türöffner zu wichtigen Siegen. Grössere Verletzungsprobleme hatte Müller in seiner Karriere im Gegensatz zu Neuer nie, in dieser Saison blieb er bislang komplett von Ausfällen verschont. Und vermutlich kann der erfahrene Bayern-Profi auch in ein oder zwei Jahren noch aushelfen, wenn andere eine Pause brauchen.
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Auch das Alter spricht eher für Müller als für Neuer. Mehr als drei Jahre trennen die beiden immerhin – auch wenn die Profikarrieren von Torhütern generell länger dauern als die von Feldspielern, ist das schon ein deutlicher Unterschied. Nur den allerwenigsten Torhütern gelang es, noch mit 40 Jahren Fussball auf Weltklasse-Niveau zu spielen – dem Alter, in dem Neuer sein wird, wenn sein Vertrag endet.
Neuer könnte Übergang im Bayern-Tor vorbereiten
Warum also gab der langjährige Serienmeister der Bundesliga trotz aller sportlichen Argumente Neuer einen neuen Vertrag, aber nicht Müller?
Vielleicht haben andere Faktoren bei der Entscheidung eine Rolle gespielt. Neuer soll sich bei der Verlängerung etwa bereit erklärt haben, seinem möglichen Nachfolger Urbig in der nächsten Saison langsam an mehr Spielzeit und den Platz im Bayern-Tor heranzuführen.
Der FCB hat nach dem Rücktritt von Oliver Kahn 2008 Erfahrung damit gemacht, wie schwer es ist, einen Torwartwechsel auf Weltklasse-Niveau zu vollziehen. Erst drei Jahre später wurde mit Neuer ein ebenbürtiger Nachfolger gefunden, der aber mit viel Geld hinzugekauft werden musste. Mit Neuer als Mentor für seinen Nachfolger könnte der Übergang jetzt besser laufen – so liesse sich die Entscheidung der Bayern-Verantwortlichen möglicherweise erklären.
Wann Müller bei den Bayern fehl am Platz wäre
Müller hingegen kann in der Offensive zwar durchaus noch Impulse als Einwechselspieler bringen. Doch er würde damit auch nachrückenden Talenten die nötige Spielzeit nehmen, um sich in die erste Mannschaft zu spielen. Die Bayern-Legende selbst weiss, wie schwierig es ist, sich bei den Profis durchzusetzen, erst durch Louis van Gaals Spielgarantie gelang ihm in der Saison 2009/10 der Durchbruch.
Zuletzt scheiterten die Bayern daran, mit Mathys Tel ein grosses Talent aus dem Nachwuchsbereich nachhaltig in die erste Elf zu integrieren. Gerade wenn die Bayern in Zukunft wieder vermehrt auf Profis aus dem eigenen Nachwuchs setzen wollen, wäre einer wie Müller dann fehl am Platz.
Dennoch: Die Rolle von Thomas Müller als Führungsspieler haben beim FC Bayern schon einige Trainer wie Carlo Ancelotti oder Niko Kovac unterschätzt, auch der jetzige Bundestrainer Julian Nagelsmann soll es sich zu Bayern-Zeiten mit dem 35-Jährigen verscherzt haben.
Und auch für die Fans ist die Personalie Müller, dem Spieler, der auch in schwierigen Zeiten das sympathische Gesicht des FC Bayern verkörperte, noch mehr eine Herzensangelegenheit als bei Neuer. Warum gerade ihm die Chance eines selbst gewählten Abschieds verwehrt wird, diese Frage müssen sich die Bayern-Verantwortlichen, wenn es so kommen sollte, gefallen lassen.